Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
bekommen. Oh, er würde ein paar Tage leiden, aber ich bezweifelte, daß er daran starb. Nach dem Stimmengemurmel zu urteilen, waren sie gerade damit beschäftigt, ihn zu untersuchen.
    »Dann bringt ihn zum Medikus«, hörte ich Edel schließlich anordnen. »Seht, ob er herausfinden kann, was ihm fehlt. Hat einer von euch ihn gegen den Kopf getreten?«
    Ich glaubte, es wäre von mir die Rede, bis mir die Geräusche sagten, daß Will hinausgetragen wurde. Entweder hatte er mehr von dem Gift abbekommen, als zu hoffen gewesen war, oder er hatte tatsächlich in der Hitze des Gefechts einen Tritt gegen den Kopf bekommen. Zu spüren, wie der Druck seiner Gabe nachließ, war fast eine solche Erlösung wie die Befreiung von körperlichen Schmerzen. Vorsichtig lockerte ich meine Konzentration und hatte das Gefühl, als dürfte ich eine schwere, schwere Last endlich absetzen. Noch ein Grund zur Freude – niemand hatte das Papier und das Pulver gesehen, alles war zu schnell gegangen. Möglicherweise dachte keiner an Gift, bis es zu spät für ihn war.
    »Ist der Bastard tot?« verlangte Edel aufgebracht zu wissen. »Wenn ja, schwöre ich, daß ihr alle miteinander hängt!«
    Jemand beugte sich hastig über mich, um an der Kehle nach meinem Puls zu fühlen. »Er lebt«, sagte ein Soldat mürrisch, beinahe aufsässig. Eines Tages würde Edel lernen, nicht seiner eigenen Leibgarde zu drohen, und ich hoffte, man erteilte ihm diese Lektion mittels eines Pfeils in den Rücken.
    Gleich darauf schüttete jemand einen Eimer kaltes Wasser über mir aus. Der Schock erweckte jeden der unzähligen Schmerzen in meinem malträtierten Körper zu neuer Wut. Ich hob das Lid des etwas weniger zugeschwollenen Auges. Als erstes sah ich die große Lache vor mir auf dem Boden. Falls all das Blut meins war, hatte ich Grund zur Sorge. Ich grübelte darüber nach, von wem es sonst stammen konnte. Mein Verstand arbeitete nicht besonders gut. Die Zeit machte Bocksprünge. Edel beugte sich über mich, wütend und derangiert, und dann saß er plötzlich auf seinem Stuhl. Versinken und auftauchen. Hell und dunkel und wieder hell.
    Jemand kniete neben mir, untersuchte mich kundig und geschickt. Burrich? Nein. Das war ein Traum aus der Vergangenheit. Dieser Mann hatte blaue Augen und die nasale Sprechweise der Leute aus Farrow. »Er blutet stark, König Edel, aber dagegen können wir etwas tun.« Ein Druck gegen meine Stirn. Ein Becher wurde an meine aufgeplatzten Lippen gehalten, mit Wasser verdünnter Wein rann in meinen Mund. Ich würgte. »Ihr seht, er ist am Leben. Ich würde empfehlen, es für heute genug sein zu lassen, Majestät. Vorläufig dürfte er nicht mehr imstande sein, Fragen zu beantworten. Er wird einfach das Bewußtsein verlieren.« Der nüchterne Befund eines Fachmanns. Wer immer es war, er legte mich wieder auf den Boden und ging.
    Ein Krampf schüttelte meinen Körper, Anzeichen für die Wiederkehr meines alten Leidens. Gut, daß Will außer Gefecht gesetzt war. In diesem Zustand hätte ich meine Abschirmung nicht aufrechthalten können.
    »Bringt ihn weg.« Edel, angewidert und enttäuscht. »Das war heute reine Zeitverschwendung.« Die Stuhlbeine scharrten über den Boden, als er aufstand. Ich hörte und fühlte, durch den Steinboden an mein Ohr übertragen, seine dumpfen Schritte, als er den Raum verließ.
    Irgend jemand packte mich an der Hemdbrust und zerrte mich auf die Füße. Der Schmerz erstickte mir den Schrei in der Kehle. »Du kleines Stück Mist«, giftete er mich an. »Hüte dich ja, einfach zu krepieren. Ich lasse mir nicht den Buckel gerben, nur weil du vergißt zu atmen.«
    »Starke Drohung, Verde«, höhnte ein Kamerad. »Wie willst du’s ihm denn heimzahlen, wenn er tot ist?«
    »Schnauze. Dir werden sie auch die Knute zu schmecken geben, genau wie mir. Schaffen wir ihn weg und machen hier sauber.«
     
    Die Zelle. Die kahle Wand. Sie hatten mich auf dem Boden abgeladen, mit dem Rücken zur Tür. Subtile Gemeinheit. Etwas mehr Nächstenliebe und mir wäre die leidige Mühe erspart geblieben, mich herumzuwälzen, um nachzusehen, ob man mir frisches Wasser hingestellt hatte.
    Nein. Zu anstrengend.
    Kommst du endlich?
    Ich möchte gerne, Nachtauge, aber ich weiß nicht wie.
    Wandler, Wandler! Mein Bruder! Wandler!
    Was ist?
    Du hast so lange geschwiegen. Kommst du jetzt?
    Ich habe… geschwiegen?
    Ja. Ich glaubte, du wärst gestorben. Ich konnte dich nicht erreichen.
    Wahrscheinlich ein Anfall. Ich habe nichts davon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher