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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder
Autoren: Robin Hobb
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alle beschuldigt, die gegen mich gewesen sind. Vor Zeugen soll er sie denunzieren. Niemand wird bezweifeln, daß sie Hochverräter sind, wenn er es sagt. Soll Herzog Brawndy hören, wie seine eigene Tochter angeklagt wird, soll der ganze Hofstaat hören, daß Prinzessin Philia, die so laut nach Gerechtigkeit schreit, sich gegen die Krone verschworen hat. Und damit er nicht leer ausgeht, für ihn diese Kerzenmacherin – Molly.«
    Mein Herz drohte mir aus der Brust zu springen.
    »Ich habe sie noch nicht gefunden, Majestät«, entfuhr es Will.
    »Schweig«, donnerte Edel. Fast hörte er sich an wie König Listenreich. »Willst du ihm Mut machen? Sie muß nicht hier sein, damit er sein Liebchen als Mitwisserin brandmarkt. Wir können in aller Ruhe weiter nach ihr suchen, während er mit dem Wissen in den Tod geht, daß sie ihm folgen wird, von ihm selbst ans Messer geliefert. Ich werde Bocksburg vom Misthaufen bis zur Turmspitze von allen säubern, die es gewagt haben, mir zu trotzen!« Er hob den Becher und trank sich selber zu.
    Wie die Mutter, so der Sohn, er hörte sich ganz ähnlich an wie Königin Desideria, wenn sie zu tief ins Glas geschaut hatte. Ein Teil Großmaul, ein Teil erbärmlicher Feigling. Er fürchtete jeden, den er nicht kontrollieren konnte, und demnächst würde er auch unter seinen Stiefelleckern Heimtücke und Verrat wittern.
    Edel stellte den Becher mit einem Ruck hin und lehnte sich zurück.
    »Nun, dann machen wir weiter, nicht wahr? Kelfry, stell unseren Freund auf die Beine.«
    Kelfry war ein nüchterner Mann, der an seiner Arbeit keine Freude hatte. Er war nicht sanft, aber auch nicht brutaler als nötig. Man merkte, daß er ein Binnenländer war und nicht von Hod ausgebildet. Er stand hinter mir und hielt meine Oberarme umfaßt. Wenn ich den Kopf mit einem Ruck nach hinten warf, konnte ich ihm die Nase brechen und vielleicht noch ein paar Vorderzähne ausschlagen, aber diesen Gedanken in die Tat umzusetzen erschien mir ungefähr so leicht machbar, wie mir selbst den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Ich fuhr mit der Zunge innen zwischen Lippen und Zähnen entlang, hob den Kopf und schaute Edel an.
    »Ihr habt Euren eigenen Vater ermordet.«
    Edel erstarrte. Ein Ruck ging durch den Mann hinter mir. Ich machte mich in seinem Griff schwer und zwang ihn, mein ganzes Gewicht zu tragen.
    »Serene und Justin haben die Tat ausgeführt, aber Ihr habt sie angeordnet.« Edel erhob sich langsam.
    »Aber nicht, bevor wir zu Veritas gedacht hatten.« Ich bemühte mich, lauter zu sprechen; die Anstrengung war so groß, daß mir der Schweiß ausbrach. »Veritas lebt und weiß alles.« Edel kam auf mich zu, Will auf den Fersen. Auf letzteren richtete ich den Blick und verlieh meiner Stimme einen drohenden Ton. »Er weiß auch über dich Bescheid, Will. Er weiß alles.«
    Der Soldat hielt mich fest, als Edel mir den Handrücken ins Gesicht schlug. Einmal. Zweimal. Ich fühlte, wie die Haut über dem Wangenknochen aufplatzte. Edel ballte die Faust. Gleich, gleich…
    »Gefahr!« schrie Will und machte einen Satz, um Edel zur Seite zu stoßen.
    Ich war zu begierig gewesen. Er hatte mit der Gabe erkannt, was ich plante. Als Edel ausholte, riß ich mich von meinem Bewacher los, duckte mich unter dem Fausthieb hinweg und war mit einem Schritt bei ihm. Mit einer Hand umklammerte ich sein Genick, um seinen Kopf niederzudrücken und ihm mit der anderen das Giftpulver aus dem jetzt zerrissenen Papier ins Gesicht zu reiben. Mit etwas Glück wirkte es auch auf diese Art stark genug, um ihn zu töten.
    Will verdarb alles. Meine geschwollenen Finger konnten Edels Nacken nicht fest genug packen. Will riß ihn von mir los und warf sich mit ihm zur Seite. Als Wills Schulter meine Brust rammte, stieß ich ihm die flache Hand entgegen und wischte ihm das zerrissene Papier samt dem weißen Pulver über Nase, Mund und Augen. Das meiste stäubte als feiner Nebel zwischen uns in die Höhe. Ich sah ihn japsen und spucken. Dann gingen wir beide unter einer Woge von Edels Leibgarde zu Boden.
    Ich versuchte, mich in die Bewußtlosigkeit zu retten, aber sie entzog sich mir. Ich wurde geschlagen, getreten und gewürgt, bevor Edels gebrüllte Befehle: »Tötet ihn nicht! Tötet ihn nicht!« irgendeine Wirkung zeigten. Ich fühlte, wie sie Will unter mir hervorzogen, aber sehen konnte ich nichts. Blut strömte über mein Gesicht, vermischt mit Tränen.
    Meine letzte Chance, und ich hatte sie vertan! Nicht einmal Will hatte ich
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