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Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Titel: Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe
Autoren: Kathryn Lasky
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aufregend, was?“ Die Zähne des Räubers waren deutlich länger als fünfzehn Zentimeter.
    „Das Robbenkind sitzt auf der Scholle daneben und ruft nach seiner Mutter!“, kam es von Eglantine. „Wir müssen ihm helfen!“
    „Mami! Mami!“, heulte das kleine graue Geschöpf.
    „Wir müssen etwas tun!“, drängte Eglantine. Sorens Schwester war die jüngste und unerfahrenste Eule der kleinen Truppe, aber jetzt ging sie kreisend in den Sinkflug. Die anderen folgten ihr.
    Als sie unten ankamen, war Eglantine schon auf der Eisscholle gelandet und versuchte das Robbenkind zu trösten.
    „Die Kleine spricht kein Hoolisch und mein ganzes Krakisch ist auf einmal weg“, sagte das Schleiereulenmädchen unglücklich.
    „Ä h … ä h …“ Auch Soren zerbrach sich vergebens den Kopf. Wenn doch nur Otulissa da wäre! Sie sprach als Einzige fließend Krakisch. Alle anderen beherrschten nur ein paar Wörter und Redewendungen. „Alles gut! Alles gut!“, redete Soren unbeholfen auf das Robbenkind ein. Das Wasser um die Eisscholle herum war inzwischen rot vom Blut der Robbenmutter.
    Morgengrau schaute zu dem Räuber hinüber und verkündete ehrfurchtsvoll: „Ich glaube, das ist ein Bä r … ein weißer Bär.“
    „Ein Eis bär?“, fragte Digger.
    „Ja, ich glaube, so wird er genannt.“
    „Gütiger Glaux! Jetzt ist ja wohl klar, weshalb dieser Meeresarm ,Reißzahnfjord‘ heißt. Ich habe gelesen, dass Eisbären die größten Fleischfresser der Erde sind.“
    „Und wir treiben diesem hier direkt ins Maul.“ Soren beobachtete angespannt, wie der Bär auf seiner Scholle näher herangespült wurde.
    „Eisbären sind außerdem hervorragende Schwimmer.“ Diggers Stimme bebte furchtsam.
    „Aber können sie auch fliegen?“, fragte Morgengrau. „Ich schlage vor, wir hauen schleunigst ab!“
    „Was soll dann aus dem armen Robbenmädchen werden?“, wandte Eglantine ein. Die Kleine heulte unterdessen ohrenbetäubend. „Wir können sie doch nicht einfach hierlassen!“ Jetzt schluchzte auch Eglantine.
    Auf einmal krachte es laut. Das Robbenkind und die Eulen schlitterten ans andere Ende der Eisscholle. Die Scholle des Bären hatte sie gerammt. Der Bär ließ von seinem Opfer ab und hob den Kopf. Das schneeweiße Fell um seine Schnauze war blutverklebt. Abermals warf er den Kopf in den Nacken. „Aaarrrggggh!“ Sein Gebrüll ließ den ganzen Fjord erbeben, von den Mägen der Eulen ganz zu schweigen.
    Das war deutlic h – dafür braucht man keine Übersetzung , dachte Soren. Sie mussten sich in Sicherheit bringen und das Robbenmädchen notgedrungen seinem Schicksal überlassen. Soren breitete die Flügel aus und die anderen taten es ihm nach. Nur Eglantine blieb stur vor der kleinen Robbe stehen, obwohl ihr bestimmt schon die Zehen abfroren.
    „Komm sofort her, Eglantine!“, sagte Soren. „Das ist ein Befehl.“
    „Nein. Ich lasse die Kleine nicht im Stich.“
    „Ich bin dein Anführer. Du musst mir gehorchen.“
    „Es ist mir egal, ob du der Anführer bist. Ich weiß nur zu gut, wie das ist, wenn man zurückgelassen wird.“
    „Wir können nicht unseren ganzen Auftrag wegen einer jungen Robbe aufs Spiel setzen!“
    „Ich bleibe bei ihr, da kannst du befehlen, so viel du willst.“
    Soren musterte seine Schwester. Eglantine hatte sich von ihrer Tupfitis vollständig erholt. Und es kam ihm vor, als wäre sie in jeder Hinsicht gewachsen.
    Der Bär beachtete die erbeutete Robbe nicht mehr, sondern schaute zwischen Soren, der über den beiden Eisschollen kreiste, und Eglantine hin und her. Er tauchte die Pranke ins Wasser und wischte sich über die verschmierte Schnauze, dann fegte er sich ein Büschel Robbenfell von der Brust. Dabei brummelte er etwas, vielleicht knurrte er aber auch. Soren traute seinen Augen kaum, als Eglantine an den Rand ihrer Eisscholle trippelte. Der Bär war ins Wasser geglitten und streckte schon die Pranke nach der Scholle aus. „Zurück, Eglantine!“, rief Soren schrill.
    „Flieg weg!“, schrie Morgengrau.
    „Bist du gaga, Eglantine?“, entschlüpfte es Digger.
    „Seid still, ihr drei!“, antwortete das Schleiereulenmädchen gelassen und streckte den Kopf vor, bis ihr Schnabel beinahe die Schnauze des Bären streifte.
    Als er das sah, bekam Soren zum allerersten Mal in seinem Leben Flügelstarre. Sollte er seine Schwester jetzt endgültig verlieren? Zwei Mal schon hatte er sie vor den Reinen retten müssen. „Beim Glaux, du hast es mit einem Eisbären zu tun!“, schrie er im
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