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Die Legende der Wächter 5: Die Bewährung

Die Legende der Wächter 5: Die Bewährung

Titel: Die Legende der Wächter 5: Die Bewährung
Autoren: Kathryn Lasky
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aufrecht, aber es ist verzweifelt und kraftlos.“
    „Und was geschieht dann mit einer solchen Eule?“, fragte Soren leise.
    „Sie wird genauso kraftlos wie ihr Magen und ihr Herz. Sie atmet und frisst noch, aber mehr auch nicht. Sie hat sozusagen ihre Seele verloren, aber sie ist deswegen kein Geisterschnabel. ‚Lebende Tote‘ nennt man solche Eulen auch.“ Die jungen Eulen machten skeptische Gesichter, aber wenn sie Wamme betrachteten, mussten sie Boron wohl glauben.
    „Und was wird jetzt aus ihr?“, erkundigte sich Otulissa schließlich.
    „Deswegen haben wir euch gerufen“, entgegnete der stattliche Schnee-Eulerich. „Wir haben einen Auftrag für euch.“ Otulissa kam es vor, als ob er nur sie dabei anschaute.
    Ein Schauder überlief die Fleckenkäuzin. „Und der wäre?“
    „Ein Liebesdienst für Wamme.“ Die jungen Eulen glaubten sich verhört zu haben, vor allem Morgengrau. Wir sollen Wamme einen Liebesdienst erweisen? Das ist doch kein Auftrag! Macht Boron Witze?
    Der große Schnee-Eulerich fuhr unbeirrt fort: „Das Parlament des Baums erteilt hiermit den Auftra g …“, er sah die jungen Eulen nacheinander an und vergaß auch Eglantine nicht, „ … Wamme bald zu den Glaux-Schwestern zu bringen, die auf einer Insel im Wintermeer leben.“
    Otulissa war fassungslos. Sie träumte schon lange davon, in die Nordlande zu fliegen, die herrliche Landschaft aus Schnee und Eis mit eigenen Augen zu sehen und Verbündete im Krieg gegen die Reinen zu suchen. Aber doch nicht als Krankenschwester für eine hinterhältige, alte Eule, die ihre verehrte Strix Struma auf dem Gewissen hatte! Das ging entschieden zu weit! Sie schwankte und wäre beinahe von ihrem Sitz gekippt, doch Morgengrau streckte den Flügel nach ihr aus. Zum ersten Mal in ihrem Leben war Otulissa sprachlos.
    Es klopfte, und der Raufußkauz lugte durch die Tür. „Entschuldigt bitte die Störung, aber der neue Lauschgleiter aus den Ödlanden ist soeben eingetroffen. Er will euch dringend sprechen“
    „Lass ihn durch.“
    Ein struppiger Uhu, der nur noch ein Federohr besaß, flog herein.
    „Verehrtes Parlament. Bedaure, aber ich habe schlechte Neuigkeiten.“
    Boron nickte ihm zu. „Sprich.“
    „Die Reinen haben Sankt Ägolius erobert und die Schluchten besetzt.“
    Soren blieb förmlich die Luft weg, in seinen Ohren rauschte es. Er hörte undeutlich, dass der Uhu Kludd und das 32 . Regiment erwähnte. Auch der Name „Skench“ fie l – war die Ablah-Generalin von Sankt Äggie verwundet oder gefallen? Dann vernahm er nur noch unzusammenhängende Laute, die keinen Sinn ergaben.
    Die jungen Eulen durften gehen. Sie nahmen an, ihr Auftrag hätte sich erst einmal erledigt, weil sich das Parlament jetzt mit Wichtigerem befassen musste, doch Ezylryb rief dem Türsteher zu, die Jungvögel sollten im Vorraum warten.
    Alle sechs mussten den Bericht des Lauschgleiters erst einmal verdauen.
    „Die Reinen haben Sankt Ägolius erober t – was bedeutet das für uns?“, fragte Soren schließlich. Er war immer noch ganz benommen. Nur Digger schien einen kühlen Kopf zu bewahren.
    „Das bedeutet, dass die Reinen jetzt über den größten Tupfenvorrat der Welt verfügen.“
    Otulissa beschäftigte jedoch etwas ganz anderes. „Wieso muss ausgerechnet ich die grässliche Wamme begleiten?“
    Der Höhlenkauz fuhr herum. „Reiß dich gefälligst zusammen, Otulissa! Die Reinen haben ein riesiges Tupfenlager erobert, und du jammerst, weil du eine Kranke in die Nordlande bringen sollst? Soren hat gefragt, was die Eroberung von Sankt Äggie für uns alle bedeute t – ich kann es euch sagen! Es bedeutet, dass die Reinen Macht über uns gewinnen können, über unsere Mägen und Gehirne. Sie können willenlose Sklaven aus uns machen, die ihren verwerflichen Zwecken dienen müsse n – ein Schicksal, schlimmer als der Tod!“
    Die vier anderen waren baff. Solche Ausbrüche kannten sie von ihrem sonst so ruhigen, philosophischen, unerschütterlich geduldigen Freund gar nicht. Digger hatte sich zornig aufgeplustert, wogegen die fünf anderen furchtsam die Federn angelegt hatten.
    Der Raufußkauz kam in den Vorraum und verkündete: „Das Parlament lässt euch noch einmal rufen. Bitte folgt mir.“
    Ein zweites Mal nahmen die sechs gegenüber dem gebogenen Birkenast Platz. Wamme war verschwunden. Diesmal ergriff Barran das Wort.
    „Die Neuigkeiten, die ihr ja auch gehört habt, sind sehr bedenklich. Zwar haben wir die Reinen schon zweimal besieg t –
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