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Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)

Titel: Die Legende der Roten Sonne: Stadt der Verlorenen (German Edition)
Autoren: Mark Charan Newton
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Rüstung. »Jetzt wäre der Moment für einen Angriff günstig«, erklärte sie. »Wie viele Männer habt Ihr noch?«
    »Achttausend.« Der befehlshabende Offizier trat von einem Fuß auf den anderen und hatte offenkundig gewaltigen Respekt vor ihr.
    Sie überragte ihn bei Weitem. »Und zu wie vielen seid ihr in diesen Krieg gezogen?«
    »Mit fünfundsechzigtausend Soldaten. Die Zahl der Toten bei der Bürgerwehr ist noch ungeklärt.«
    »Also auf in den Kampf!«, erwiderte Artemisia lässig. »Ihr werdet merken, dass Eure Feinde nun stark desorientiert sind. Lasst Eure Männer möglichst viele Gegner töten – ich helfe ihnen später noch dabei. Aber jetzt muss jemand mich und meine Begleiter zu Eurem Kommandeur bringen.«

KAPITEL 53
    E rstmals seit Jahren waren die Gangs zu einer Art Einigung gekommen. Unterhalb des großen Kriegs tobte ein zweiter: Die Revierkämpfe waren ausgeartet und zielten darauf, einzelne Viertel zu Inseln inoffizieller Herrschaft zu machen. Andere Gangs überfielen diese autonomen Zonen, und ständig änderten sich die Frontlinien. An diesem Vormittag aber hatte es eine seltsame mündliche Vereinbarung gegeben, die per Handschlag und Nicken bestätigt worden war. Damit lagen die Dinge klar.
    Malum ging die männliche Banshee suchen, doch Dannan war tot. Jemand beschuldigte den Anführer der Bloods, ihn umgebracht zu haben – zu Unrecht. Dannans Reste wurden in einer unterirdischen Festung gefunden. Dort stank es. Kehle und Brust schienen ihm explodiert zu sein, und die Männer staunten unter ihren Masken, was dabei an Fleisch und Blut an die Wände geklatscht war. Einer meinte, er sei schon vor Tagen gestorben, als die Zahl der Toten so gewachsen war, dass die männliche Banshee stundenlang Galle gewürgt, dann nur mehr gehustet und gejapst habe und schließlich in diese unterirdische Zuflucht gekrochen sei, um den Qualen zu entgehen. Stattdessen aber sei Dannan hier allein gestorben.
    Und nun war etwas geschehen, das alles in der Stadt veränderte.
    Ein dunkler Umriss war unvermutet am Himmel erschienen und die Temperatur gestiegen. Es hieß, die Feinde seien plötzlich geschwächt, es gebe kaum noch welche, und die kämpften nicht mehr so wirksam wie früher. Malum begriff nicht, worum es sich bei all diesen Veränderungen handelte, doch ihm war klar: Die Auseinandersetzung war in die entscheidende Phase getreten.
    Malum marschierte recht weit vorn. Zum letzten großen Gemetzel hatten die Bloods sich wieder mit den anderen Gangs verbündet und breiteten sich wieselflink über Villiren aus. Er hatte seinen Instinkten nachgegeben, und die Fänge waren nun fester Bestandteil seines Gebisses. Er war restlos wild – wie die anderen. Sogar erfahrene Soldaten betrachteten das Walten der Gangs mit Abscheu.
    Im Rücken der mit den Dragonern vereinigten Bürgerwehr zogen die Gangs nicht als disziplinierte Armee, sondern als bösartiger Mob in den Westen der Stadt. Tausende Männer und Hunderte Frauen sammelten dabei Waffen aller Art aus dem schmelzenden Schnee. Die Sonne drang durch die Wolken und ließ die Stadt funkeln.
    Selbstbewusst und brutal fiel diese bewaffnete Horde über die kleinen Gruppen restlicher Okun her. Zu zweit oder dritt in die Enge getrieben und ohne Fluchtmöglichkeit, warfen sich die nun offenkundig verwirrten Invasoren in die Menge ihrer Angreifer, um prompt mit Axt, Keule und Schwert niedergemacht zu werden. Bürger ließen ihre Wut aus, indem sie die Körperpanzer der Eindringlinge aufbrachen und kaum mehr als blutigen Brei im Schnee zurückließen. Im sicheren Gefühl, dass die Invasion gescheitert war und keine Schiffe mehr am Horizont erscheinen würden, lebten die Gangs eine ungesunde Freude an ihrem blutigen Treiben aus, vollkommen euphorisiert davon, Tod und Verderben zu bringen.
    Die rothäutigen Rumel zu töten, war erstaunlicherweise schwieriger: Sie agierten im Gefecht geschickter und verfügten über raffiniertere Fluchtmethoden. Manche wollten sich sogar ergeben, doch das wurde abgelehnt. Stattdessen schlug man ihnen die Schwänze ab und stopfte sie den Schreienden in den Mund; dann wurden sie zu Brei geschlagen oder gesteinigt. Diese Grausamkeiten gefielen Malum, und Gewalt zeugte Gewalt – vielleicht bestätigte ihm dies ja seinen Daseinsgrund.
    Das Gemetzel währte fast den ganzen Tag. Malum staunte, dass es kein klares Ende gab, kein rauschendes Finale, sondern dass sich alles irgendwie verlief. Die Stadtbevölkerung war zu dezimiert, um ihren Sieg
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