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Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman

Titel: Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
Autoren: Charlotte Thomas
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ihres Vaters umklammert, obwohl ihrer beider Handflächen unangenehm feucht waren vor Schweiß. Sie war immer noch so durcheinander, dass sie nicht wusste, was sie denken sollte.
    »Hast du das gesehen?«, fragte sie.
    »Natürlich habe ich es gesehen. Der arme Mensch! Nun ist seine Seele bei Gott. Vorausgesetzt, er war getauft, was ich für ihn hoffe.« Er atmete schwer und war grau im Gesicht, so wie es öfter geschah, wenn er sich aufregte.
    »Nein, ich meine nicht, wie der Sklave starb, sondern was der Junge getan hat.«
    »Doch, natürlich sah ich es. Ich habe allerdings nicht mitverfolgt, in welche Richtung er verschwand. Aber er wird sowieso nicht weit kommen. Seine dunkle Haut ist zu auffällig, sie werden ihn bald wieder einfangen.«
    Laura hätte mit dem Fuß aufstampfen mögen vor Ungeduld. Ihr Vater, den sie über alles liebte, war manchmal in seiner verträumten Art so weit von der Wirklichkeit entfernt, dass sie es kaum fassen konnte.
    Künstler waren eben so, sagte ihre Mutter mitunter, meist dann, wenn er Gegenstände verlegte und sie nicht wiederfand, auch wenn sie direkt vor seiner Nase waren.
    »Ich meine nicht den schwarzen Jungen, sondern den anderen, den mit der Narbe im Gesicht. Er muss ein Taschendieb sein.« Sie konnte immer noch nicht glauben, wie dreist der Junge zu Werke gegangen war. Der Kaufmann hatte es bemerkt, aber er hatte ihn nicht verhaften lassen, sondern ihm stattdessen die Kiste aufgehalst. »Er hat zuerst einen Räucherfisch gestohlen und dann die Börse des Juden da drüben.«
    »Welcher Jude?«
    »Der Kaufmann mit dem gelben Hut. Sie kamen vorhin gemeinsam mit dem Zehnerrat an uns vorüber und stehen jetzt dort drüben beisammen ...« Laura wollte in Richtung Palazzo Ducale deuten, doch dann sah sie, dass der Junge und der Kaufmann zusammen mit dem Zehnerrat gerade im Inneren des Gebäudes verschwanden.
    »Ich habe keinen Juden gesehen, und auch keinen Zehnerrat«, sagte ihr Vater. »Was sicher daran liegt, dass ich nicht halb so neugierig bin wie du.« Er rieb sich die Brust, als hätte er dort Schmerzen. »Nun komm weiter. Ich kaufe dir ein Stück Kuchen, einverstanden?«
    Laura ließ sich von ihm über die Brücke auf die Piazzetta ziehen. Sie reckte den Kopf, um einen Blick auf die Porta della Paglia zu erhaschen, durch die das seltsame Trio verschwunden war, doch dort waren nur Wachleute und Amtsträger zu sehen.
    »Er hat ihm die Börse abgeschnitten«, sagte sie wie zu sich selbst. »Und der Jude hat ihn seine Kiste tragen lassen.«
    »Ich habe nichts davon gesehen.«
    »Weil du nicht hinschaust!«
    »Es gab doch genug anderes Unheil zu sehen.«
    Laura bereute ihre Worte, als sie den hilflosen Ton in seiner Stimme hörte. Mit schlechtem Gewissen beschloss sie, vor dem Schlafengehen zur Buße mindestens drei Avemaria zu beten. Sie hob den Kopf und schenkte ihrem Vater ein versöhnliches Lächeln, das er sofort erleichtert erwiderte.
    »Du machst dir zu viele Gedanken über andere Leute«, sagte er.
    »Meinst du, die Frauen und Kinder gehören zu einer Familie?«, fragte sie, als könne sie so die Rückkehr in die Normalität beschleunigen. »Ob sie zusammen verkauft werden? Oder reißt man sie auseinander und gibt jeden von ihnen zu einem anderen Herrn?«
    »Sie werden bestimmt getrennt. Niemand kann es sich leisten, so viele Sklaven auf einmal zu kaufen. Wozu auch?« Ihr Vater deutete voraus auf die Piazza, wo zwischen den Verkaufsständen ein Stelzengänger herumspazierte.
    »Sieh mal, wie groß er ist! Fast so hoch wie die Löwensäule!«
    Sie tat ihrem Vater den Gefallen und rang sich ein erstauntes Lächeln ab, weil er es zu erwarten schien. In der letzten Zeit kam es ihr immer häufiger so vor, als sei für ihn die Zeit stehen geblieben, denn er behandelte sie, als sei sie noch ein Kind von fünf oder sechs Jahren, das man mit einem Hinweis auf einen Zuckerkringel oder einen Stelzengänger in Begeisterung versetzen konnte. Auch seine Geschichten blieben so, wie sie einem jüngeren Mädchen gefielen. Laura mochte sie immer noch gern, aber sie boten ihr nichts Neues.
    Trotzdem fand sie Gefallen daran, wie der Stelzengänger auf dem Pflaster hin und her stolzierte und dabei lauthals die Kräutermedizin anpries, die eine Frau in Höhe seiner Füße an einem Stand feilbot.
    »Für alle Männer, die im Bett wieder zu Hengsten werden wollen, gibt es hier bei der roten Mansuetta genau das richtige Mittel«, brüllte er auf die Passanten hinunter. »Nur einen Soldo , und
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