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Die Kunst, gelassen zu erziehen

Die Kunst, gelassen zu erziehen

Titel: Die Kunst, gelassen zu erziehen
Autoren: Petra Kunze , Lienhard Valentin
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zu bewerten oder etwas verändern zu wollen. Geben Sie allem Raum, was Sie in sich vorfinden.
Und schließlich können Sie Ihre innere Antenne auch auf Ihre Gedanken richten: Was beschäftigt Sie im Moment? Was geht in Ihnen vor? Nehmen Sie wieder nur wahr und registrieren Sie, wie Ihre Gedankenwelt gerade aussieht.
Zum Abschluss lassen Sie sich einfach die Zeit, die Sie brauchen, um diese Übung für sich selbst abzuschließen, die Augen zu
     öffnen und wieder zu Ihrem Alltag zurückzukehren.

Wenn Sie Ihr Kind ganz unvoreingenommen sehen können, wird sich Ihnen ein kleines Wunder offenbaren. Denn es trägt einen großen Schatz in sich, in der buddhistischen Lehre das »grundlegende Gutsein« genannt. In diesem Kapitel erfahren Sie, wie Sie diesen Schatz in Ihrem Kind wahrnehmen können und diesen Blickwinkel auch in stressgeplagten Zeiten nicht aus den Augen verlieren.

Ihr Kind
ist einzigartig
    Jedes Kind, jeder Mensch ist einmalig und mit ganz besonderen Eigenschaften und Talenten ausgestattet. Mit dieser individuellen inneren Natur kommen wir zur Welt. Die einzigartige Verbindung von physischen, genetischen, geistigen, emotionalen und spirituellen Eigenschaften und Potenzialen ist unser ureigenstes Wesen, unsere Essenz – das, was wir wirklich sind. Wie alle lebenden Organismen tragen auch wir Menschen unser ganzes Potenzial in uns: Wir sind in uns vollkommen.
    Dieser individuelle Reichtum in uns will sich entfalten und in der Welt verwirklichen können. Je mehr es uns möglich ist, gemäß unserer inneren Natur zu leben, desto erfüllter, zufriedener, aber auch kreativer und leistungsfähiger werden wir sein. Dazu brauchen wir allerdings UNTERSTÜTZUNG . Denn die meisten unserer Eigenschaften sind bei der Geburt bloß als Anlage vorhanden und werden sich nur dann entfalten, wenn unsere Eltern, die Umwelt und (später) auch wir selbst die dafür nötigen Voraussetzungen schaffen.
Genügend Raum zur Entfaltung lassen
    Nur wenn Eltern akzeptieren, dass ihr Kind ein eigenständiges Wesen ist und sich nicht nach ihren Vorstellungen entwickeln muss, kann der Raum zur eigenen Entfaltung entstehen. Ohne diese Akzeptanz und ohne das Bemühen, das Wesen ihres Kindes wirklich wahrzunehmen, werden Eltern zwar bestimmte Anteile der Essenz eines Kindes unterstützen, andere aber vernachlässigen, verleugnen oder gar durch Bestrafung unterdrücken. Ein Erwachsener, dessen echte Potenziale sich in der Kindheit nicht entfalten durften, wird sich entsprechend schwerer tun, diese wiederzuentdecken, anzunehmen und ein erfülltes Leben zu führen. Deshalb ist es so wesentlich, dass wir nicht uns selbst in unseren Kindern sehen, sondern sie als eigenständige Wesen wahrnehmen und ihnen mit besonderer Achtsamkeit begegnen.
    Diese Haltung ist in unserer Kultur noch nicht so selbstverständlich, wie man meinen möchte, denn wir gehen in der Regel davon
aus, dass Kinder das Produkt ihrer Eltern sind, dass sie nicht nur ihr Äußeres, sondern auch ihr Wesen von ihnen geerbt hätten. Erkennen wir keine
auffälligen Ähnlichkeiten, gelten die Kinder meist als »aus der Art geschlagen« und zählen oft zu den wirklich schwierigen Fällen in puncto
Erziehung. Wir nehmen dann normalerweise an, dass sich auch diese Kinder bei »guter« Erziehung in irgendeiner Form an uns Eltern anpassen werden. Wir
glauben (oder hoffen), dass sie im Idealfall sogar einmal in unsere Fußstapfen treten, also vielleicht später mal den Handwerksbetrieb oder die Kanzlei
übernehmen werden.
    Erziehung streut keinen Samen in die Kinder hinein, sondern lässt den Samen aufgehen, der in ihnen liegt.
    [ Khalil Gibran | libanesisch-amerikanischer Schriftsteller
(1883–1931) ]
Das innere Wesen entdecken
    Die Sicht, ein Kind müsse durch die richtige Erziehung geformt werden, herrscht vor, obwohl Eltern ganz andere, einschneidende Erfahrungen machen, die meist schon mit der Geburt des Kindes beginnen. Für fast alle Eltern, die das eigene Kind das erste Mal sehen, ist das ein unvergesslicher Moment voller Erleichterung, Glück und oft auch Erstaunen. Denn selbstwenn sie keine konkrete Vorstellung von ihrem Baby hatten, sind doch viele verwundert beim Anblick des Neugeborenen: So hätten sie sich ihr Kind nicht vorgestellt, berichten Eltern immer wieder, ohne genau sagen zu können, wie sonst. Beim genaueren Nachfragen stellt sich dann oft heraus, dass das Neugeborene so unerwartet »vollkommen« schien, wie es die Mutter unten ausdrückt. Ist das vielleicht der
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