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Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Titel: Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)
Autoren: Rolf Dobelli
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Gesamtkapital. Die überschuldeten Firmen waren in jeder Beziehung erfolgreicher als die nicht verschuldeten. Wieso bloß? Nach einer Weile fiel bei mir der Groschen: Unrentable Firmen bekommen keine Firmenkredite. Sie landen automatisch in der Gruppe der nicht verschuldeten. Anders ausgedrückt: Verschuldete Firmen gehen schneller Bankrott als unverschuldete. Sobald eine Unternehmung die Zinsen nicht mehr bezahlen kann, übernimmt die Bank das Zepter, und die Firma wird verscherbelt – mit dem Ergebnis, dass sie aus der Studie verschwindet. Die verschuldeten Firmen, die übrig bleiben, sind relativ gesund. Nicht verschuldete Firmen hingegen verfügen über ein dickeres Polster, gehen nicht so schnell Bankrott – und bleiben, egal wie kränkelnd, Teil der Studie.
    Wenn Sie jetzt denken: »Okay, verstanden«, dann passen Sie auf – der Intention-To-Treat-Fehler ist nicht einfach zu erkennen. Ein fiktives Beispiel aus der Medizin: Der Pharmakonzern Novirus hat eine neue Pille gegen Herzerkrankungen entwickelt. Eine Studie »beweist«, dass das Medikament die Sterberate von Herzpatienten deutlich verringert. Die Daten sprechen für sich: Die Fünf-Jahres-Sterberate von Kranken, die die neue Pille regelmäßig geschluckt haben, beträgt 15 %. Zwar ist die Sterberate der Menschen, die eine unwirksame Placebopille geschluckt haben, etwa gleich hoch. Aber, und das ist entscheidend, die Sterberate von Patienten, die die neue Pille unregelmäßig eingenommen haben, liegt bei 30 % – also doppelt so hoch! Ein Riesenunterschied zwischen regelmäßiger und unregelmäßiger Einnahme. Die Pille ist also ein voller Erfolg. Oder doch nicht?
    Der Haken: Wahrscheinlich ist nicht die Pille der entscheidende Faktor, sondern das Verhalten der Patienten. Vielleicht haben Patienten mit starken Nebenwirkungen die Pille abgesetzt und landen so in der Kategorie der »unregelmäßigen Einnahme«. Vielleicht waren sie so schwer krank, dass an eine regelmäßige Einnahme gar nicht zu denken war. Wie auch immer: Es bleiben nur die Patienten in der Gruppe der »regelmäßigen Einnahme«, die relativ gesund sind – was das fragliche Medikament viel wirksamer aussehen lässt, als es in der Realität ist.
    Bei seriösen Studien werden die Daten aller Patienten, die man ursprünglich zu behandeln beabsichtigte ( intention to treat ), auch tatsächlich ausgewertet – egal, ob sie den Versuch mitgemacht haben oder nicht. Leider gibt es viele Studien, die sich um diese Regel nicht scheren – ob absichtlich oder versehentlich, sei dahingestellt. Seien Sie deshalb auf der Hut: Prüfen Sie sofort, ob Studienobjekte – Unfallfahrer, bankrotte Firmen, schwer kranke Patienten – aus irgendwelchen Gründen die Stichprobe stillschweigend verlassen haben. Falls dem so ist, sollten Sie die Studie dem Mülleimer anvertrauen.



WARUM SIE KEINE NEWS LESEN SOLLTEN
    News-Illusion
    Erdbeben auf Sumatra. Flugzeugabsturz in Russland. Mann hält Tochter 30 Jahre lang im Keller gefangen. Heidi Klum trennt sich von Seal. Rekordlöhne bei der Deutschen Bank. Attentat in Pakistan. Rücktritt des Präsidenten von Mali. Neuer Weltrekord im Kugelstoßen. Muss man das wissen?
    Wir sind so gut informiert, und wissen doch so wenig. Warum? Weil wir vor 200 Jahren eine toxische Wissensform namens »News« erfunden haben, Nachrichten aus aller Welt. News sind für den Geist, was Zucker für den Körper ist. News sind appetitlich, leicht verdaulich – und langfristig höchst schädlich.
    Vor drei Jahren startete ich ein Experiment. Ich beschloss, keine News mehr zu konsumieren. Ich kündigte sämtliche Zeitungs- und Zeitschriftenabos. Fernseher und Radio wurden entsorgt. Ich löschte die News-Apps vom iPhone. Ich berührte keine einzige Gratiszeitung mehr und schaute bewusst weg, wenn im Flieger vor mir jemand die Zeitung aufspannte. Die ersten Wochen waren hart. Sehr hart. Ständig hatte ich Angst, etwas zu verpassen. Doch nach einer Weile stellte sich ein neues Lebensgefühl ein. Das Ergebnis nach drei Jahren: klareres Denken, wertvollere Einsichten, bessere Entscheidungen und viel mehr Zeit. Und das Beste: Noch nie habe ich etwas Wichtiges verpasst. Mein soziales Netzwerk – nicht Facebook, sondern das echte, bestehend aus Freunden und Bekannten aus Fleisch und Blut – funktioniert als Nachrichtenfilter.
    Es gibt ein Dutzend Gründe, einen weiten Bogen um News zu machen. Hier die top drei. Erstens: Unser Hirn reagiert unverhältnismäßig stark auf skandalöse,
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