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Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Titel: Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)
Autoren: Rolf Dobelli
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Wirtschaftsprüfer? Falsche Risikomodelle? Pure Gier? Nichts davon ist die Ursache – und alles zusammen.
    Und so ist es überall. Der zauberhafte Altweibersommer, eine Scheidung im Freundeskreis, der Erste Weltkrieg, Krebs, der Amoklauf an einer Schule, der Welterfolg einer Firma, die Erfindung der Schrift – jeder klar denkende Mensch weiß: Es gibt nicht die eine Ursache, sondern Hunderte, Tausende, unendlich viele. Und doch versuchen wir immer wieder, der Sache auf den Grund zu gehen.
    »Wenn der Apfel reif ist und fällt, warum fällt er? Weil er von der Erde angezogen wird? Weil sein Stängel ausgedörrt ist? Sein Fleisch mürbe? Weil er zu schwer geworden ist? Weil der Wind ihn schüttelt? Oder weil der unten stehende Knabe ihn essen möchte? Nichts davon ist die Ursache, sondern alles zusammen …«, schreibt Tolstoi in Krieg und Frieden und trifft den Nagel auf den Kopf.
    Angenommen, Sie sind Produktmanager von Cornflakes und haben soeben die neue Sorte »Bio-Slim-Fit« lanciert. Nach einem Monat ist es nicht mehr zu verbergen: ein Flop! Wie eruieren Sie die Ursache für das Scheitern? Erstens: Sie wissen nun, dass es nicht eine Ursache gibt, sondern viele. Nehmen Sie ein Blatt Papier und zeichnen Sie mit Strichen und Linien alle Gründe auf, die zum Flop geführt haben könnten. Tun Sie dasselbe für die Gründe, die hinter diesen Gründen stehen. Nach einer Weile haben Sie ein Netz möglicher Einflussfaktoren. Zweitens: Markieren Sie diejenigen, die Sie verändern können, und streichen Sie die nicht beeinflussbaren (zum Beispiel »die menschliche Natur«). Drittens: Führen Sie empirische Tests durch, indem Sie die markierten Faktoren in verschiedenen Märkten variieren. Das kostet viel Geld und Zeit, aber es ist der einzige Weg, dem Sumpf der seichten Vermutungen zu entsteigen.
    Die Falle des einen Grundes ist ebenso alt wie gefährlich. Wir haben gelernt, den Menschen als »Urheber seines eigenen Handelns« zu sehen. So hat es Aristoteles vor 2.400 Jahren ausgedrückt. Heute wissen wir, dass dies falsch ist. Wir haben keinen freien Willen, vielmehr sind es Tausende von Faktoren, die zusammenspielen und eine Handlung auslösen – von der genetischen Disposition über die Erziehung bis hin zur Hormonkonzentration zwischen den einzelnen Hirnzellen. Und doch halten wir am veralteten Menschenbild fest. Das ist nicht nur dumm, sondern auch moralisch bedenklich: Solange wir an den einen Grund glauben, wird es uns immer gelingen, Triumphe oder Katastrophen auf einzelne Menschen zurückzuführen und sie als »Verantwortliche« abzustempeln. Die idiotische Jagd nach einem Sündenbock eignet sich hervorragend zur Ausübung von Macht – ein Spiel, das die Menschen seit Jahrtausenden spielen.
    Und doch: Die Falle des einen Grundes ist so beliebt, dass Tracy Chapman darauf ihren Welterfolg begründen konnte. Give Me One Reason heißt der Song, der ihr zum Durchbruch verhalf. Oder Moment – waren da nicht noch ein paar andere?



WARUM RASER SCHEINBAR SICHERER FAHREN
    Intention-To-Treat-Fehler
    Raser fahren sicherer als die sogenannten »vernünftigen« Autofahrer. Warum? Von Hamburg nach Hannover sind es 150 Kilometer. Autofahrer, die die Strecke in einer Stunde oder weniger schaffen, teilen wir der Gruppe der »Raser« zu, denn sie sind mit durchschnittlich 150 km/h oder mehr unterwegs. Alle anderen teilen wir der Gruppe der »Vernünftigen« zu. Wo gibt es weniger Unfälle – bei den »Rasern« oder den »Vernünftigen«? Eindeutig bei den Rasern. Sie haben die Strecke ja alle in weniger als einer Stunde geschafft, also kann kein Einziger von ihnen in einen Unfall verwickelt worden sein. Die Unfallfahrer hingegen landen automatisch in der Gruppe der »Vernünftigen«. Dieses Beispiel aus dem ausgezeichneten Buch Der Hund, der Eier legt präsentiert einen heimtückischen Denkfehler, den sogenannten Intention-To-Treat-Fehler . Es gibt leider keinen schöneren Begriff dafür, und keinen deutschen.
    Ein Banker hat mir neulich eine interessante Studie präsentiert. Daraus geht hervor, dass Firmen mit massiver Verschuldung bedeutend rentabler sind als Firmen ohne Kredite. Der Banker forderte vehement, dass sich jede Firma bis ans Limit verschulden soll – natürlich mit Vorteil bei seiner eigenen Bank. Ich schaute mir die Studie genauer an. Tatsächlich! Aus 1.000 zufällig ausgewählten Firmen konnten jene mit Schuldenberg nicht nur eine höhere Rendite auf ihr Eigenkapital vorweisen, sondern auch auf ihr
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