Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kompanie der Oger

Die Kompanie der Oger

Titel: Die Kompanie der Oger
Autoren: A. Lee Martinez
Vom Netzwerk:
erwartete er, in eine Sprengfalle zu geraten und schon wieder zu sterben. Bis er die Zitadelle erreichte, war er sogar noch verärgerter und seine Zähne knirschten hörbar.
    Das Haupttor war offen und die Oger-Wachen schliefen auf ihren Posten. Das Licht war innerhalb der Mauern der Zitadelle nicht viel besser. Die einzige Beleuchtung kam von ein paar großen Leuchtsteinen, die noch nicht aus ihren Halterungen gestohlen worden waren. Soldaten schliefen auf dem Boden. Andere liefen in betrunkenen Rotten umher. Niemand bemerkte - oder kümmerte sich um - einen Fremden, der durch ihr Fort ging. Ned hatte zwar gehört, dass die Oger-Kompanie undiszipliniert war, aber dies hier schien eine Absurdität von einer Festung zu sein. Er war froh, dass er sich nicht mit der Sicherheit befassen musste.
    Den Pub fand er problemlos. Er folgte einfach den Zechgeräuschen. Das raue Geplärr des Knochenhorns, eines abscheulichen orkischen Instruments, das nur drei Töne erzeugen konnte, griff seine Ohren an. Der Spieler hupte die drei Töne immer in derselben Reihenfolge. Ned erkannte das Stück: es war der »Schädelbrecher-Boogie«. Nicht sein Lieblingswerk der orkischen Kompositionen, aber es wies ihm den Weg.
    Der Pub war dunkel, modrig und voll. Vor allem von Ogern, wie Ned erwartet harte. Er behielt sein Auge bei sich und ging zielstrebig zur Bar.
    Dort machte er den Wirt auf sich aufmerksam: »Schwarzes Verhängnis.«
    Der Wirt, ein klein geratener Oger, der locker einen Kopf größer war als Ned, schürzte die Lippen. »Sind Sie sicher, dass Sie das wollen?«
    Ned nickte und der Wirt ging, um einen Becher zu holen.
    »Entschuldigen Sie, aber sind Sie Never Dead Ned?«, fragte ein Kobold auf dem Nachbarhocker.
    »Nein.«
    Ace beugte sich vor. »Sind Sie sicher? Sie sehen aus wie er.«
    »Alle Menschen sehen gleich aus.«
    Ace runzelte die Stirn. »Ja schon, aber dieser Kerl war unverwechselbar, selbst für einen Menschen. Er war voller Narben. Wie Sie. Und er hatte nur ein Auge. Wie Sie. Und sein linker Arm, der sah ein bisschen brandig aus. Wie Ihrer.« Er kniff die Augen zusammen. »Ja, Sie sind’s, auf jeden Fall.«
    Ned gab sich geschlagen. »Ich birfs.«
    »Dachte ich’s mir doch. Ich hab Sie eingeflogen. Erinnern Sie sich?«
    »Wie könnte ich das vergessen?«
    Der Wirt stellte einen Becher mit dicker, schwarzer Flüssigkeit vor Ned auf den Tresen. »Ich würde Ihnen raten, das nicht zu trinken, kleiner Mann. Könnte Sie geradewegs ins Grab bringen.«
    »Wäre nicht das erste Mal«, murrte Ned.
    Er schluckte etwas von dem Schwarzen Verhängnis. Er musste kauen, um es hinunterzubekommen, und Schlucken war eine Überwindung. Seine Innereien brannten. Seine Zunge brutzelte. Seine Kehle schnürte sich so eng zusammen, dass es ihm für eine Minute die Luftzufuhr abschnitt. Sein Auge tränte. Nach all dem füllte eine kühle Freundlichkeit seinen Kopf. In einer Stunde würde sie durch vernichtende Kopfschmerzen und Nasenbluten ersetzt werden, aber eine Stunde war noch weit entfernt.
    »Hab nie einen Menschen gesehen, der Schwarzes Verhängnis vertragen konnte.« Der Wirt grinste. »Das geht aufs Haus.«
    Das war gut, denn Ned hatte kein Geld. Aber er war hier der Kommandeur - und gerade erst von den Toten auferstanden. Ein Freigetränk sollte dafür schon das Allermindeste sein.
    Ace zündete seine Pfeife an. Eine Fliege, die von der giftigen gelben Wolke erwischt wurde, würgte hörbar und fiel tot zu Boden. »Schätze, man nennt Sie aus gutem Grund Never Dead Ned, was, Sir?«
    »Schätze ja.« Ned biss einen weiteren Schluck Verhängnis ab.
    »Hey, Ward, Ralph!«, rief Ace. »Schaut mal, wer wieder hier ist! Ihr habt ihn wohl nicht tief genug vergraben!«
    Ned schwenkte herum und suchte den Raum ab. Sein Blick traf die einzigen beiden Oger, die ihm nicht ins Auge schauten. Beide hielten einen Becher in der einen Hand und eine Schaufel in der anderen. Ned stand auf und stapfte auf wackligen Beinen durch den Raum. Ace folgte ihm grinsend. Stille breitete sich über den Pub aus.
    »Habt ihr mich begraben?«
    Ward nickte. »Ja, Sir.«
    »Ihr sollt mich nicht begraben.« Die Muskeln von Neds bösem Arm spannten sich. Seine Hand ballte sich zur Faust.
    Die Totengräber schluckten. Selbst im Sitzen waren sie größer als Ned, und es gab keinen lebenden Menschen, der es in einer Schlägerei mit blanken Fäusten mit einem Oger aufnehmen konnte. Aber jeder Mensch, der aus dem Grab zurückkehren und Schwarzes Verhängnis trinken
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher