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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie
Autoren: Ben Bova
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hoch.
    Das plötzliche Nachlassen der Schwerkraft warf Leo von den
Beinen. Er segelte über die Begehungsbühne und in den
freien Raum hinein.
    David hangelte sich über die Begehungsbühne und
versuchte, Leo zu folgen. Der Schwarze sah, daß er unmittelbar
in eine Retorte mit massiver Glaswand knallen würde, und seinem
alten Football-Instinkt gehorchend zog er Kopf und Schultern ein. Er
schlug mächtig auf, und seine Beine flatterten durch die Gegend.
Doch seine Waffe hielt er immer noch fest umklammert.
    David – der von klein auf an eine sportliche Betätigung
bei Schwerelosigkeit gewöhnt war – stieß die
Glasretorte so leicht von sich wie ein Schwimmer, der am Ende des
Beckens die Richtung ändert. Er segelte hinter Leo her und
prallte gegen den Rücken des Riesen.
    »Laß dir helfen, um Gottes willen«, zischte
David.
    Leo schnappte nach Luft, strampelte, drehte sich um die eigene
Achse und versuchte, das Gewehr zwischen sich und David zu
bringen.
    »Es hat noch nie einen verdammten Hundesohn von einem
Blaßarsch gegeben, dem ein Schwarzer trauen konnte!«
    Aber David klammerte sich an seinen Rücken. »Ich will
dich nicht töten. Du hast mir mehr als einmal das Leben
gerettet. Nun will ich deins retten. Wenn du mich nicht
läßt…«
    Plötzlich brüllte Leo los wie ein waidwundes Tier vor
Angst und Schmerzen, und sein Schrei hallte schauerlich zwischen all
den schemenhaften Geräten aus Glas und Metall wider, die die
beiden umgaben. Er überschlug sich, und aus seiner Nase
schoß Blut. Das Gewehr flog davon.
    Himmel, er hat einen Herzanfall!
    David merkte, daß der Flug durch die Luft beide auf die
brodelnden Wannen unter ihnen zutrieb. Leo sah und hörte nichts,
überwältigt von den Schmerzen, die ihn zu zerreißen
drohten. Im Fallen gebärdete er sich wie verrückt und fuhr
sich mit der rechten Hand über Schultern und Brust.
    David gelang es, ihre ineinander verschlungenen Körper durch
eine ruckartige Bewegung in andere Bahnen zu lenken. Sie schlugen
hart auf dem Rand der Wanne auf, wobei David zwischen dem
heißen Stahl und Leos vor Schmerz zuckendem Körper
eingeklemmt wurde. Dann glitten sie ab und kamen auf den gekachelten
Fußboden zu liegen.
    Leo lag da, keuchend vor Schmerz, während sich jeder Muskel
in seinem Körper verkrampfte. David wand sich unter ihm hervor,
sein Rücken war verbrüht und steif.
    Er konnte das Klappern des Gewehres hören, das im fast
schwerelosen Raum zwischen den Geräten langsam abwärts
glitt. Er brauchte diese Waffe.
    Aber Leo lag im Sterben. Er wand sich am Boden, und aus seinem
Mund drang ein kaum hörbares, ersticktes Gurgeln.
    Das Gewehr kann ich mir später holen. David suchte und
fand mit Hilfe seines Kommunikators die nächste
Erste-Hilfe-Station, rannte an den finstern brodelnden Wannen
entlang, um die Anschlüsse zu trennen und kehrte dann im
Laufschritt zu Leo zurück.
    Der Kommunikator verband ihn mit dem medizinischen Notcomputer der
Plattform, und David legte schnell eine Sauerstoffmaske auf Leos
Gesicht, spritzte ihm die entsprechenden Medikamente in den Arm und
legte ihm dann Druckmanschetten an die Beine, um das Blut aus seinen
Extremitäten zu pumpen.
    »Es wird alles wieder gut«, murmelte David. »Du
kommst wieder auf die Beine.«
    »Verdammter… weißer Bastard«, keuchte
Leo.
    »Du verdammter närrischer Teerarsch«,
flüsterte David zurück. »All dies Töten… was
hat es dir gebracht?«
    »Es ist… unser Land, Mann.« Leos Stimme klang dumpf
durch die Sauerstoffmaske, aber David hatte sich tief genug über
das Gesicht des Schwarzen gebeugt, um ihn deutlich verstehen zu
können, während er weitere Spritzen direkt an seine Brust
setzte. » Unser Land… nicht allein das ihre. Aber sie
wollten uns unser Teil nicht geben. Wir wollten… nur…
was… uns gehört.«
    »Indem ihr alles in Stücke reißt? Das ist
sinnlos.«
    »Was weißt du schon davon… Blaßarsch?
Versuch’s einmal als Schwarzer… ein paar hundert Jahre
lang…«
    Seine Stimme erstarb, und er schloß die Augen. David aber
merkte es kaum, während er sich an Leos gewaltigem Körper
weiter zu schaffen machte.
     
    Bill Palmquist stand am Wohnzimmerfenster und blickte auf die
Felder hinaus, die sich in Reih und Glied ausbreiteten, soweit das
Auge reichte. Die bebaute Fläche begann gerade erst zu
grünen. Aber die Felder waren leer. Kein Mensch, keine Maschine
weit und breit.
    »Komm wieder ins Bett, Liebling«, ertönte Ruths
Stimme aus dem Schlafzimmer. »Du hast die ganze
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