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Die Klimaprioritaeten

Titel: Die Klimaprioritaeten
Autoren: Michael Streck
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Klimaschutz braucht darum Prioritäten, braucht den Blick für das Wesentliche. Drängt die Zeit, muss man sich auf das dringend Notwendige konzentrieren. Und das heißt: Kohle so schnell wie möglich so sauber wie möglich zu verbrennen, und die tropischen Wälder zu erhalten.
    Statt sich dafür einzusetzen, führen die Grünen und Umweltbewegten zum Teil klimapolitische Schaukämpfe. Gegen die Aufnahme von Waldschutz in den Emissionshandel. Gegen moderne Kohlekraftwerke, die zu den effizientesten der Welt gehören, als Exportschlager in China für saubere Luft sorgen und in Deutschland Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen. Gegen Tempo 180 auf der Autobahn, obwohl es kaum noch Raserstrecken gibt. Gegen den Luftverkehr (obwohl man zu
Klimakonferenzen
munter in Heerscharen im Flugzeug anrückt), der nur 2 Prozent der weltweiten Treibhausgase beisteuert und dessen Emissionen in Europa relativ einfach und rasch um 40 Prozent gesenkt werden könnten, wie der Economist vorrechnet, wenn man die Flughafenlogistik verbessert und den |15| zersplitterten europäischen Luftraum effizienter von einer zentralen Flugleitstelle regelt.
    Fliegen ist für Umweltbewegte überhaupt ganz schlimm. Kaum vorstellbar, dass die das richtig durchdacht haben. Stichwort: Wirtschaftszentrum Frankfurt oder München. Zehntausende Menschen arbeiten im/am/um den Flughafen. Stichwort: Airbus-Werke. Was für ein Gezeter, soll eine Tragfläche woanders geschraubt werden. Ganze Regionen hängen am Tropf von Klimasündern.
    Der Blick auf das Wesentliche wird auch durch den medialen Hype um den Klimawandel verstellt, durch »Klimatismus«, wie es die ZEIT nennt, und viel heiße Luft. Kein Wunder. Kaum ein Tag vergeht ohne Schreckensszenarien über schmelzende Gletscher, steigende Ozeanspiegel, aussterbende Arten, drohende Dürren, Konflikte ums Wasser und Weltuntergangsdramen wie »Rückkehr der Sintflut« im ZDF. Dennoch bleibt es für uns in Europa eine weitgehend ferne Gefahr. Okay, die Winter sind etwas wärmer, na und? Dazu schwankt die deutsche Klimadebatte zwischen hysterisch, düster, naiv und moralisierend. Semantisch dominieren Negativbegriffe: Klimakiller,
Klimakatastrophe
, Klimasünder, Klimaschock, Klimakollaps, Klimastreit, Klimasteuer. Die Süddeutsche Zeitung glaubt inzwischen, dass viele vom Gerede um den Klimawandel »nur noch genervt« seien. Eine »Klimamüdigkeit« konstatiert
Cambridge-Fachmann
Nick Butler.
    Da hilft es auch nichts, dass die neuen Klimaapostel wie Paul McCartney über lichtdurchflutete Bühnen turnen und uns für den Klimaschutz erwärmen wollen, Models ihre Haut für Eisbären vermarkten und die Bonos dieser Welt erst Afrika und dann das Weltklima retten wollen.
    Während sich Medien, Prominenz und Umweltbewegte kräftig ins Zeug legen, scheint die breite Öffentlichkeit bemerkenswert |16| unberührt. Mobilisierte das Waldsterben in den achtziger Jahren eine ganze Generation von Umweltaktivisten in Deutschland, treibt heute der Verkaufsstart des iPhone mehr Menschen auf die Straßen als alle ökologischen Krisen dieser Erde.
    Viele Unternehmen hingegen geben sich umweltbewegter als manche Bürgerinitiative. Buhmänner von einst in der Industrie wie Shell oder der Papierkonzern APRIL sind heute Hoffnungsträger für den Klimaschutz. Sicher, genug Firmen treten weiterhin auf die Bremse, etwa in der deutschen Autoindustrie und
Energiewirtschaft
. Letztere sollte sich ein Beispiel an den britischen Kollegen nehmen, vor allem was deren konstruktive Haltung zum Emissionshandel anbetrifft. Immer mehr Firmen weltweit bauen Klimaschutz in ihre Unternehmensstrategien ein. Wal-Mart hat alle seine Zulieferer aufgefordert, ihre CO2-Emissionen zu messen, um Energiefresser ausfindig zu machen. Drei Viertel der weltweit größten Unternehmen überwachen und berichten laut Financial Times bereits ihre Emissionen. Der Chor der Unternehmer wächst, die von ihren Regierungen energischeres Handeln fordern. David Hone, Klimaschutzberater bei Shell, verlangt definitive Emissionsziele mit klaren Zeitvorgaben. Bjorn Stigson, Präsident des einflussreichen World Business Council on Sustainable Development, will Emissionen langfristig und klar reguliert sehen. »Unsichere Rahmenbedingungen sind schädlich für Investitionen«, erklärt er. Die Klimaschutz-Milliarden sammeln sich oft schneller an, als sie ausgegeben werden können.
    »Grünes« Kapital ist längst der Renner an den internationalen Finanzmärkten. Investitionen in
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