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Die Kleptomanin

Die Kleptomanin

Titel: Die Kleptomanin
Autoren: Agatha Christie
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gehabt hätte, ihrem Angreifer in die Haare zu greifen. So sind sie, diese Mörder. Lassen sich hinreißen von ihrem Egoismus, der Bewunderung ihrer eigenen Schlauheit, und verlassen sich auf ihren Charme – denn er besitzt Charme, dieser Nigel – er hat den ganzen Charme eines verwöhnten Kindes, das nie erwachsen geworden ist, das nie erwachsen werden wird – und das nur eines sieht: sich selbst und seine Ziele.«
    »Aber warum, Monsieur Poirot? Warum Mord? Bei Celia Austin kann ich das vielleicht noch verstehen, aber warum Patricia Lane?«
    »Das«, sagte Poirot, »müssen wir noch herausfinden.«

Einundzwanzigstes Kapitel
     
    » S ie habe ich ja lange nicht gesehen«, sagte der alte Mr Endicott zu Hercule Poirot. Er sah sein Gegenüber interessiert an. »Nett von Ihnen, mal wieder vorbeizuschauen.«
    »Dies ist kein reiner Höflichkeitsbesuch«, sagte Hercule Poirot. »Ich habe nämlich eine Bitte.«
    »Nun, wie Sie wissen, bin ich tief in Ihrer Schuld. Sie haben diese hässliche Abernathy-Geschichte für mich aufgeklärt.«
    »Ich bin etwas überrascht, Sie überhaupt hier anzutreffen. Ich dachte, Sie seien schon im Ruhestand.«
    Der alte Anwalt lächelte grimmig. Seine Firma war alteingesessen und galt als äußerst respektabel. »Ich bin heute eigens hereingekommen, um einen meiner alten Klienten zu treffen. Die Angelegenheiten einiger meiner alten Freunde bearbeite ich noch immer persönlich.«
    »Und Sir Arthur Stanley war so ein alter Freund und Klient, nicht wahr?«
    »Ja. Wir haben seine gesamten rechtlichen Dinge für ihn erledigt, seit er ein junger Mann war. Ein ganz brillanter Mann, Poirot – mit einem ungewöhnlichen Verstand.«
    »Sein Tod wurde gestern in den Sechs-Uhr-Nachrichten bekannt gegeben, glaube ich.«
    »Ja. Die Beerdigung ist am Freitag. Er war schon längere Zeit sehr krank. Ein bösartiger Tumor, soweit ich weiß.«
    »Lady Stanley ist schon vor einigen Jahren verstorben?«
    »Vor zweieinhalb Jahren ungefähr.« Die wachen Augen unter den buschigen Augenbrauen sahen Poirot scharf an.
    »Woran ist sie gestorben?«
    Der Anwalt antwortete prompt: »Überdosis eines Schlafmittels. Medinal, soweit ich mich erinnere.«
    »Hat es eine gerichtliche Untersuchung gegeben?«
    »Ja. Das Urteil lautete, dass sie es versehentlich eingenommen hat.«
    »Und stimmt das?«
    Mr Endicott schwieg einen Moment. »Ich will Sie nicht beleidigen«, sagte er. »Ich gehe davon aus, dass Sie einen guten Grund zu dieser Frage haben. Medinal ist ein ziemlich gefährliches Medikament, soweit ich weiß, weil es nur eine geringe Spanne zwischen der wirksamen und der tödlichen Dosis gibt. Wenn der Patient schläfrig wird und vergisst, dass er das Mittel schon genommen hat, und er nimmt noch eine zweite Dosis – nun, dann kann das tödlich enden.«
    Poirot nickte. »Hat sie das getan?«
    »Vermutlich. Es gibt keinerlei Hinweise auf Selbstmord oder Neigung zum Selbstmord.«
    »Und keinerlei Hinweise auf – etwas anderes?«
    Wieder dieser wache Blick. »Ihr Mann hat bei der Untersuchung ausgesagt.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »Er hat klar gemacht, dass sie manchmal etwas durcheinander war, wenn sie abends das Mittel eingenommen hatte, so dass sie gelegentlich noch ein zweites Mal darum bat.«
    »Hat er gelogen?«
    »Wirklich, Poirot, was für eine unerhörte Frage. Wie können Sie auch nur für eine Minute glauben, dass ich das wissen könnte?«
    Poirot lächelte. Der stürmische Ausbruch konnte ihn nicht täuschen. »Ich nehme an, mein Freund, dass Sie das sehr wohl wissen. Aber ich will Sie jetzt nicht in Verlegenheit bringen und fragen, was Sie wissen. Stattdessen brauche ich Ihre Meinung. Die Meinung eines Mannes über einen anderen Mann. War Arthur Stanley die Art von Mann, die sich seiner Frau entledigen würde, um eine andere zu heiraten?«
    Mr Endicott fuhr zusammen, als sei er von einer Wespe gestochen worden. »Absurd«, sagte er ärgerlich. »Völlig absurd. Und es gab da auch keine andere Frau. Stanley war seiner Gattin absolut ergeben.«
    »Ja«, sagte Poirot. »Das habe ich mir gedacht. Und jetzt – jetzt komme ich zu dem eigentlichen Zweck meines Besuchs bei Ihnen. Ihre Anwaltskanzlei hat Arthur Stanleys Testament abgefasst. Sie sind vielleicht sogar der Testamentsvollstrecker?«
    »Ja.«
    »Arthur Stanley hatte einen Sohn. Der Sohn hatte sich mit ihm gestritten, als die Mutter gestorben war. Mit ihm gestritten und das Haus verlassen. Er ist sogar so weit gegangen, seinen Namen ändern zu
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