Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Klaue des Schlichters

Die Klaue des Schlichters

Titel: Die Klaue des Schlichters
Autoren: Gene Wolfe
Vom Netzwerk:
– der den Beglückten offenbar mißtraut, und gewiß nicht ohne guten Grund – umgeben die Throndiener, die als Verwalter und Berater in militärischen und zivilen Angelegenheiten wirken. Sie rekrutieren sich anscheinend aus dem gemeinen Volk, und es ist bemerkenswert, daß sie die genossene Bildung zu schätzen wissen. (Man vergleiche dazu Theclas verächtliche, abweisende Einstellung.) Severian selbst und die anderen Bewohner der Zitadelle mit Ausnahme von Ultan könnte man in diese Klasse einstufen.
    Die Ordensleute sind beinahe so rätselhaft wie der Gott, dem sie dienen, einem wohl hauptsächlich solaren Gott, aber nicht im Sinne Apollons. (Daß der Schlichter eine Klaue erhalten hat, legt die Assoziation vom Adler Jupiters mit der Sonne nahe; ein wohl vorschneller Vergleich.) Wie der römisch-katholische Klerus unserer Tage gehören sie offenbar verschiedenen Orden an, sind allerdings keiner gemeinsamen Obrigkeit unterstellt. Manchmal haben sie trotz ihres eindeutigen Monotheismus etwas Hinduistisches an sich. Die Pelerinen, die in den Manuskripten eine größere Rolle als alle anderen religiösen Gemeinschaften spielen, sind ohne Zweifel eine Schwesternschaft aus Priesterinnen, die (wie es für eine solche umherziehende Gruppe unter diesen Umständen und in einer solchen Zeit erforderlich ist) von bewaffneten Dienern begleitet werden.
    Die Cacogens schließlich stellen auf eine Art, die wir nur erahnen können, jenes fremde Element dar, das gerade aufgrund seiner Fremdartigkeit allumfassend in fast jeder uns bekannten Gesellschaft existiert. Ihr volkstümlicher Name verrät wohl, daß sie von der Allgemeinheit gefürchtet oder zumindest gehaßt werden. Ihre Anwesenheit beim Fest des Autarchen zeigt offenbar, daß sie (wenn vielleicht auch nicht ganz freiwillig) bei Hofe geduldet werden. Obschon die Bevölkerung zur Zeit von Severian sie als homogene Gruppe sieht, scheinen doch Unterschiede zu bestehen. In den Manuskripten vertreten die Sibylle und Vater Inire dieses Element.
    Die Anrede, die ich mit Sieur wiedergegeben habe, gebührt wohl nur den Höchstrangigen, wird aber in den unteren Bevölkerungsschichten gern mißbraucht. Gevatter steht sinngemäß für einen Hausherrn.
     
Geld, Maße und Zeit
     
    Es ist mir unmöglich, genaue Angaben zum Wert der Münzen im Original des Buchs der Neuen Sonne zu machen. Ohne Gewißheit zu haben, bezeichne ich ein Goldstück mit dem eingeprägten Profil eines Autarchen als Chrysos; auch wenn sich Gewicht und Reinheitsgrad gewiß etwas unterscheiden, sind sie wohl doch von annähernd gleichem Wert.
    Die sogar noch artenreicheren Silbermünzen dieser Zeit habe ich unter dem Begriff Asimi zusammengefaßt.
    Die großen Messingmünzen (das wohl verbreitetste Zahlungsmittel im gemeinen Volk, wie sich aus den Manuskripten schließen läßt) habe ich Orikalken genannt.
    Die unzähligen Geldstückchen aus Messing, Bronze und Kupfer (die nicht von der Zentralregierung, sondern nach Bedarf für den Umlauf in der Provinz von den örtlichen Archonen geprägt werden) habe ich Aes genannt. Für ein Aes bekommt man ein Ei; für ein Orikalkum kann man einen einfachen Arbeiter für einen Tag verdingen; für einen Asimi erhält man ein feines Gewand für einen Optimaten; für einen Chrysos kann man ein gutes Reittier kaufen.
    Man darf nicht vergessen, daß die Längenmaße nicht unbedingt mit den unsrigen vergleichbar sind. In diesem Buch ist eine Meile ungefähr fünf Kilometer – das übliche Längenmaß für die Entfernungen zwischen Städten oder innerhalb großer Städte wie Nessus.
    Die Spanne ist die Entfernung zwischen der Spitze des Daumens und des Zeigefingers der gespreizten Hand – etwa zwanzig Zentimeter. Eine Kette ist die Länge einer Meßkette mit 100 Gliedern, wobei jedes Glied eine Spanne mißt; etwa 200 Meter also.
    Der Schritt bezeichnet hier die Länge eines Schrittes, also einen knappen Meter.
    Das gebräuchlichste Maß ist die Entfernung vom Ellbogen zur längsten Fingerspitze (etwa 50 Zentimeter); diese habe ich Elle genannt. (Man wird feststellen, daß ich modernen, für alle verständlichen Wörtern bei der Übertragung der ursprünglichen Begriffe ins lateinische Alphabet stets den Vorzug gegeben habe.)
    Zeiteinheiten kommen in den Manuskripten nur selten vor; manchmal erkennt man intuitiv, daß der Zeitsinn des Verfassers und der Gesellschaft, in der er lebt, getrübt worden ist durch den Umgang mit Intelligenzen, die dem Einsteinschen Zeit-Paradoxon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher