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Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann

Titel: Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann
Autoren: James Barclay
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Arducius funkelte Gorian an, weil ihm die ständigen bissigen Kommentare auf die Nerven gingen. Mehr als dies hatte Gorian anscheinend nicht beizutragen. »Du weißt doch, wie schlimm es ihn getroffen hat.«
    »Hat es mich etwa nicht schlimm getroffen?« Gorian standen wieder die Tränen in den Augen. »Ich habe doch auch gesehen, wie er gestorben ist. Wir alle haben es gesehen. Jetzt ist er nicht mehr da, wir sind allein und verloren, wir müssen in ein fremdes Land fliehen und wissen nicht einmal, ob wir jemals wieder nach Hause dürfen. Wahrscheinlich nie. Was können wir tun, Ardu? Was sollen wir jetzt nur machen?«
    Bei all seinem Zorn war Gorian so furchtsam wie die anderen. Flehend blickten seine Augen, aber in ihnen lag auch der brütende Ausdruck, den Arducius nur zu gut kannte. Er würde Gorian nie wirklich verstehen. Immer wieder kam eine neue Seite an ihm zum Vorschein.
    »Wir können weiter forschen und lernen und unsere Fähigkeiten verbessern«, erwiderte Arducius. »Du weißt ja, was wir auf dem Forum getan haben, und das ist uns fast ohne Nachdenken gelungen. Es muss so viel mehr geben, zu dem wir fähig sind.« Er zuckte mit den Achseln. »Vielleicht können wir sogar das Schiff ein wenig antreiben, was?«
    »Was willst du damit sagen?«, fragte Gorian.
    »Ich will darauf hinaus, dass wir jetzt nicht aufhören können, denn sonst wäre der Vater umsonst gestorben. Das willst du doch nicht, oder?«
    Gorian schüttelte den Kopf. »Bestimmt nicht.«
    »Gut. Ich will das auch nicht. Also müssen wir versuchen, das Beste daraus zu machen. Wir müssen immer an ihn denken und alles so tun, wie er es gewollt hätte. Was sagst du dazu?«
    Gorian nickte. »Ich werde ihn nie vergessen. So wenig wie diejenige, die ihn getötet hat. Eines Tages werde ich sie erwischen. Ich werde sie büßen lassen, und ihr Gott wird sie nicht vor meinem Feuer retten können.«
    Arducius ließ die Schultern hängen. »Verschwende nicht deine Zeit damit, sie zu hassen«, sagte er. »Du wirst ihr niemals nahe genug kommen.«
    »Doch, das werde ich«, beharrte Gorian.
    »Was willst du denn damit beweisen? Dass du morden kannst wie sie?«
    »Nein«, erwiderte Gorian. »Dass sie hätte auf uns hören sollen, statt zu versuchen, uns zu töten. Dass ihre Zeit vorbei ist, und dass jetzt die Zeit der Aufgestiegenen beginnt. Dass wir die neue Macht in dieser Welt sind, und dass ihr Gott nicht mehr der Herr unserer Erde ist. Wir sind es.«
    Arducius riss die Augen weit auf, wusste aber nichts zu erwidern.
    Kovan hatte aufgehört, sein Schwert zu schärfen, und starrte Gorian an. Sogar Mirron hatte trotz ihres Elends aufgeschaut.
    »Gott hat dir deine Fähigkeiten geschenkt«, sagte Arducius schließlich. »Wir verrichten das Werk Gottes.«
    »Du kannst denken, was du willst«, erklärte Gorian. »Du kannst dich dein Leben lang hetzen lassen, wenn du willst, aber ich lasse mir das nicht gefallen. Der einzige Weg, sie aufzuhalten, besteht darin, ihnen zu zeigen, dass wir die Macht haben.«

 
3

    848. Zyklus Gottes, 30. Tag des Solasauf
    15. Jahr des wahren Aufstiegs
     
    D ie Frau schlug um sich und fauchte vor Wut. Drei Männer waren nötig, um sie festzuhalten, während Dahnishev sie untersuchte. Ihr Gesicht war schmutzig und so stark von der Sonne verbrannt, dass die Narben wohl niemals ganz verheilen ‚würden. Ihre Hände unter den zerfetzten Handschuhen waren zerkratzt, und als sie ihr den behelfsmäßig reparierten Brustharnisch abnahmen, kamen bunte Blutergüsse zum Vorschein, weil sich mindestens eine gebrochene Rippe in ihre Lunge gebohrt hatte.
    Die Späher, die auf sie gestoßen waren, hatten sie zunächst für tot gehalten. Ihr Pferd, dessen Verfassung kaum besser war, hatte ihren reglosen Körper angestupst. Doch dann hatte sie mit der Kraft einer Wahnsinnigen angegriffen. Die Späher hätten sie getötet, hätten sie nicht das estoreanische Wappen auf der Rüstung bemerkt. So hatten sie die Gefangene nur auf ihr Pferd gebunden und ins Lager gebracht, wo sie behandelt werden konnte.
    »Kannst du denn nichts tun, um sie zu beruhigen?«, fragte Roberto.
    Sie gab grässliche Laute von sich, riss immer wieder die Augen weit auf und starrte ihn und nur ihn an. Dann setzte das Geplapper ein. Unverständlich, aber mit einer Dringlichkeit, die ihn erschreckte.
    Dahnishev deutete auf den Becher, der neben ihm stand. »Ich habe hier einen Trank aus Alraunenwurzel, der sie schlafen lassen müsste, wenn ich nur genug über ihre Lippen
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