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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman
Autoren: Ken Follett
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vergessen.«
    »Neunundzwanzig Jahre lang keine einzige Pachterhöhung«, ergänzte Star.
    Priest fuhr fort: »Den Wald haben wir mit Hilfe von dreißig oder vierzig Jugendlichen gerodet, die damals bereit waren, zwölf bis vierzehn Stunden täglich ohne Bezahlung zu arbeiten. Richtige Idealisten waren das.«
    Paul Beale grinste. »Mir tut der Rücken heute noch weh, wenn ich nur daran denke.«
    »Unsere Reben bekamen wir ebenfalls umsonst – von einem freundlichen Winzer aus dem Napa Valley, der junge Leute zu konstruktiver Arbeit anspornen wollte. Sie sollten nicht den ganzen Tag nur herumsitzen und sich bekiffen.«
    »Der alte Raymond Delavalle«, sagte Paul. »Ist inzwischen längst tot, Gott hab ihn selig.«
    »Vor allem aber waren wir damals bereit, hart an der Armutsgrenze zu leben, und wir konnten es auch. Wir waren halb verhungert, pennten auf dem nackten Boden, die Schuhe waren voller Löcher … Fünf lange Jahre hat‘s gedauert, bis wir den ersten verkaufbaren Wein hatten.«
    Star nahm ein herumkrabbelndes Baby vom Boden auf, wischte ihm die Nase ab und sagte: »Außerdem hatten wir noch keine Kinder, um die wir uns hätten Sorgen machen müssen.«
    »Genau«, stimmte Priest zu. »Wenn sich all diese Voraussetzungen noch einmal wiederholen ließen, könnten wir noch mal von vorn anfangen.«
    Melanie gab sich noch nicht zufrieden. »Es muß doch irgendeinen Ausweg geben!«
    »Den gibt‘s auch«, sagte Priest. »Paul ist darauf gekommen.«
    Paul nickte. »Ihr könntet eine Firma gründen. Geht zur Bank, borgt euch eine Viertelmillion Dollar, stellt Arbeitskräfte ein und verwandelt euch in typische kapitalistische Geizhälse, die nur noch ihre Profite im Kopf haben.«
    »Das wäre die Kapitulation«, sagte Priest.
    Es war noch dunkel, als Priest und Star am frühen Samstagmorgen in Shiloh aufstanden. Priest holte Kaffee in dem kleinen Restaurant neben ihrem Motel. Als er zurückkam, studierte Star im Licht der Leselampe einen Autoatlas. »Du müßtest Mario so zwischen halb zehn und zehn am internationalen Flughafen von San Antonio absetzen können und danach über die Interstate 10 aus der Stadt raus«, sagte sie.
    Priest würdigte den Atlas keines Blickes. Karten verwirrten ihn nur. Er konnte sich an die Hinweisschilder zum Highway I-10 halten. »Wo treffen wir uns dann?« fragte er.
    Star rechnete nach. »Ich müßte ungefähr eine Stunde Vorsprung vor dir haben.« Sie legte ihren Finger auf einen bestimmten Punkt auf der Karte. »Etwa fünfzehn Meilen vom Flughafen entfernt liegt eine Nest namens Leon Springs. Ich parke so, daß du mich nicht übersehen kannst.«
    »Klingt gut.«
    Sie waren beide nervös und aufgeregt. Der Diebstahl des Lasters war nur der erste Schritt in ihrem Plan, wenngleich ein ganz entscheidender. Alles weitere hing davon ab.
    Star störte sich noch an ein paar praktischen Einzelheiten. »Was machen wir mit dem Honda?«
    Priest hatte den Wagen drei Wochen zuvor für tausend Dollar bar auf die Hand erworben. »Leicht verkäuflich ist der nicht mehr«, sagte er. »Bei einem Gebrauchtwagenhändler kriegen wir vielleicht noch fünfhundert dafür. Wenn nicht, lassen wir ihn einfach irgendwo abseits vom Highway im Wald stehen.« »Können wir uns das leisten?«
    »Geld macht dich arm.« Priest zitierte eines der Fünf Paradoxe des Gurus Baghram, nach dessen Regeln sie lebten.
    Priest wußte bis auf den letzten Cent genau, wieviel Geld ihnen zur Verfügung stand, doch behielt er sein Wissen für sich. Die meisten Kommunarden wußten nicht einmal, daß es ein Bankkonto gab. Und kein Mensch in der ganzen Welt ahnte etwas von Priests Notgroschen – zehntausend Dollar in Zwanzigern, mit
    Klebeband im Resonanzkörper einer ramponierten Akustikgitarre befestigt, die in Priests Hütte an einem Nagel hing.
    Star zuckte mit den Schultern. »Darüber hab‘ ich mir fünfundzwanzig Jahre lang keine Gedanken gemacht – da werd‘ ich nicht ausgerechnet jetzt damit anfangen.« Sie nahm ihre Lesebrille ab.
    Priest lächelte sie an. »Siehst richtig süß aus mit deiner Brille.«
    Star sah ihn von der Seite an und stellte eine Frage, die ihn überraschte: »Freust du dich schon auf Melanie?«
    Priest und Melanie waren Geliebte.
    Er ergriff Stars Hand. »Ja, natürlich«, sagte er.
    »Ich sehe dich gerne mit ihr zusammen. Sie macht dich glücklich.«
    Eine plötzliche Erinnerung an Melanie schoß Priest durch den Kopf: Sie lag auf dem Bauch in seinem Bett und schlief. Die Strahlen der tiefstehenden
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