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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant
Autoren: Jules Verne
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heizen, und bald sah man schwarze Rauchsäulen emporsteigen, um sich mit dem nächtlichen Nebel zu vermischen. Die Segel des Duncan hatte man in der leinenen Umhüllung, welche sie gegen den Kohlenschmutz verwahren sollten, sorgfältig befestigt, denn der wehende Südwest war der Fahrt nicht förderlich.
    Um zwei Uhr fing der Duncan an beim Sieden der Kessel zu zischen; das Manometer zeigte einen Druck von vier Atmosphären; der überflüssige Dampf zischte pfeifend durch die Klappen; die Fluth war auf ihrem Höhestand; man konnte schon im Tageslicht das Fahrwasser des Clyde zwischen den Baken und Biggings 4 erkennen, deren Leuchtfeuer beim Tagesgrauen allmälig erloschen. Alles war zur Abfahrt fertig.
    John Mangles meldete es Lord Glenarvan, der sogleich auf’s Verdeck kam.
    Alsbald wurde die Ebbe merklich; der Duncan pfiff mächtig in die Lüfte, lichtete die Anker und machte sich von den Schiffen der Umgebung los; die Schraubenwinde wurde in Bewegung gesetzt und brachte die Yacht in’s Fahrwasser des Flusses. John hatte sich keinen Lootsen genommen, und kein erfahrener Pilot hätte sein Schiff besser geführt. Er gab das Zeichen, und die Yacht setzte sich in Bewegung; schweigend und sicher, die Linke am Steuerruder, gab er mit der Rechten der Maschine seine Befehle. Bald sah man statt der letzten Hüttenwerke die hier und da auf den Hügeln längs des Flusses emporragenden Villen, und das Geräusch der Stadt verlor sich in der Entfernung.
     

    Eine Stunde nachher fuhr der Duncan bei den Felsen von Dumbarton vorüber; zwei Stunden später befand er sich im Golf des Clyde; um sechs Uhr früh umfuhr er das Vorgebirge von Cantyre, verließ den Nord-Canal und segelte auf dem offenen Ocean.
Fußnoten
    1 Chr. Columbus unternahm seine vierte Fahrt mit vier Schiffen. Das größte, die Kapitänscaravelle, worauf Columbus fuhr, hielt siebenzig Tonnen, das kleinste nur fünfzig. Es waren in der That nur Küstenfahrzeuge.
     
    2 So nennt man ein Instrument, das mittels Zeigern auf einem in Grade eingetheilten Kreis die Schnelligkeit des Fahrzeuges angiebt.
     
    3 17 Meilen oder Knoten. Da die Seemeile 1852 Meter enthält, so betragen 17 Meilen 8 franz. Meilen (lieues), von 4 Kilometer.
     
    4 Kleine Steinhügel zur Bezeichnung des Fahrwassers.
Sechstes Capitel.
Der Passagier der Cabine Nr. 6.
    Während dieses ersten Tages der Fahrt ging die See etwas hohl, und Abends erhob sich ein frischer Wind; der Duncan wurde stark geschüttelt; die Damen erschienen daher auch nicht auf dem Verdeck, sondern blieben in ihren Cabinen gelagert, und thaten wohl daran.
    Aber am folgenden Tage drehte sich der Wind ein wenig; der Kapitän John ließ das Focksegel, die Brigantine und das Marssegel aufziehen; so bekam der Duncan mehr Stütze gegen die Wogen und wurde weniger den Schwankungen auf die Seiten oder nach der Länge unterworfen. Lady Helena und Mary Grant konnten schon vom frühen Morgen an auf dem Verdeck erscheinen, um die Gesellschaft Glenarvan’s, des Majors und des Kapitäns zu theilen.. Der Sonnenaufgang war prachtvoll. Das Tagesgestirn erhob sich gleich einer von Ruolz vergoldeten Scheibe aus dem Ocean wie aus einem unermeßlichen voltaischen Bad empor. Der Duncan glitt in glänzender Bestrahlung dahin, und man konnte in Wahrheit sagen, daß seine Segel unter’m Beistand der Sonnenstrahlen gespannt wurden.
    Die Passagiere der Yacht waren in stille Betrachtung der Erscheinung des strahlenden Gestirns versunken.
    »Welch wunderbarer Anblick! sagte endlich Lady Helena. Das giebt einen schönen Tag. Wenn nur der Wind günstig bleibt, um den Lauf des Duncan zu fördern.
    – Einen besseren könnte man sich nicht wünschen, liebe Helena, erwiderte Lord Glenarvan, und wir haben uns nicht über diesen Anfang der Reise zu beklagen.
    – Wird die Ueberfahrt lange dauern, lieber Edward?
    – Die Antwort darauf hat Kapitän John zu geben. Fahren wir gut, John? Sind Sie mit Ihrem Schiff zufrieden?
    – Sehr wohl, Ew. Herrlichkeit, erwiderte John; es ist vortrefflich gebaut, und das fühlt ein Seemann gerne unter seinen Füßen. Nirgends findet man Rumpf und Maschine in besserem Verhältniß; auch sehen Sie, wie flach das Kielwasser der Yacht ist, und wie leicht sie über die Wogen gleitet. Wir fahren siebenzehn Meilen die Stunde. Wenn diese Schnelligkeit andauert, so werden wir binnen zehn Tagen die Linie passiren, und vor Ablauf von fünf Wochen werden wir das Cap Horn umfahren haben.
    – Sie hören, Mary, fuhr Lady Helena fort, vor
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