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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman
Autoren: Iny Lorentz
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Gigging, Benedikt Haselegner und die überlebenden Räuber hingerichtet wurden. Die Knechte des Henkers hatten Gigging, der nach seiner Verwundung nicht mehr auf die Beine gekommen war, stützen müssen, damit ihr Meister den Schlag mit dem Richtschwert hatte ausführen können. Haselegner und die anderen waren nebeneinander an einem langen Galgen aufgehängt worden. Seitdem hatte sie nur noch selten an diese Männer gedacht. Doktor Portikus war ihrem Gedächtnis fast ebenso entschwunden. Dieser war auf Befehl des Herzogs in strenge Klosterhaft genommen worden und im Jahr darauf gestorben. Pater Remigius lebte ebenfalls nicht mehr. Der Bischof von Freising hatte ihn zwar nicht an den Herzog ausgeliefert, sondern selbst in Haft genommen. Doch der Pater hatte sich so heftig zur Wehr gesetzt, dass er schwer verletzt worden und schließlich seinen Wunden erlegen war. Veva wunderte sich, weshalb sie ausgerechnet jetzt an diese Männer denken musste. Im Gegensatz zu dem Bäckergesellen, der heute geköpft werden sollte, hatten sie den Tod wahrlich verdient.
    Das Schreien der Masse und die Beschimpfungen, die dem Verurteilten zugerufen wurden, ließen sie aufschauen. Eben wurde der Bäckerknecht gebracht. Er sah ein wenig ungläubig aus, als könne er nicht fassen, wegen einiger Worte, die einem Priester nicht gefallen hatten, hingerichtet zu werden.
    Mit einem Mal spürte Veva, wie sich ihr Magen verknotete und ihr übel wurde. »Ernst, ich kann nicht mehr. Bring mich nach Hause«, flüsterte sie.
    Ihr Mann schwankte. Die Knechte des Herzogs und die Priesterschaft achteten streng darauf, dass alle Einwohner anwesend waren und zusahen, wie der Ketzer hingerichtet wurde. Dann aber fasste er Veva entschlossen unter und zog sie mit sich. Ein paar Leute murrten, als er sich zwischen ihnen hindurchzwängte, doch er setzte ein um Entschuldigung bittendes Lächeln auf. »Mein Weib geht schwanger und hat hier in der Menge Angst, einen Stoß abzubekommen. Ihre letzte Schwangerschaft war sehr schwierig, und ich habe Angst um sie. Wenn einer von euch die Hebamme Kreszenz sieht, soll er ihr sagen, dass Veva Leibert ihre Hilfe braucht!« Diese Erklärung reichte aus, um ihnen den Weg zu bahnen.
    Ein Priester, der neugierig näher gekommen war, wich beiseite, als er in Vevas bleiches Gesicht sah. »Ich glaube, ich habe die Hebamme eben gesehen und werde ihr mitteilen, dass sie zu euch kommen soll!«
    »Danke! Der Herrgott wird es Euch lohnen!« Ernst neigte den Kopf, als der Geistliche segnend das Kreuz schlug, und führte Veva aus der Menschenmenge.
    »Dem Himmel sei Dank!«, rief er, als die Richtstätte hinter ihnen zurückblieb.
    Veva schüttelte es. »In dieser Stadt will ich nicht länger bleiben!«
    Ernst nickte nachdenklich. »Ich auch nicht mehr. Unser Freund Christoph Langenmantel hat bereits Hilarius geholfen, das Augsburger Bürgerrecht zu erlangen. Sicher wird er uns ebenfalls darin unterstützten. Auch werde ich, sobald wir die halsabschneiderisch hohe Summe dafür aufbringen können, das Münchner Bürgerrecht aufgeben. Dann sind wir keine Untertanen dieses Herzogs mehr.«
    »Ich werde froh sein, denn München erdrückt mich. In Augsburg werden wir wieder frei atmen können. Wir wickeln den größeren Teil unseres Handels bereits dort ab und haben in der Freien Reichsstadt Freunde, die uns mit offenen Armen empfangen werden. Ja, Ernst, es wird schön sein, dort zu leben. Nun aber will ich nach Hause und mich hinlegen. Ich wünsche mir nur noch, dass wir früh genug abreisen, damit unser Sohn in Augsburg geboren wird.«
    »Über ein Schwesterchen würde Elisabeth sich wahrscheinlich mehr freuen.« Ernst lächelte, als er an seine Tochter dachte. Bald würde diese ein Geschwisterchen haben, und da Veva es so wollte, sollte es in Augsburg zur Welt kommen.
    Mit einem Mal dachte er an seinen Vater, der seine weiteren Enkelkinder wohl niemals sehen würde. Nachdem dessen Bäckerin zweimal mit einem totgeborenen Kind niedergekommen war, hatte ihr Mann sie eines Tages mit dem Hausknecht im Bett ertappt und beide vor Gericht gebracht. Doch noch während sie, am Schandpfahl gebunden, mit Ruten ausgepeitscht worden war, hatte die Frau Ernsts Vater verhöhnt und gerufen, dass sie, um zu gesunden Kindern zu kommen, einen kräftigeren Mann gebraucht hätte als ihn. Nun war auch Susanne Striegler samt ihrem Buhlen aus dem Herzogtum Bayern verbannt worden, und Eustachius Rickinger hauste allein in seinem Haus in der Schmalzgasse. Auch war
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