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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck
Autoren: Conny Walden
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akzeptieren und die Zölle zu zahlen, die Waldemar fordert. Aber ein Dauerzustand kann es nicht sein, dass wir zu Geiseln dieses Piraten werden, der nach Gutdünken unseren Warenstrom unterbrechen kann.«
    Wieder kamen zustimmende Worte aus der Menge der Anwesenden.
    »Ich kann den Worten meines Vorredners nur zustimmen«, sagte nun Moritz von Dören, woraufhin sich das Stimmengewirr wieder legte. »König Waldemar will uns offenbar spüren lassen, wozu er im Stande ist. Wahrscheinlich haben wir ihm schon viel zu lange tatenlos zugesehen. Allein, dass er sich ungestraft Schonen aneignen konnte, scheint ihn in einer Weise zu weiteren Schandtaten ermutigt zu haben, die wir auf Dauer nicht hinnehmen können. Aber vielleicht möchte sich unser Bürgermeister, den in unserem Kreis zu begrüßen ich die Ehre habe, näher zu diesem Thema äußern.«
    Moritz von Dören deutete auf Brun Warendorp. Der blassgesichtige, schmale Mann umfasste den Griff des kurzen Zierschwertes, wie es Männer aus dem Stand ehrbarer Händler immer häufiger an der Seite trugen, um sich damit den Rittern und Adeligen gleichzusetzen. Das Haar reichte ihm bis zum Kinn, die blassblauen Augen wirkten aufmerksam. Schon sein Vater Gottschalk und sein Großvater Bruno waren Ratsherren und zeitweilig Bürgermeister von Lübeck gewesen. »Jeder hier im Saal kann sicher sein, dass wir mit unseren diplomatischen Bemühungen nicht nachgelassen haben. Aber fest steht, dass wir allein nicht dafür gerüstet sind, gegen König Waldemar vorzugehen. Vom Kaiser können wir kaum Schutz erwarten, wobei unsere Emissäre auch hier versuchen, etwas in unserem Sinn zu bewegen.«
    »Man soll Waldemar Helsingborg und das Schonener Land wieder wegnehmen!«, rief einer der Kaufleute. Weder Moritz noch der Bürgermeister hatten erkennen können, wer das war. Aber das anschließend kurz aufbrandende Stimmengewirr ließ keinen Zweifel daran, dass dieser Sprecher die Stimmung der Anwesenden genau getroffen hatte.
    Moritz hob die Hände und bemühte sich darum, dass wieder Ruhe einkehrte, was nicht so einfach war. Zu aufgebracht waren die Mitglieder der Schonenfahrer-Bruderschaft. Für manchen von ihnen stand mittlerweile die Existenz auf dem Spiel.
    »Im Moment kann ich nur empfehlen, die geforderten Beträge für die Öresund-Durchfahrt zu bezahlen«, stellte Brun Warendorp unmissverständlich klar.
    »Und was ist mit der Kriegsflotte, die der Rat mit unseren Steuertalern ausrüstet?«, war der Rufer von eben noch einmal zu hören.
    »Wer spricht da?«, wollte Brun Warendorp wissen, und für einen kurzen Moment herrschte eine Stille, in der das Fallen einer Schneidernadel zu hören gewesen wäre. Dann bildete sich eine Gasse, und ein kleiner, beleibter Mann mit hoher Stirn und grauschwarzem Spitzbart trat hervor. Magnus Bredels vom Unterwerder, so lautete sein Name. Ein Mann, der als Koggenkapitän angefangen und sich inzwischen in den Kreis der lübischen Patrizier hochgearbeitet hatte, auch wenn man ihm hier eher mit Skepsis begegnete und es Gerüchte gab, sein schneller Aufstieg habe nicht allein mit erfolgreichen Geschäften zu tun. Es war von Betrug die Rede, aber auch von Hexerei. Allerdings war keiner dieser Vorwürfe je vor Gericht gekommen, was von manchen wiederum als Anzeichen unlauterer Machenschaften gewertet wurde. Schließlich waren einige Zeugen auf nie ganz geklärte Weise gerade rechtzeitig gestorben, um die Eröffnung eines Verfahrens zu verhindern.
    Magnus hatte schon oft das große Wort in der Versammlung der Schonenfahrer geführt, und einmal war er in einer Wahl um das Amt des Ältermanns sogar gegen Moritz angetreten – allerdings vergeblich. Seitdem er bei der Abstimmung eine deutliche Niederlage hatte einstecken müssen, waren seine Wortmeldungen merklich zurückgegangen. Moritz hatte trotzdem immer das Gefühl, dass Magnus klammheimlich daran arbeitete, ihn eines Tages doch noch als Ältermann abzulösen – auch wenn seine Chancen dafür schlecht standen, da er nicht aus einer der traditionsreichen Händlerfamilien kam, die schon seit den Zeiten von Heinrich dem Löwen hier angesiedelt waren.
    »Es bedarf für einen Magnus Bredels wohl keiner Vorstellung«, sagte der rundliche Mann nun, der zwar kleiner als Brun Warendorp und Moritz von Dören war, aber viel kräftiger wirkte. »Und ich wiederhole gerne meine Frage an den Bürgermeister: Was ist mit der Flotte, die mit unserem Geld ausgerüstet wird? Was mit den Seeleuten und Söldnern, um die in
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