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Die Katze im Taubenschlag

Die Katze im Taubenschlag

Titel: Die Katze im Taubenschlag
Autoren: Agatha Christie
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und wischte sich damit über sein großes gelbliches Gesicht. Er bemerkte, dass es sehr warm sei.
    »Sie sind doch hoffentlich nicht zu Fuß hergekommen?«, fragte Poirot, dem der bloße Gedanke daran den Schweiß aus allen Poren trieb. Er zwirbelte instinktiv seinen Schnurrbart, um sich zu vergewissern, dass die Spitzen nicht schlaff geworden waren.
    »Zu Fuß? O nein«, erwiderte Mr Robinson, ebenso entsetzt bei diesem Gedanken. »Ich bin natürlich in meinem Rolls gekommen. Die Staus werden täglich schlimmer…«
    Poirot nickte verständnisvoll. Dann entstand eine Pause – die Pause, die dem Hauptteil einer Unterhaltung oft vorausgeht.
    »Ich habe mit großem Interesse erfahren, dass Sie sich mit den Vorgängen in einer Mädchenschule beschäftigt haben… Es kommt einem ja so vieles zu Ohren, wissen Sie… Meadowbank ist eine der besten englischen Schulen«, stellte Mr Robinson fest.
    »Ja, Meadowbank ist eine sehr gute Schule.«
    »Ist oder war?«
    »Ich hoffe Ersteres.«
    »Das hoffe ich auch«, sagte Mr Robinson. »Allerdings mag es an einem seidenen Fädchen hängen. Nun, man wird sich die größte Mühe geben, die unvermeidliche Übergangsperiode zu erleichtern. Finanzielle Unterstützung, die geschickte Auswahl neuer Schülerinnen… ich werde alles tun, meinen Einfluss in den entsprechenden Kreisen geltend zu machen…«
    »Auch ich bin nicht ohne Einfluss«, erwiderte Poirot. »Wie Sie so richtig sagen, kann man leicht etwas nachhelfen, außerdem haben die meisten Menschen glücklicherweise kein sehr gutes Gedächtnis.«
    »Hoffentlich! Immerhin muss man zugeben, dass die Ereignisse selbst für Eltern mit starken Nerven eine Zumutung waren. Drei Morde – die Turnlehrerin, die Französischlehrerin und eine dritte Lehrerin.«
    »Das lässt sich leider nicht leugnen.«
    »Ich höre, dass die unglückselige Täterin von Jugend auf eine krankhafte Abneigung gegen Lehrerinnen gehabt hat«, sagte Mr Robinson. »Sie soll während ihrer eigenen Schulzeit sehr gelitten haben. Die Verteidigung wird sich das zu Nutze machen und einen Psychiater zuziehen. Man wird zu beweisen versuchen, dass sie vermindert zurechnungsfähig war…«
    »Das nehme ich auch an«, erwiderte Poirot. »Aber ich hoffe doch sehr, dass diese Behauptung keinen Glauben finden wird.«
    »Ich bin ganz Ihrer Meinung. Eine abgefeimte Mörderin. Natürlich wird die Verteidigung auch versuchen, ihre erfolgreiche Tätigkeit als Spionin während des Krieges in die Waagschale zu werfen, auch ihren starken Charakter, ihre Tüchtigkeit als Sekretärin – glauben Sie nicht auch?«
    »Durchaus möglich«, antwortete Poirot.
    »Sie soll trotz ihrer Jugend eine hervorragende Geheimagentin gewesen sein«, fuhr Mr Robinson fort. »Soviel ich weiß, hat sie für beide Seiten gearbeitet. Das war ihr métier, und sie hätte dabei bleiben sollen. Natürlich war die Versuchung sehr groß, etwas auf eigene Faust zu unternehmen, um einen großen Fisch zu fangen… einen sehr großen Fisch.«
    Poirot nickte.
    Mr Robinson beugte sich vor.
    »Wo sind sie, Monsieur Poirot?«
    »Wenn ich mich nicht irre, wissen Sie das bereits.«
    »Offen gestanden, ja. Was würden wir ohne die nützliche Einrichtung von Banken tun?«
    Poirot lächelte.
    »Ich glaube, wir brauchen kein Blatt vor den Mund zu nehmen, mein Freund. Was wollen Sie damit anfangen?«
    »Ich warte auf Vorschläge.«
    »Ich verstehe.«
    »Ich möchte sie natürlich dem rechtmäßigen Besitzer übergeben«, erklärte Poirot. »Aber es scheint nicht ganz einfach zu sein, ihn zu finden.«
    »Die Regierungen sind in einer schwierigen Lage«, sagte Mr Robinson. »So viel steht auf dem Spiel: Öl, Stahl, Uranium, Kobalt… Diplomatische Verwicklungen müssen unter allen Umständen vermieden werden. Die Angelegenheit muss taktvoll geregelt werden, damit man mit gutem Gewissen behaupten kann, dass die Regierung Ihrer Majestät keinerlei Informationen besitzt.«
    »Aber ich kann diesen Wertgegenstand nicht auf unabsehbare Zeit in meiner Bank lassen.«
    »Das versteht sich. Deshalb mache ich Ihnen den Vorschlag, ihn mir auszuhändigen.«
    »Und warum, wenn ich fragen darf?«
    »Das kann ich Ihnen genau erklären, Monsieur Poirot. Diese Juwelen – wir dürfen das Kind ja unter uns ruhig beim richtigen Namen nennen – waren zweifellos das Privateigentum des verstorbenen Prinzen Ali Yusuf.«
    »Das ist mir bekannt.«
    »Seine Hoheit hat sie seinem Privatpiloten, Bob Rawlinson, anvertraut. Er sollte versuchen, sie aus Ramat
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