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Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange
Autoren: Rick Riordan
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goldenen Thron in einer Glasvitrine anstarrte. Er stützte sich mit einer Hand an der Scheibe ab, als wäre ihm übel.
    »Merk dir, worüber wir gerade gesprochen haben«, befahl ich Carter.
    Ich stellte mich neben Walt. Im Strahler der Vitrine sah sein Gesicht so rotbraun aus wie die Hügel Ägyptens.
    »Was hast du?«, fragte ich.
    »Tutanchamun ist auf diesem Thron gestorben«, sagte er.
    Ich las die Beschriftung. Es wurde nicht erwähnt, dass Tutanchamun in dem Sessel gestorben war, doch Walt klang sehr überzeugt. Vielleicht konnte er den Familienfluch spüren. König Tut war Walts Uronkel aus grauer Vorzeit und dasselbe genetische Gift, das Tut mit neunzehn getötet hatte, floss nun durch Walts Blut und wurde immer tödlicher, je mehr er zauberte. Trotzdem weigerte sich Walt kürzerzutreten. Beim Anblick des Thrones seines Vorfahren muss es ihm vorgekommen sein, als läse er seinen eigenen Nachruf.
    »Wir finden ein Heilmittel«, versprach ich. »Sobald wir Apophis erledigt –«
    Als er mich ansah, versagte mir die Stimme. Wir wussten beide, dass es so gut wie aussichtslos war, Apophis zu besiegen. Selbst wenn es uns gelänge, gab es keine Garantie, dass Walt lange genug leben würde, um den Sieg zu feiern. Obwohl es einer von Walts guten Tagen war, sah ich in seinen Augen, wie sehr er litt.
    »Hey, ihr zwei«, rief Carter. »Wir sind so weit.«
    Der Raum hinter den Criosphingen war eine »Greatest Hits«-Sammlung des ägyptischen Jenseits. Ein lebensgroßer hölzerner Anubis starrte von seinem Sockel herunter. Auf einer Nachbildung der Waage der Gerechtigkeit saß ein goldener Pavian, mit dem Cheops sofort zu flirten begann. Es gab Masken von Pharaonen, Karten der Unterwelt und massenhaft Kanopenkrüge, in denen früher die inneren Organe der Mumien aufbewahrt wurden.
    Carter beachtete nichts davon, sondern versammelte uns vor einer langen Papyrusrolle in einer Vitrine an der hinteren Wand.
    »Auf die hast du es abgesehen?« JD runzelte die Stirn. » Das Buch zur Niederwerfung des Apophis? Dir ist aber klar, dass selbst die besten Zauber nicht viel gegen Apophis ausrichten können?«
    Carter zog ein Stück verbrannten Papyrus aus der Hosentasche. »Das ist alles, was wir aus Toronto retten konnten. Es war eine Abschrift desselben Texts.«
    JD nahm den Papyrusfetzen, der nicht größer war als eine Postkarte und so verkokelt, dass man nur ein paar Hieroglyphen erkennen konnte.
    »Die Niederwerfung des Apophis …«, las er. »Aber das ist eine der gängigsten magischen Schriftrollen. Von denen sind Hunderte erhalten geblieben.«
    »Nein.« Ich unterdrückte den Drang, einen Blick über die Schulter zu werfen – für den Fall, dass wir von irgendwelchen Riesenschlangen belauscht wurden. »Apophis ist hinter einer bestimmten Version her, und zwar von diesem Typen.«
    Ich tippte auf die Informationstafel neben der Vitrine. »Prinz Chaemwaset zugeschrieben«, las ich, »auch unter dem Namen Setne bekannt.«
    JD runzelte wieder die Stirn. »Das ist ein böser Name … einer der hinterhältigsten Magier, die es je gab.«
    »Das haben wir auch gehört«, sagte ich. »Und Apophis zerstört ausschließlich Setnes Version des Textes. Soweit wir wissen, existierten nur sechs Abschriften. Fünf davon hat Apophis bereits in Flammen aufgehen lassen. Dies hier ist das letzte Exemplar.«
    JD musterte skeptisch den verbrannten Papyrusfetzen in seiner Hand. »Wenn Apophis tatsächlich im Vollbesitz seiner Kräfte aus der Duat ausgebrochen ist, warum schert er sich um ein paar Schriftrollen? Kein Zauber kann ihn wirklich aufhalten. Warum hat er die Welt noch nicht zerstört?«
    Dieselbe Frage stellten wir uns auch schon seit Monaten.
    »Apophis fürchtet diese Schriftrolle«, behauptete ich in der Hoffnung, dass ich Recht hatte. »Sie enthält offenbar das Geheimnis, wie er besiegt werden kann. Bevor er über die Welt herfällt, scheint er sichergehen zu wollen, dass alle Abschriften vernichtet sind.«
    »Sadie, wir müssen uns beeilen«, sagte Carter. »Er kann jeden Moment angreifen.«
    Ich trat näher an die Vitrine mit der Schriftrolle heran. Sie war ungefähr zwei Meter lang und einen halben Meter breit und engreihig mit Hieroglyphen und farbigen Abbildungen bedeckt. Ich hatte massenhaft Schriftrollen dieser Art gesehen, die Methoden zur Niederwerfung des Apophis und Sprechgesänge enthielten. Damit sollte er davon abgehalten werden, den Sonnengott Re auf seiner nächtlichen Reise durch die Duat zu verschlingen. Die
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