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Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide

Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide

Titel: Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide
Autoren: Rick Riordan
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bezeichnen soll.
    Schließlich hatte mich Dad, als ich sechs war, quasi im Stich gelassen. Die Kette war meine einzige Verbindung zu ihm. An guten Tagen starrte ich sie an und dachte liebevoll an ihn. An schlechten Tagen (die wesentlich häufiger vorkamen) schleuderte ich sie durch den Raum, trampelte darauf herum und verwünschte ihn, weil er nicht da war. Das war so ’ne Art Therapie für mich. Am Ende legte ich die Kette aber immer wieder um.
    Jedenfalls wurde sie während der seltsamen Ereignisse im Museum immer heißer – und das bilde ich mir nicht ein. Ich hätte sie fast abgenommen, aber irgendwie kam es mir vor, als würde sie mich tatsächlich beschützen.
    Ich bring alles wieder in Ordnung, hatte Dads schuldbewusster Blick gesagt, den ich so gut an ihm kenne.
    Tja, das ging gewaltig in die Hose, Dad.
    Was hat er sich nur dabei gedacht? Am liebsten hätte ich es als schlechten Traum abgehakt: die leuchtenden Hieroglyphen, den Schlangenstab, den Sarg. So was passiert einfach nicht in echt. Aber so naiv war ich nicht. So etwas Furchteinflößendes wie das Gesicht des glutroten Mannes, als er sich zu uns umdrehte, konnte kein Traum sein. Bald, Junge , hatte er zu Carter gesagt, als hätte er vor, uns zu verfolgen. Beim bloßen Gedanken daran zitterten meine Hände. Auch über unseren Halt an Cleopatra’s Needle musste ich ständig nachdenken, wie Dad darauf bestanden hatte, sie zu sehen, als sammelte er Mut, für das, was er im British Museum vorhatte, und als hätte das etwas mit Mom zu tun gehabt.
    Mein Blick wanderte durchs Zimmer und blieb an meinem Tisch hängen.
    Nein , schoss es mir durch den Kopf. Auf keinen Fall .
    Trotzdem ging ich zum Schreibtisch und zog die Schublade auf. Ich schob ein paar alte Zeitschriften zur Seite, meinen Vorrat an Süßigkeiten, einen Stapel Mathehausaufgaben, den ich nie abgegeben hatte, und ein paar Bilder von mir und meinen Klassenkameradinnen Liz und Emma, als wir auf dem Camden Market alberne Hüte aufprobierten. Und dort ganz unten lag das Bild von Mom.
    Gramps und Gran haben stapelweise Bilder von ihr. Im Flurschrank haben sie sogar einen Schrein für ihre Tochter Ruby eingerichtet – mit Moms Kinderzeichnungen, dem Abschlusszeugnis, ihrem Foto von der Schlussfeier an der Universität, ihrem Lieblingsschmuck. Ganz schön krank. Niemals werde ich so werden und in der Vergangenheit leben. Schließlich erinnerte ich mich kaum noch an Mom und es war nicht zu ändern, dass sie tot war.
    Doch das eine Bild bewahrte ich auf. Es zeigt Mom und mich in unserem Haus in Los Angeles, kurz nach meiner Geburt. Sie steht auf dem Balkon, hinter ihr der Pazifik, und hält einen schrumpeligen, pummeligen Klumpen Baby, der sich eines Tages zu meiner Wenigkeit entwickeln würde. Als Baby war ich nicht besonders hübsch, aber Mom sah umwerfend aus, selbst in Shorts und zerlöchertem T-Shirt. Sie hatte tiefblaue Augen. Ihr blondes Haar war zusammengebunden, ihre Haut makellos. Ganz schön deprimierend, wenn ich sie mit mir vergleiche. Die Leute behaupten immer, ich sähe ihr ähnlich, aber ich krieg nicht mal den Pickel an meinem Kinn weg, geschweige denn sehe ich so erwachsen und schön aus.
    [Hör auf zu feixen, Carter.]
    Das Foto faszinierte mich, weil ich mich an unser gemeinsames Leben kaum erinnern konnte. Doch der Hauptgrund, warum ich das Foto aufgehoben hatte, war das Zeichen auf Moms T-Shirt: Es war eins dieser Lebenssymbole – ein Anch.

    Meine Mutter trug das Symbol des Lebens. Das ist so was von traurig. Allerdings lächelte sie in die Kamera, als kenne sie ein Geheimnis. Als grinsten mein Vater und sie über einen Insiderwitz.
    Da fiel mir etwas ein. Dieser stämmige Mann im Trenchcoat, der sich auf der anderen Straßenseite mit Dad gestritten hatte – er hatte von Per Anch gesprochen.
    Hatte er A nch , das Lebenszeichen, gemeint? Aber was war dann mit Per ? Er meinte es doch sicher nicht wie in per Anhalter .
    Ich hatte das schreckliche Gefühl, dass ich, wenn ich Per Anch als Hieroglyphe sehen würde, wüsste, was sie bedeutete.
    Ich legte Moms Bild auf den Tisch, dann nahm ich einen Stift und drehte eines meiner alten Hausaufgabenblätter um. Was wohl passieren würde, wenn ich die Worte Per Anch zu zeichnen versuchte?
    Würde ich einfach wissen, wie ich sie zeichnen musste?
    Gerade als ich den Stift auf dem Blatt ansetzte, öffnete sich meine Zimmertür. »Miss Kane?«
    Ich wirbelte herum, sprang auf und ließ den Bleistift fallen.
    In der Türöffnung stand der
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