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Die kalte Nacht des Hasses

Die kalte Nacht des Hasses

Titel: Die kalte Nacht des Hasses
Autoren: Linda Ladd
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kleines Ding, und ich hasse deinen dämlichen Baum, und ich hasse dein Haar, und ich wünschte, du wärst so hässlich wie ich.«
    Sissy erwachte nicht, sondern vergrub sich nur tiefer unter dem rot-grünen Patchwork-Quilt, den ihre Großmutter Violet ihr Weihnachten vor zwei Jahren mit der Hand genäht hatte, bevor sie einen Schlaganfall hatte und gestorben war. Strähnen von Sissys langem blonden Haar, das genau die Farbe der Sommersonne hatte, lagen ausgebreitet auf dem Kissen. Die ältere Schwester griff nach einer Locke und rieb das weiche Haar zwischen Daumen und Zeigefinger. Mama sagte, ihr eigenes Haar sei zu kraus und mausig, um hübsch auszusehen. Und es hatte auch noch nie jemand darum gebeten, es anfassen zu dürfen.
    Tief in ihrem Herzen, wo sie all ihre bösen Gedanken trug, schoss eine kontrolliert vor sich hin köchelnde altbekannte Wut hoch, schwarz und schnell und brutal. Sie packte eine Handvoll von Sissys blödem, sonnigen Haar und riss daran, so fest sie konnte. Sissy stieß einen Schrei aus und die ältere Schwester lächelte über den Schmerz ihrer Schwester, dann schlug sie ihre Decke beiseite und sprang aus dem Bett. Sie zog Sissys Quilt herunter. »Sissy, komm! Santa war da!«
    Sissy schoss im Bett hoch, sie zitterte und rieb sich den Kopf, wo die ältere Schwester an ihrem Haar gerissen hatte. Sie sah sich um, ihre großen porzellanblauen Augen waren noch verschlafen, ihr herzförmiges Gesichtchen verwirrt. Sie sah wunderschön aus, selbst direkt nach dem Aufwachen. Sie hatte letzte Nacht ihre neueste Glitzerkrone aufbehalten, die sie letzte Woche beim Wettbewerb um die Little Miss Snowflake gewonnen hatte, und jetzt suchte sie unter der Decke danach, bis sie sie fand, und setzte sie sich wieder auf den Kopf.
    »Sissy! Beeil dich, lass uns schauen, was er uns gebracht hat!«
    Sissy vergaß ihren neuesten Preis und sprang aus dem Bett. Der Hartholzboden war kalt unter ihren nackten Füßen, aber das fiel keiner von ihnen auf, sie schlüpften in ihre Vlies-bademäntel und die kuscheligen Disney-World-Hausschuhe und rannten in den Flur. Sie sprangen die schmale Dachtreppe hinunter in den ersten Stock, wo ihr dreijähriger Bruder bereits erwacht war. Seine Höschenwindeln waren höchstwahrscheinlich klatschnass, weil er nachts immer noch hineinpinkelte, aber das war der älteren Schwester egal. Sie hämmerte an die Tür ihrer Mama, bis Mama und ihr Stiefvater öffneten, sie schauten ebenfalls noch verschlafen, ihre Haare waren zerzaust, und sie trugen zueinander passende rot-blau karierte Bademäntel.
    Ihr Stiefvater hieß Russel und er ging seinen Sohn holen, aber die beiden aufgeregten kleinen Mädchen liefen schon nach unten. Sie blieben an der Kurve der Treppe stehen und schauten nach unten ins Wohnzimmer. Der große Weihnachtsbaum strahlte, er reichte mit seinen blinkenden, leuchtenden bunten Lichtern und dem großen weißen Seidenengel an der Spitze fast bis zur Decke. In seinem warmen Schein konnte die ältere Schwester das Spielzeug sehen, das Santa ihnen dagelassen hatte – zwei Puppen – neue Barbies, noch in den Schachteln! – und ein Fahrrad mit Stützrädern, einen Baseballschläger und -handschuh für Bubby, alles in einer Reihe auf dem braunen Sofa! Und da war es! Das Barbie-Traumhaus, das sie sich gewünscht hatte, seit sie es letzten Sommer bei Wal-Mart gesehen hatte – es stand zusammengebaut vor dem Kamin.
    Sie rannte den Rest der Treppe hinunter, Sissy dicht auf den Fersen, beide quietschten voller Freude. Aber bevor sie das ersehnte Puppenhaus erreichte, packte Mama sie am Arm und zerrte sie weg von den Schätzen, die im Wohnzimmer auf sie warteten, in den Flur. Sie konnte Sissy über die Barbies jubeln hören, und ihr Stiefvater lachte, als er Bubby nach unten trug. Sie wollte sich losreißen, um zu sehen, was die anderen taten, aber Mama hielt ihren Arm fest umklammert.
    »Jetzt hör mir gut zu.«
    Als sie Mamas barsches Flüstern vernahm, schaute die ältere Schwester auf, augenblicklich überkam sie eine kalte, harte Furcht. Sie kannte diesen Tonfall der Stimme nur zu gut, wenn Mama ein wenig verrückt klang und ihre Augen ganz schwarz und beängstigend wurden. So sprach sie nur, wenn der Stiefvater es nicht hören konnte.
    »Ich konnte dir dieses Jahr nichts besorgen, und ich will ja keine Widerworte deswegen hören. Du weißt ganz genau, dass dein billiger Vater mir keinen verdammten Cent für dich schickt, seit er davongelaufen ist und uns allein gelassen hat,
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