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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo
Autoren: Lion Feuchtwanger
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sollten, fand in einem kleinen Raume der Burg statt. Doña Leonor hatte gewünscht, dem Empfang beizuwohnen; auch sie war neugierig auf den Juden.
    Don Manrique war in Amtstracht; er trug, befestigt an goldener Halskette, das Zeichen des Familiars, des Geheimrats des Königs, die Brustplatte mit dem Wappen Kastiliens, den drei Türmen des »Burgenlandes«. Auch Doña Leonor war in Staat. Alfonso hingegen war häuslich angezogen, keineswegs so, wie es sich für einen Staatsakt ziemte; er trug eine Art Wams mit breiten, losen Ärmeln und bequeme Schuhe.
    Alle hatten erwartet, daß sich Ibrahim, wie es üblich war, im Angesicht der Majestät auf ein Knie niederlassen würde. Allein noch war er nicht Untertan des Königs, vielmehr ein großer Herr des moslemischen Weltreichs. Er trug denn auch die Kleidung des islamischen Spaniens und darüber den blauen, gefütterten Mantel des Würdenträgers, der mit freiem Geleite an den Hof eines christlichen Königs reist. Er begnügte sich, Doña Leonor, Don Alfonso und Don Manrique mit tiefer Verbeugung zu grüßen.
    Die Königin sprach als erste. »Friede sei mit dir, Ibrahim von Sevilla«, sagte sie arabisch. Die Gebildeten auch in den christlichen Königreichen der Halbinsel sprachen neben dem Lateinischen arabisch.
    Die Höflichkeit für den Gast hätte verlangt, daß auch Alfonso ihn arabisch anredete, und so hatte er’s vorgehabt. Aber die Arroganz des Mannes, der nicht niederkniete, bewog ihn, lateinisch zu sprechen. »Salve, Domine Ibrahim«, grüßte er brummig.
    Don Manrique legte in ein paar allgemeinen Sätzen dar, zu welchem Zwecke der Kaufmann Ibrahim kam. Doña Leonor mittlerweile, mit ruhigem, zeremoniösem Lächeln damenhaft vor sich hin schauend, musterte den Mann. Er war mittelgroß, doch ließen ihn die hohen Schuhe und die bei aller Lockerheit aufrechte Haltung groß erscheinen. Aus dem mattbräunlichen, von dem kurzen Vollbart umrahmten Gesicht schauten stille, mandelförmige Augen, wissend, etwas hochmütig. Lang und wohlgeschnitten fiel ihm von den Schultern der blaue Mantel des Geleites. Doña Leonor betrachtete neidisch den kostbaren Stoff; es war schwer, in der Christenheit solche Stoffe aufzutreiben. Aber wenn der Mann erst in ihren Diensten ist, wird er ihr vielleicht solchen Stoff beschaffen können, und auch gewisse, geradezu wundertätige Parfüms, von denen sie viel gehört hatte.
    Der König hatte sich auf ein Spannbett gesetzt, eine Art Sofa; da saß er, halb liegend, in betont lockerer Haltung. »Ich hoffe nur«, sagte er, nachdem Don Manrique zu Ende war,»du wirst die zwanzigtausend Goldmaravedí, die anzuzahlen du dich verpflichtest, auch zur Zeit aufbringen.« – »Zwanzigtausend Goldmaravedí sind viel Geld«, antwortete Ibrahim, »und fünf Monate sind wenig Zeit. Aber das Geld wird in fünf Monaten zur Stelle sein, Herr König – vorausgesetzt, daß die Vollmachten, die der Vertrag mir einräumt, nicht Pergament bleiben.« – »Deine Zweifel sind verständlich, Ibrahim von Sevilla«, sagte der König. »Es sind geradezu unerhörte Vollmachten, die du dir ausbedungen hast. Meine Herren haben mir erklärt, du willst deine Hand auf alles legen, was die Gnade Gottes mir beschert hat, auf meine Steuern, meine Staatsgelder, meine Zölle, auf meine Eisen- und Salzbergwerke. Du scheinst ein unersättlicher Mann, Ibrahim von Sevilla.« Der Kaufmann antwortete ruhig: »Ich bin schwer zu sättigen, weil ich dich zu sättigen habe, Herr König. Wer ausgehungert ist, das bist du. Ich zahle zunächst die zwanzigtausend Goldmaravedí. Wieviel von den Geldern, aus denen eine kleine Kommission mir gehört, hereinzubekommen ist, bleibt fragwürdig. Deine Granden und Ricoshombres sind schwierige, gewalttätige Herren. Verzeih es dem Kaufmann, Dame«, wandte er sich mit tiefer Verneigung an Doña Leonor, und nun sprach er arabisch, »wenn er in deiner mondhaften Gegenwart von so nüchternen, langweiligen Dingen redet.«
    Allein Don Alfonso bestand: »Ich hätte es angemessen gefunden, wenn du dich begnügt hättest, mein Alfakim zu sein, wie mein Jude Ibn Schoschan. Er war ein guter Jude, und ich bedaure seinen Hingang.« – »Es ehrt mich hoch, Herr König«, antwortete Ibrahim, »daß du mir die Nachfolge dieses klugen und erfolgreichen Mannes anvertraust. Allein wenn ich dir so dienen soll, wie es mein brennendes Verlangen ist, durfte ich mich mit den Vollmachten des edeln Ibn Schoschan – Allah bereite ihm alle Freuden des Paradieses – nicht
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