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Die Judas-Variante - V3

Die Judas-Variante - V3

Titel: Die Judas-Variante - V3
Autoren: Timothy Zahn
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schätzte er, und zwar ohne die Ausbildung, die der Mann außerdem noch brauchte.
Aber sie hatten noch mindestens fünf Monate, bevor die letzte Phase der Operation anlaufen

würde.
Also reichlich Zeit. »Es wird Sie sechs bis acht Monate Ihres Lebens kosten«, sagte er.

»Angesichts der Umstände ist das aber kaum der Rede wert.«
»Ach was«, sagte Judas mit dem zynischen Grinsen eines Mannes, der sich mit einem berufsmäßigen

Spieler auf eine Pokerpartie eingelassen hatte. »Und was genau hätte ich in diesen sechs bis acht

Monaten zu tun?«
»Eine Aufgabe, die nur Sie erledigen können«, sagte Galway. »Wir brauchen Sie als

Doppelgänger.«
»Wie, läuft denn irgendwo noch ein Zwillingsbruder von mir rum?«
»Sie haben sogar zwei Zwillingsbrüder«, stellte Galway richtig und beobachtete ihn

aufmerksam. »Vielleicht noch mehr. Sehen Sie, Herr Judas... Sie sind ein Klon.«
Dem anderen verging das Grinsen. »Das ist eine Lüge«, sagte er mit plötzlich belegter

Stimme.
Galway wusste, dass das die richtige Reaktion war. Aber sie war doch etwas zu schnell, etwas zu

geübt, etwas zu perfekt. Judas hatte bereits Kenntnis davon, wer und was er war. Und es gab nur

einen Ort, wo er die Wahrheit hätte erfahren können. »Ich befürchte, Ihre Freunde haben Sie

belogen«, sagte er. »Nicht ich.«
»Welche Freunde?«
»Ihre Kontakte im Widerstand«, sagte Galway leise. »Und zwar diejenigen, die Sie seit Ihrer

Kindheit auf einen Spezialauftrag vorbereitet und die Sie und das Projekt dann vor etwas über

zwei Jahren aus unerfindlichen Gründen plötzlich im Stich gelassen haben.«
Judas war gut, das musste man ihm lassen. Man merkte ihm den emotionalen Schock kaum an, unter

dem er gewiss stehen musste, als er hörte, wie ein Sicherheitspräfekt seelenruhig vermeintlich

geheime Sachverhalte aus seinem Lebenslauf zitierte. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie überhaupt

sprechen.«
»Natürlich nicht«, sagte Galway. »Das ist auch das zweite Angebot, das ich Ihnen mache: die

Chance, als Entschädigung für Ihre schäbige Behandlung einen Teil Ihrer wahren Identität

zurückzuerlangen. Interessiert?«
»Wieso machen Sie sich überhaupt die Mühe, mich das zu fragen?«, entgegnete Judas. »Fünfzehn Tage

Loyalitätskonditionierung, und ich würde sowieso nach Ihrer Pfeife tanzen.«
Galway zuckte die Achseln. In dieser Hinsicht hatte er sicher recht. »Das entspringt wohl meinen

persönlichen Moralvorstellungen«, sagte er. »Ich möchte, dass Sie in dieser Angelegenheit eine

gewisse Würde bewahren.«
»Eine falsche Würde.«
»Vielleicht«, sagte Galway. »Nur um das klarzustellen: Die Loyalitätskonditionierung würde doch

etwas länger dauern. Wenn wir nach den üblichen fünfzehn Tagen aufhörten, würden die Psychor-Barrieren, die Ihre Freunde vom Widerstand bei Ihnen installiert haben, nämlich

noch Lücken in der Konditionierung lassen. Trotzdem ein netter Versuch.«
Judas verzog das Gesicht. »Touche«, sagte er. »Habe ich noch Zeit, mich anzuziehen und mich von

meiner Frau und Tochter zu verabschieden?«
»Natürlich«, sagte Galway und deutete auf die Wendeltreppe, die in den ersten Stock führte. »Das

war der zweite Grund, weshalb ich Sie nicht einfach aus dem Bett gezerrt habe.«
Judas musterte für einen Moment Galways Gesicht.
Vielleicht fragte er sich, ob es wirklich möglich war, dass eine loyalitätskonditionierte

Marionette der Ryqril und der Kollaborationsregierung ein Gewissen hatte.
Galway hatte sich oft die gleiche Frage gestellt und fragte sich nun, zu welchem Schluss Judas

gelangen würde. »Vielen Dank«, sagte der andere und erhob sich. »Ich brauche eine

Viertelstunde.«
Er war schon nach zwölf Minuten reisefertig zurück. »Ich habe mir gar nicht erst die Mühe

gemacht, etwas einzupacken«, sagte er, als Galway ihn in die kalte Morgenluft expedierte. »Ich

nehme nicht an, dass ich meine persönlichen Gegenstände hätte behalten dürfen.«
»Ganz recht«, sagte Galway. Taakh hatte inzwischen zu Weissmann am Ende des Gartenwegs

aufgeschlossen, und Judas hielt kurz inne, als er das große Alien erblickte. Aber er fing sich

schnell wieder und ging weiter. Die beiden Sicherheitskräfte zu beiden Seiten der Tür folgten

ihnen. Sie hielten ihre Pfeilwaffen noch immer im Anschlag.
»Gibt's Probleme?«, fragte Weissmann, als die Gruppe ihn erreichte.
»Nein«, sagte Galway. »Sobald wir weg sind, können Sie die Sperre aufheben...«
Ohne
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