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Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)

Titel: Die Jahre am Weiher: Der zweite Fall für Winnie Heller und Hendrik Verhoeven (German Edition)
Autoren: Silvia Roth
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Hoffnung, die zersplitterte, als Verhoevens totenbleiches Gesicht wieder unter der Wohnzimmertür auftauchte.
    „ Sie gehen da nicht rein“, sagte er tonlos, und als sie protestieren wollte, nahm er sanft ihren Arm und zog sie hinter sich her, aus der Wohnung. Erst als sie wieder auf der Straße standen, ließ er sie los.
    „Rufen Sie die Gerichtsmedizin an.“ Er hustete trocken. „Und Lübke.“
    „Ist es Ann-Kathrin Jehninger?“, fragte sie, und trotz aller Bemühungen um Disziplin wollte ihre Stimme ihr kaum gehorchen.
    Er nickte nur.
    „Wer …“ Sie schluckte. „Jemand muss es den Eltern sagen.“
    Verhoevens Züge verhärteten sich unter ihrem Blick, und auf einmal war da wieder diese ungewohnte Entschlossenheit, die ihr bereits am Morgen aufgefallen war. „Das ist meine Aufgabe“, sagte er leise, aber mit äußerster Bestimmtheit. „Ich trage die Verantwortung.“
    Sie blickte ihm nach, als er langsam und müde auf seinen Wagen zuging, und sie überlegte, ob ihm jemals bewusst sein würde, dass dies der Tag war, an dem er aus dem Schatten seines Mentors Grovius herausgetreten war. Der Tag seines ganz persönlichen Erwachsenwerdens.
    „Wo ist er?“, fragte Sven Brüning hinter ihr.
    „Weg“, antwortete sie schlicht.
    „Zu den Eltern?“
    Sie nickte.
    „Scheiße.“
    „Ja“, sagte Winnie und wischte sich eine Träne der Frustration aus dem Augenwinkel. Doch da war auch noch etwas anderes, was sie fühlte. Eine neue Art von Anerkennung für ihren Vorgesetzten. Eine neue Art von Wärme.
    Sie schob sich an Brüning vorbei und zog ihr Handy aus der Tasche.
    Dr. Gutzkows Büro meldete sich im selben Augenblick, als um sie herum die ersten langersehnten Regentropfen auf den ausgedörrten Asphalt fielen.
     
     
     
     
    14
     
    „ So schlimm?“, fragte Lübke, als er sich zwei Stunden später das knisternde Einmal-Regencape vom Körper riss und es in einen der beiden Papierkörbe der improvisierten Einsatzzentrale entsorgte.
    „Noch schlimmer , fürchte ich“, entgegnete Winnie und reichte ihm einen Becher mit Kaffee über den Schreibtisch.
    Sie hatte mit Verhoeven telefoniert. Er war bei Ann-Kathrin Jehningers Eltern gewesen. Er hatte Brüning und seine Leute nach Hause geschickt und Vondanck verhört. Jetzt war er auf dem Weg hierher, und zum ersten Mal im Laufe ihrer nun fast einjährigen Zusammenarbeit wusste sie nicht, wie sie ihm begegnen, was sie ihm sagen, ob sie überhaupt etwas sagen sollte. Das irritierte sie.
    „Warum hat dieser Scheißkerl das andere Mädchen gehen lassen?“ Lübkes schütteres Haar triefte. Draußen vor dem Fenster tobte noch immer das reinste Unwetter.
    „Du meinst Corinna Schilling?“
    Er nickte.
    „Er sagt, er habe festgestellt, dass sie doch nicht so gut zusammengepasst hätten, wie er erwartet hatte.“ Sie verzog angewidert das Gesicht. „Wörtlich sagte er, dass Corinna ihm ein wenig zu abgebrüht vorgekommen sei.“
    „Abgebrüht?“ Lübke schüttelte den Kopf. „Ein vierjähriges Kind?“
    „Dieser Kerl ist ein durch und durch krankes Arschloch.“ Sie schleuderte ihren Stift quer über den Tisch. „Weiß der Teufel, was Typen wie er sehen oder zu sehen glauben.“
    Lübke zog eine Packung Zigarillos aus der Jackentasche, und am liebsten hätte sie ihm gesagt, er solle vorsichtiger sein mit sich und seiner Gesundheit. „Ich habe von einem Fall gehört, in dem ein pädophiler Triebtäter ausschließlich Kinder tötete, die sich vollkommen passiv verhielten“, brummte er, nachdem er das Zigarillo entzündet hatte. „Sobald einer der Jungen etwas sagte oder auch nur weinte, ließ er ihn wieder laufen und suchte sich ein anderes Kind.“
    „ Eine sprach- und willenlose Puppe“, sagte Winnie Heller schaudernd.
    Lübke sah sie an. „Und du? Kommst du klar?“
    „Mit dem Fall?“
    „Mit allem.“
    Automatisch sah sie nach ihrem Verband, den sie völlig vergessen hatte. Sie merkte, dass Lübke ihrem Blick gefolgt war, und nickte. Zu mehr reichte es im Augenblick nicht …
    Er betrachtete sie eine Weile prüfend, und wie bereits vor ein paar Tagen im Wald kam es ihr vor, als läge eine Spur von Argwohn darin. Aber er sagte nichts, wofür sie ihm unendlich dankbar war. Stattdessen griff er in seinen Einsatzkoffer und streckte ihr eine Beweistüte entgegen, die augenscheinlich eine flache Blechschachtel enthielt. „Wie gut, dass der alte Onkel Lübke hier noch etwas hat, das dich freuen wird“, knurrte er, indem er seine völlig durchnässten
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