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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen
Autoren: Torsten Fink
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Marguerite.
    »Schade, daß sie seine Glatze nicht verdecken«, entgegnete Damienne trocken.
    Sie hatte offenbar nicht leise genug gesprochen, denn der Haushofmeister warf ihr einen eisigen Blick zu. Marguerite kicherte.
    »Wenn Euer Gnaden und die Seinen mir bitte folgen wollen«, sagte de Guisbert und schritt voran.
    Marguerite bemerkte sofort, daß an diesem Hof alles gut organisiert war. Der Haushofmeister mußte keinen einzigen Befehl aussprechen, und doch kümmerten sich einige Diener eifrig um ihr Gepäck, während andere den steif gefrorenen Reitern aus ihren Sätteln halfen. Auf Château de Roberval war das leider etwas anders. Keiner ihrer Bediensteten tat einen Handschlag, wenn man es ihm nicht ausdrücklich befahl. Marguerite nahm sich vor, daß an ihrem zukünftigen Königshof, pardon: Vizekönigshof, in der Neuen Welt alles ebenso wunderbar funktionieren sollte. Dann folgte sie dem Haushofmeister.
    Die ersten Säle waren prachtvoll ausgestattet, so wie es sich nach Marguerites Empfinden für ein Schloß gehörte, aber dann bog der Haushofmeister ab und führte sie durch einen langen Gang in einen Nebentrakt. Hier steckte man offensichtlich noch mitten in der Arbeit. Gerüste standen an den Wänden und Maler packten soeben ihr Handwerkszeug zusammen, um Feierabend zu machen. De Guisbert entschuldigte sich wortreich für die Arbeiten, führte sie aber entgegen Damiennes recht laut geäußerter Vermutung, sie müßten vielleicht auf einem Baugerüst schlafen, schließlich zu Zimmern, die in der Tat prachtvoll eingerichtet waren. Man hatte zwei Zimmer für sie vorbereitet: eines für den Onkel, eines für Marguerite und Damienne. Sie lagen im ersten Stock, mit Blick auf den See und den Wald. Die Decken waren hoch, die Betten weich und riesig, und dunkle Wandbehänge mit Jagdszenen und kostbare Teppiche gaben den Räumen ein aristokratisches Flair.
    »Königlich«, urteilte Marguerite.
    »Zugig«, maulte Damienne.
    »Jetzt hör auf, wir beide werden so bald nicht wieder in einem Königsschloß übernachten.«
    »Es riecht nach Farbe«, sagte Damienne.
    »Ich bin sicher, wenn du fragst, dann haben sie auch noch ein Plätzchen unten bei den Dienstboten in der Küche für dich, vielleicht auch im Stall.«
    »Ach, laß mal gut sein. Zur Not ist das hier schon in Ordnung«, entgegnete Damienne.
    Dann strömten die Dienstboten mit dem Gepäck herbei, und die beiden hatten alle Hände voll zu tun, alles zu verteilen. Irgendwann schaute de Roberval herein: »Die Damen sind zu ihrer Zufriedenheit untergebracht, hoffe ich?«
    »Aber ja, Monsieur, es ist herrlich!«
    »Wenn euch etwas fehlt - die Diener werden es besorgen. Leider kann ich nicht mit euch zu Abend speisen. Ich muß in den königlichen Rat, es gibt noch viel zu besprechen.«
    »Ich werde sicher die ganze Nacht kein Auge zutun«, seufzte Marguerite, als der Onkel gegangen war. »Morgen sehe ich schließlich den König!«
    »Und der König wird dich möglicherweise auch sehen - dann solltest du frisch und ausgeruht sein. Also: Direkt nach dem Abendessen geht es husch, husch ins Bett!«
    »Ich kann doch sowieso nicht schlafen«, protestierte Marguerite.
    »Wir werden sehen«, lächelte Damienne.
    Sie sollte recht behalten. Die lange Fahrt an der frischen Winterluft hatte Marguerite stärker ermüdet, als sie gedacht hatte, und früh, viel früher, als sie wollte, schlief sie ein.
    Der königliche Thronsaal von Fontainebleau füllte sich allmählich mit Menschen. De Guisbert hatte Marguerite und Damienne abgeholt und sie durch lange Flure voller fleißig malender und hämmernder Handwerker in den Saal geführt. Jetzt standen sie etwas verloren unter all den prachtvoll gekleideten Menschen. Marguerite hatte noch nie einen so beeindruckenden Saal gesehen - so viel goldene Ornamente, kostbare Schnitzereien, unbezahlbare Gobelins - es war eine einzige Pracht.
    »Mach den Mund zu«, raunte ihr Damienne zu und stieß sie freundschaftlich mit dem Ellenbogen in die Seite. »In diesem Schloß zieht es auch so schon genug.«
    »Aber das alles hier ist so . so .« Marguerite suchte das passende Wort: »Kostbar!«, flüsterte sie.
    »Wenn du mich fragst, hat man hier einfach nur einen riesigen Haufen Geld verschwendet«, erwiderte Damienne mit einem Kopfschütteln.
    »Ich frag dich aber nicht«, gab Marguerite verärgert zurück. Sie wollte sich von ihrer Begleiterin nicht den Tag verderben lassen.
    Sie trug ein neues, lindgrünes Kleid, das ein Vermögen gekostet haben
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