Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hure Babylon

Die Hure Babylon

Titel: Die Hure Babylon
Autoren: Ulf Schiewe
Vom Netzwerk:
Männer reihten sich hinter ihnen ein, um die letzte Strecke in Angriff zu nehmen.
    Arnaut lebte seit Jahren im fernen Narbona. Seitdem schien sich auf dem Lande einiges verändert zu haben. Oder hatte er es nur vorher nicht bemerkt? Schon immer hatten Kastellane und Gutsherren über die Händler geklagt, die einen angeblich übers Ohr hauten, wenn sie kamen, um Wein, Schafswolle und Oliven anzukaufen. Aber in letzter Zeit schienen sie sich mehr über den Hochmut der Äbte und Kirchenfürsten aufzuregen. Und man hörte von frommen Männern, die barfuß und in Sacktuch gingen und das Volk beunruhigten. Rom sei die Kirche des Satans, verkündeten sie, man müsse sich von ihr lossagen. Und dennoch, wenn wie überall über den päpstlichen Aufruf zum Zug ins Heilige Land geredet wurde, waren die meisten dafür. Wie war das in Einklang zu bringen?
    Die Männer mühten sich durch dichtes Gestrüpp und um einen mächtigen Felsvorsprung herum. Den Himmel konnte man kaum sehen, so hoch und dicht stand das Gesträuch. Ein frischer Fußabdruck fand sich an einer weichen Stelle, niedergetretenes Kraut und ein geknickter Zweig an einer anderen. Ein Stück weiter, auf einem moosbewachsenen Stein, entdeckten die Hunde eine weitere Blutspur. Hier musste er gesessen haben, um sich auszuruhen. Die Hunde wurden immer unruhiger und waren kaum zu halten, so sehr zerrten sie an den Leinen.
    »Haltet die Kläffer still«, befahl Raol. »Weit kann er nicht sein.«
    Plötzlich endete das Gestrüpp, und sie standen vor einer gewaltigen, zerklüfteten Felswand. Zwischen grauweißen, schräg übereinanderliegenden Gesteinsschichten hatten Wind und Wasser tiefe Furchen und Spalten gegraben. Dunkle Löcher ließen sich erkennen, halb überwuchert von Krüppelkiefern und zähen Sträuchern. Darauf steuerten die Hunde zu. Die Männer folgten vorsichtig, kletterten über Felsplatten und Geröll. Als sie nahe genug herangekommen waren, hob Gustau die Hand, und sie blieben stehen. Die Kriegsknechte zogen ihre Schwerter.
    »Loris«, rief der Kräftigere von ihnen. Er hatte eine rauhe Bassstimme. »Besser, du kommst jetzt raus.«
    Arnaut sah auf, als eine Krähe lärmend davonstob. Die Hunde achteten nicht auf den Vogel, sondern starrten mit erhobenen Köpfen und zitternden Flanken unentwegt auf die Felsspalte und fiepten dabei vor Erregung.
    Doch es rührte sich nichts.
    Der Wachmann legte die Hände wie einen Trichter um den Mund. »Loris!«, brüllte er so laut, dass es von den Felsen widerhallte. »Wir wissen, dass du hier bist.«
    Darauf schlugen auch die Hunde wieder an, bis sie von ihren Führern beruhigt wurden.
    Sie warteten. Nicht einmal ein Lufthauch war zu spüren. Arnaut fragte sich allmählich, ob sie überhaupt auf der richtigen Fährte gewesen waren. »Vielleicht sind wir einem Fuchs nachgelaufen«, sagte er halb im Scherz.
    Gustau schüttelte den Kopf. »Er ist hier«, raunte er.
    »Loris! Komm endlich raus, sonst müssen wir dich holen«, brüllte der Wachmann.
    Da tönte eine Stimme aus der Tiefe der Spalte.
    »Der Erste, der sich nähert, kriegt meinen Speer in den Wanst.«
    »Hast du damit den Söldner umgebracht?«
    »Was geht dich das an, Simon? Ich erkenne dich an deiner versoffenen Stimme. Komm nur her. Ich stech dich ab.«
    »Mach keine Umstände,
ome!
«, rief der Wachmann. »Du bist verwundet.«
    »Nur ein Kratzer.«
    »Sieben gegen einen. Wir packen dich, gleich wie.«
    »Mich kriegt ihr nur tot. Lebendig komme ich nicht mit.«
    Raol und Arnaut tauschten einen Blick aus.
    Nun trat Gustau ein paar Schritte vor. »Loris«, sagte er ruhig, aber gut hörbar. »Du hast genug Unsinn angestellt. Willst du noch jemanden umbringen?«
    »Soll ich mich etwa vom Kastellan hängen lassen?«
    »Ob du hängst, wird sich zeigen«, mischte Raol sich ein. »Leg den Speer weg und komm raus.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann legen wir Feuer und räuchern dich aus.«
    Nun war es wieder eine Weile still, während Loris dies bedachte.
    »Ich will nicht am Galgen hängen«, rief er dann.
    »Hättest du dir früher überlegen sollen«, sagte Raol. »Aber noch sind wir nicht so weit. Erst will ich die Sache untersuchen.«
    Doch Loris schien den Worten nicht zu trauen. »Wer kümmert sich um meine Kinder, wenn Ihr mich hängt,
Castelan?
«
    »Du weißt, ich lasse keine Kinder hungern.«
    »Und mein Weib? Sie ist ein gutes Weib.«
    Plötzlich hörten sie ihn schluchzen.
    »Ich weiß das«, sagte Raol fast sanft. »Nun sei vernünftig, Mann.«
    Lange war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher