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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone
Autoren: Elizabeth Chadwick
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kratzte. Seine stämmige Gestalt wies einen leichten Bauchansatz auf, aber sonst war sein Körper muskulös und wohlproportioniert. Er räkelte sich und gab ein Geräusch von sich, das an einen zufriedenen Löwen erinnerte. Unsere Vereinigung hat zumindest seine innere Anspannung gelöst, dachte sie, auch wenn keine andere Frucht daraus her vorgeht. Sein sexueller Appetit war nahezu unstillbar, und wenn er nicht in ihr Bett kam, vergnügte er sich regelmäßig mit anderen Frauen.
    Aus der Karaffe, die auf einer bemalten Truhe unter dem Fenster stand, schenkte er sich einen Becher Wein ein und griff im Vorbeigehen nach seinem Umhang und warf ihn sich um die Schultern. Silberne und blaue Eichhörnchenfelle schimmerten im Kerzenschein. Adeliza setzte sich auf, schlang die Arme um die Knie und faltete die Hände. Das Brennen zwischen ihren Schenkeln ebbte zu einem dumpfen Pochen ab. Er bot ihr einen Schluck aus dem Becher an, und sie nippte vorsichtig daran.
    »Matilda wird bald eintreffen«, sagte er. »Brian FitzCount wird ihr morgen auf der Straße entgegenreiten.«
    Adeliza sah ihm an, dass er in Gedanken wieder an seinem politischen Netz wob.
    »Es ist alles bereit für sie«, erwiderte sie. »Die Diener lassen in ihrer Kammer ein helles Feuer brennen, damit es angenehm warm wird und die Feuchtigkeit verfliegt. Ich habe Anweisung gegeben, Weihrauch zu verbrennen und Schalen mit Rosenblütenblättern aufzustellen, um einen süßen Duft im Zimmer zu verbreiten. Heute Nachmittag sind neue Wandbehänge aufgehängt worden, die Möbel stehen schon an ihrem Platz, und ich …«
    Henry hob eine Hand, um ihr das Wort abzuschneiden.
    »Ich bin sicher, dass es an der Einrichtung der Kammer nicht das Geringste auszusetzen gibt.«
    Adeliza errötete und senkte betreten den Kopf.
    »Ich denke, ihr werdet euch gut verstehen, ihr seid ja fast gleichaltrig.« Henry bedachte sie mit einem etwas herablassenden Lächeln.
    »Es wird mir seltsam vorkommen, sie ›Tochter‹ zu nennen, wo sie doch kaum ein Jahr älter ist als ich.«
    »Ich zweifle nicht daran, dass ihr euch schnell anfreundet.« Er lächelte immer noch, aber Adeliza merkte ihm an, dass seine Aufmerksamkeit anderen Dingen galt. Gespräche mit Henry bestanden nie aus belanglosem Klatsch, sondern verfolgten stets einen bestimmten Zweck. »Ich möchte, dass du ihr Vertrauen gewinnst. Sie war lange im Ausland, und ich muss über ihre Zukunft nachdenken. Manche Themen mögen sich ja für eine Ratsversammlung oder eine Unterhaltung zwischen Vater und Tochter eignen, aber anderes lässt sich besser von Frau zu Frau besprechen.« Er strich ihr mit einer kräftigen, schwieligen Hand über das Gesicht. »Du verfügst über großes Geschick im Umgang mit Menschen, sie öffnen sich dir sehr leicht.«
    Adeliza runzelte die Stirn.
    »Ich soll sie also aushorchen?«
    »Ich will wissen, was in ihr vorgeht. In den letzten fünfzehn Jahren habe ich sie ein einziges Mal gesehen, und das auch nur für wenige Tage. Ihre Briefe halten mich zwar über Neuigkeiten auf dem Laufenden, aber sie sind in der Sprache der Schreiber verfasst, und ich möchte etwas über ihren wahren Charakter in Erfahrung bringen.« Ein hartes Glitzern trat in seine Augen. »Ich muss wissen, ob sie stark genug ist.«
    »Stark genug wofür?«
    »Für das, was ich mit ihr im Sinn habe.« Er wandte sich ab und begann, in der Kammer umherzugehen. Dann nahm er eine Schriftrolle, legte sie wieder weg, um mit einem juwelenbesetzten Stab herumzuspielen. Adeliza, die ihn beobachtete, musste an die Jongleure denken, die er zur Unterhaltung seiner Höflinge anheuerte und die ihre Bälle mühelos durch die Luft wirbelten. Sie wussten immer genau, wo welcher Ball war, während sie behände einen weiteren in die Höhe schleuderten und einen anderen verschwinden ließen, wenn sie ihn nicht mehr benötigten. In Ermangelung eines legitimen Sohnes musste er nach einem anderen möglichen Nachfolger Ausschau halten. Er bereitete seinen Neffen Stephen auf diese Rolle vor, aber nun, wo Matilda verwitwet war und es ihr freistand, nach Hause zu kommen und eine neue Ehe einzugehen, hatte sich das Blatt wieder gewendet. Die Überlegung, Matilda als Erbin Englands und der Normandie einzusetzen, übertraf an Kühnheit alles bisher Dagewesene – angesichts der Vorstellung, sich einer Frau unterwerfen zu müssen, würden sich auch die liberalsten seiner Barone an ihrem Wein verschlucken. Adelizas Brauen zogen sich zusammen. Ihr Mann beschritt oft
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