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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow
Autoren: Willibald Alexis
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Kurfürst aufbrausen, gewiß, daß er an Otterstädts Frevelthat mahnen werde. Aber Joachim ließ ihn ruhig ausreden, und ruhig, fast lächelnd, hat er geantwortet:
    »Ihr irrt, Herr Graf von Giech; sagt meinem theuren Ohm, ich habe kein adlig Blut vergossen. Die ich dem Henker überliefert, waren Schelme, Straßenräuber und Mörder. 1 Den Adel achte ich so hoch, als nur ein Fürst, sagt das meinem erlauchten Ohm; meldet ihm aber auch, daß ich in den Jahren, seit er mich nicht sah, gewachsen bin. Ich ward so groß, daß ich jetzt allein gehen kann, und mich auf Niemand mehr zu stützen brauche. Die Fürsten beklage ich, die so schwach vor ihrem Volke sich fühlen, daß sie den Adel als Krücken benutzen. Im Uebrigen, was Rechtens ist, so meldet ihm auch, daß ich in meinen Feierstunden nicht umsonst in rechtsgelehrten Büchern lese. Ich fand daraus, daß das Recht in den Marken ein anderes ist, als in Franken. Daher mag der Irrthum kommen, der meinen Grafen von Giech zu der weiten, beschwerlichen Reise nöthigte, die ich sehr bedaure.«
    Der Abgesandte, der vorhin um einen Kopf höher schien als der Fürst sah jetzt fast kleiner aus: »Jetzt kein Wort mehr!« flüsterte ihm ein Brandenburger Herr zu. » Heut ist alles verloren.« – »Er ist fürchterlich in seiner Heiterkeit,« erwiderte der Graf, der nun seinen zweiten Auftrag: daß wenigstens von jetzt ab kein adliges Blut mehr vergossen werde, auf einen anderen Tag verschob.
    Und wie er heiter umherging, mit so vielen sprach! Von geringfügigen Dingen, als beschäftigten sie allein die Seele. Den Hofleuten ward unheimlich: »So sahen wir ihn nimmer.« Ihnen war wohl, als er sie entließ.
    »Es ist gar keine Hoffnung! Was soll daraus werden!« sprach Einer zum fränkischen Abgesandten.
    Der Graf schüttelte den Kopf: »Und doch hat er Recht, die Luft ist hier anders als im Reiche. Wer hier bauen will, muß andere Fundamente legen und anders richten, das kann ein groß Gebäude werden! Wir, die wir leben, sehen es freilich nicht mehr.«
    »Was wird's werden,« brummte ein verdrießliches Gesicht. »Alles wird schlimmer und gemeiner. So die Edelleute nicht mehr auf die Straße sollen, wird sie dem Gesindel gehören, das keine Ehre und Sitte kennt, und vor dem Alle gleich sind. Schneider und Landsknechte und Roßkämme werden im Graben liegen, und das arme Volk schatzen, man spricht schon viel von dem Roßkamme Kohlhas; wollen doch sehn, ob sie die Zeiten dann loben thun.«
    Da drückten viele dem Sprecher die Hand und schüttelten den Kopf: »Er hat Recht, es kommen schlimme Zeiten.«
    Der junge Kurfürst saß mit lächelndem Gesicht in seinem Zimmer, und doch lag in den Augen etwas, das Hans Jürgen erschreckte, ein Glanz, der ihm nicht von dieser Erde schien, aber ob er vom Himmel kam, das wagte er sich nicht zu sagen.
    »Die sind alle nicht Lindenbergs!« hatte Joachim vor sich gesprochen. »Ich stünde allein, meinst Du, nicht vollbringen könne ich's, was ich begann? O matter, schwacher Nachhall des Einen; aber auch sein Schatten ward ehrerbietig vor der Macht, die über mir schwebt. Ich will's vollbringen , ich werde es. Ich bin mir selbst genug. Denn unter einem Höhern stehe ich. Er wird die Spitzen der Dolche, die Bolzen aus dem Hinterhalte, die Kugeln aus dem Rohre von mir ablenken. Der ist's, der Dich an mich gesandt. Sei mein treues Werkzeug, aber nie bilde Dir ein, mehr zu sein. Er wird auch ferner seine Engel herabsenden, und mit Weisheit mich umleuchten. Ich brauche Diener, aber keine Räthe. Plaudern will ich sie hören, in ihrer Art; mein Rath bin ich selbst.«
    Und wenn er aufgestanden und an einen Tisch mit Himmelskugeln und astronomischen Instrumenten getreten, wo Joachim mit seinem Hofastrologen, dem berühmten Carion, zu arbeiten pflegte. Die Hand auf den Globes legend, antwortete er auf die ungesprochene Frage des Jünglings mit seltsamem Lächeln:
    »Und auch denen, die nach mir kommen, wird es gelingen. In den Sternen zeigte mir der Meister das Glück' meines Hauses, groß, wie auch nur zu wähnen, Vermessenheit gewesen wäre. Ich bin glücklich und sicher, was ich unternehme, gelingt, und was ich weiß, ist Wahrheit.«
     
Fußnoten
     
    1 Historische Antwort.
     
     
Fünfundzwanzigstes Kapitel.
Das Leben ein Traum.
    Wer uns gern bis jetzt begleitet hat, dem könnten wir hier die Hand drücken und zu ihm sprechen: Auf Wiedersehen! Denn es ist unsere Absicht, wenn uns die Lust und der Muth bleibt, daß wir uns wieder an demselben Platze
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