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Die Homoeopathie-Luege

Die Homoeopathie-Luege

Titel: Die Homoeopathie-Luege
Autoren: Nicole Heissmann , Christian Weymayr
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Säulen der Homöopathie und eines der Merkmale, durch die sie sich von anderen »alternativen« Verfahren wie Bach-Blütentherapie, Anthroposophie, Phytotherapie oder traditioneller chinesischer Medizin (TCM) unterscheidet. Für Hahnemann war das Simile-Prinzip absolut stimmig: Wie damals üblich, glaubte auch er an einen Lebensgeist oder eine Lebenskraft, also an etwas, das ein Lebewesen erst lebendig macht ( Organon , § 10): »Der materielle Organismus, ohne Lebenskraft gedacht, ist keiner Empfindung, keiner Tätigkeit, keiner Selbsterhaltung fähig; nur das immaterielle, den materiellen Organismus im gesunden und kranken Zustande belebende Wesen (das Lebensprinzip, die Lebenskraft) verleiht ihm alle Empfindungen und bewirkt seine Lebensverrichtungen.« So lag auch die Vorstellung nahe, dass Krankheit erst entstehen kann, wenn die Lebenskraft »verstimmt« ist. Wenn also der eine Patient über Kopfschmerzen und der andere über Bauchweh klagte, dann waren das für Hahnemann nicht zwei verschiedene Krankheiten, sondern verschiedene Verstimmungen der jeweiligen Lebenskräfte.
    In Hahnemanns Vorstellung sollte das bei Krankheit »dynamisch verstimmte Lebensprinzip« durch die Simile-Mittel von einer etwas »stärkern, ähnlichen, künstlichen Krankheits-Affektion ergriffen« werden. Die Folge: Der Lebenskraft »entschwindet dadurch das Gefühl der natürlichen (schwächeren) dynamischen Krankheits-Affektion, die von da an nicht mehr für das Lebensprinzip existiert«. Das Lebensprinzip werde dann nur noch von der Arzneikrankheit beherrscht, »die aber bald ausgewirkt hat und den Kranken frei und genesen zurück lässt« ( Organon, § 29).
    Eine homöopathische Behandlung muss also, will man Hahnemann gerecht werden, in zwei Schritten erfolgen: Im ersten Schritt hat der Arzt alle Ausprägungen der Lebenskraft eines Patienten abzufragen und zu notieren. Jede scheinbare Nebensächlichkeit kann für den Homöopathen von Bedeutung sein. So fragt etwa der zehnseitige Anamnesebogen einer homöopathischen Praxis – unabhängig vom konkreten Anlass des Praxisbesuchs – danach, ob »Neigungen« zu bestimmten Beschwerden bestehen, ob man zu »Feuchtigkeit hinter den Ohren« neigt, ob die Absonderung bei Schnupfen »zäh, wässrig oder fadenziehend« ist, bei welchen Gelegenheiten man vermehrten Speichelfluss bemerkt, ob ein »häufiges Hitzegefühl in Händen und Beinen« besteht, ob man die Sonne liebt, ob man kalte oder warme Getränke bevorzugt und welche Ängste einen plagen. Das akribische Abfragen hat einen praktischen Grund: Im zweiten Schritt muss der Arzt das richtige, also das einzig passende Mittel finden, das genau jene Anzeichen bei einem Gesunden zeigt. Je seltener – man könnte auch sagen je skurriler – die Beobachtungen dabei sind, desto wertvoller erweisen sie sich für den Homöopathen, denn Allerweltssymptome wie Schwindel oder Fieber helfen bei der Suche nach dem einzig passenden Mittel nicht wirklich weiter. Auffallende Schweißbildung an ungewöhnlichen Körperpartien ist da wesentlich hilfreicher, weil seltener.
Nebenwirkungen und das Prinzip des Potenzierens
    Aufbauend auf dem Fundament des Simile-Prinzips probierte Hahnemann viele Substanzen aus und setzte sie, sobald er ihre Wirkung an einem Gesunden, oft auch an sich, penibel notiert hatte, bei Patienten ein. Dabei ergab sich zwangsläufig ein Problem: Da die Mittel die Symptome verstärken sollten und so etwa die Körpertemperatur eines Fieberkranken noch weiter erhöhten, brachte er manche Patienten wohl ernsthaft in Gefahr. Bald war ihm klar: Er musste die Mittel verdünnen – nur dass dann leider auch ihre Wirkungen nachließen. Schließlich hatte schon etwa 300 Jahre zuvor Paracelsus gelehrt, dass nur die Dosis das Gift macht, was heißt, dass eine größere Menge Mittel auch mehr und unter Umständen sogar zu viel Wirkung bedeutet und eine entsprechend kleinere Menge weniger Wirkung.
    So kam es zu Hahnemanns zweitem Geistesblitz: Er hatte eine Art Eingebung, wie er die Arznei verdünnen könnte, ohne dass sie an Wirkkraft einbüßen würde. Durch Reiben und Schütteln sollte eine »wahre Aufschließung der Natur-Stoffe und Zu-Tage-Förderung und Offenbarung der in ihrem inneren Wesen verborgen gelegenen, spezifischen Arzneikräfte bewirkt« werden (
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