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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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beiden Indianer, die an Scheitel und Zöpfen, an der elastischen Keule als Dakota zu erkennen waren, doch nicht zu derjenigen Stammesabteilung, mit der der Siksikau und seine Brüder gekämpft hatten. Vielleicht wußten sie von diesem Kampfe gar nichts? Vielleicht waren sie an der Grenze gewesen, hatten sich Feuerwaffen eingetauscht und strebten nun wieder irgendwohin zu ihren Zelten. Aber sie mußten sehen, daß der Siksikau, der vor ihnen im Grase lag und noch immer seine Krücke in der Rechten hielt, mit den Kriegsfarben bemalt gewesen war. Der Dakotakrieger sagte etwas, und der verletzte Siksikau verstand kaum jedes dritte Wort, aber den Gesten entnahm er, wonach er gefragt wurde: wie sein Name sei und ob er zu seinen Zelten gebracht werden wollte. Eine solche Frage erschien ihm wunderbar und in ihrer menschlichen Einfachheit viel zu verdächtig, als daß er sie ohne weiteres hätte mit Ja beantworten wollen. Was hatten die beiden Dakota bei den Zelten der Siksikau zu suchen? Hatten sie die Absicht zu kundschaften und erschien ihnen die gegebene Situation als eine unwiederbringliche Gelegenheit, ungestraft in die Dörfer der Siksikau zu gelangen und dort zu horchen und zu spähen?
    Der Verletzte überlegte. Und wenn dem wirklich so war? Dann wurde er gerettet, die beiden Dakota aber befanden sich inmitten einer Schar von Schwarzfußkriegern, die sie nicht wieder gehen zu lassen brauchte, wenn böse Absichten offenbar wurden. Wie aber, wenn diese beiden Dakota gar nicht allein waren, sondern nur die Kundschafter eines größeren Dakotatrupps, der irgendwo lauerte, bereit, der weiteren Spur bis zu den Zelten zu folgen und die Frauen und Kinder der Siksikau zu überfallen? Vielleicht kümmerten sich die beiden Dakota nur deshalb um den Verletzten, weil er ihnen und denen, die den Auftrag dazu gegeben hatten, als Wegweiser zu den Zelten der Schwarzfüße dienen sollte. Es war besser, wenn er sich mit den beiden fremden Indianern nicht einließ. Es blieb ihm dann allerdings nichts anderes mehr übrig, als in der trostlosen Grassteppe zugrunde zu gehen. Denn sobald er in Richtung seiner Zelte weiterzuhumpeln versuchte, konnten die beiden Dakota ihm nur allzuleicht folgen. Erbittert darüber, daß ihm durch das Erscheinen und die unerbetene Aufmerksamkeit dieser beiden Reiter die letzte Hoffnung auf Rettung genommen schien, winkte er kurz und wegwerfend, sie sollten sich entfernen und er habe nicht die geringste Absicht, sich von ihnen helfen zu lassen.
    Das schienen sie verstanden zu haben, denn sie wandten sich ohne weiteres Wort ab, saßen auf und ritten weg. Ob sie in einer Entfernung, in der der Siksikau sie nicht mehr wahrzunehmen vermochte, einen Bogen schlagen und ihn dann heimlich weiter beobachten würden, konnte er nicht wissen. Er nahm es aber an, und darum war er entschlossen, liegenzubleiben und lieber zu verdursten und von den Wölfen gefressen zu werden als die Zelte seines Stammes dem Feind zu verraten. Er hatte auch keine Hoffnung, daß seine Brüder und Freunde ihm von dort entgegenkommen und ihn suchen würden. Denn er war gefangen gewesen, und alle mußten ihn schon tot glauben.
    Die beiden Dakota, die der hilflose Verletzte nicht mehr sehen konnte, verhielten sich jedoch anders, als er sich vorstellte. Sobald sie sich außer Hör- und Sehweite befanden, hielten sie an. Der groß gewachsene Mann glitt vom Pferd, der Junge tat desgleichen, und die beiden setzten sich zusammen ins Gras.
    »Was denkst du über den Krieger, den wir gefunden haben?« fragte der Mann den Jungen.
    »Ein Siksikau auf dem Kriegspfad. Er ist seinen Feinden entkommen, hat aber das rechte Bein gebrochen. Wir haben seine Fährte gesehen. Er läuft geradewegs nach Nordwesten, dort müssen die Zelte seiner Brüder und Väter stehen. Ein so schwerverletzter Mann ohne Waffen macht keine Umwege.«
    »Hau. Was tun wir? Was schlägst du mir vor, Harka Steinhart Wolfstöter?«
    Der Knabe, im dreizehnten Jahre seines Lebens, hoch gewachsen und von einem Ernst des Ausdrucks, der weit über seine Jahre hinausging, antwortete: »Wir reiten nach Nordwesten und suchen die Zelte der Siksikau, um dort den Vätern und Brüdern dieses verletzten Kriegers Nachricht zu geben, wo sie ihn finden können.«
    »Auch diese Männer bei den Zelten werden uns für Feinde halten, sobald sie erkennen, daß wir Dakota sind.«
    »Ja, das werden sie. Aber denkt mein Vater Mattotaupa, daß wir uns darum verbergen sollten?«
    »Das denke ich nicht, Harka. Wir
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