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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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war grau vor Erregung. Er hatte die Waffe weggeworfen. Seine bloßen Füße waren vom Blut der Verwundeten und Toten bespritzt. Er hatte nichts an als die Arbeitshose. Seine Schulterknochen und seine Rippen bewegten sich unter der Haut.
    »Schießt doch, verdammte Banditen!« sagte er heiser, dann bückte er sich zu dem stöhnenden Schwerverletzten.
    Red Jim drückte ab, aber die Hand wurde ihm nach oben geschlagen, so daß drei Revolverschüsse in die Luft gingen.
    Als er wütend einen Blick auf den Nebenmann warf, von dem er sich gehindert glaubte, mußte er erkennen, daß ein anderer neben ihm stand, als er erwartet hatte.
    »Du kleines Schwein!« zischte er, »wir rechnen eines Tages ab!«
    »Ich denke auch«, sagte Harka leise. Er hatte nicht die Flinte, sondern den Revolver in der Hand, den Finger am Abzug.
    Die Sorge des jungen Arbeiters um die beiden Schwerverletzten und die Tatsache, daß Jims Schüsse in die Luft gegangen waren, hatten die Hochspannung isoliert. Während Jim noch mit mörderischem Grimm bald auf den blonden jungen Arbeiter, bald auf den mageren Indianer neben sich starrte, nahmen die anderen die Schußwaffen ab. Zwei liefen um die Baracke, um zu sehen, was sich auf dem Hauptplatz abspielte. Als sie zurückkamen, berichteten sie:
    »Es geht schon wieder zur Arbeit. Laßt uns Schluß machen mit der Schießerei. Was sollen wir uns untereinander umbringen! Das möchte den Dakota eine Freude sein!«
    Jim spürte, daß sich die Stimmung gegen ihn wandte, und war sofort bereit umzuschalten.
    »So ist’s richtig! Einig müssen wir sein!« Er steckte die Revolver in den Gürtel und lief im Trab auf den Hauptplatz zu Joe, um ihm zu berichten, wie glänzend er mit seinen Leuten den gefährlichen Angriff abgewehrt und »die gewissenlosen Haupthetzer« niedergemacht, wie undiszipliniert sich aber Harry verhalten habe. »Er ist zu jung und zu frech. Kann ihn nicht gebrauchen. Schicken wir ihn weg.«
    Joe wischte sich den Schweiß von der Stirn. Als er Hahnenkampfbill auch noch herankommen sah, entfernte er sich.
    Bill machte bei Jim halt und schaute Joe ärgerlich nach. »Und jetzt?« fragte er schnaufend. »Heute abend müßt ihr einen Drink ausgeben auf unseren Sieg! Hörst du?«
    »Wer muß einen Drink ausgeben?« fragte Jim gereizt dagegen.
    »Du und Joe.«
    »Joe mag sehen, wo er das Geld dafür herbekommt!«
    Streitend liefen die beiden zusammen weiter zu dem großen Zelt, wo sich der Mann, der für die Listen verantwortlich war, feucht von Angstschweiß und mit blassem Gesicht niederließ, um von neuem abzustreichen. Dort trafen Jim und Bill den Ingenieur wieder. Joe und Jim nannten dem Schreiber die Namen, die schwarz anzukreuzen, und die Namen der Toten, die ganz zu streichen waren.
    Hinter der Baracke standen der junge Arbeiter und Harka zusammen bei den beiden Schwerverwundeten, die nicht mehr zu retten gewesen waren und mit gebrochenen Augen im Grase lagen.
    »Warum hast du denn das gemacht?« fragte der barfüßige junge Mensch den Indianer, »… ich meine …, daß du dem Schuft den Revolver hochgeschlagen hast?«
    Harka schaute dem anderen verwundert in die Augen. »Du hast dich ja auch nicht gefürchtet«, sagte er dann.
    Mattotaupa trug mit einigen Kundschaftern zusammen die Toten von der Baracke weg. Es sollte für sie eine große Grube gegraben werden, am Abend, wenn die Arbeiter zurückkamen.
    Als die Toten weggeschafft waren, kam Mattotaupa zu seinem Sohn herbei. Der junge Arbeiter verabschiedete sich mit einem Blick; er suchte seine vier Gefährten zusammen, und diese fünf, die wußten, daß sie hier keine bezahlte Arbeit mehr zu erwarten hatten, holten sich Schaufeln und begannen schon, das Massengrab in einiger Entfernung auszuheben.
    Mattotaupa ging mit Harka um die Baracke herum auf den Hauptplatz des Lagers. Jim und Bill hatten sich entfernt. Joe stand jetzt mit Henry bei dem Tisch vor dem Zelt. Während die beiden Indianer über den leer gewordenen Platz zu ihm gingen, sagte Mattotaupa zu Harka:
    »Weißt du, daß du einen Fehler gemacht hast?«
    Harka brachte das »Ja«, das der Vater erwartete, nicht über die Lippen, aber nahm die Frage als Tadel schweigend hin.
    »Es kann sein, daß du eines Tages ein Krieger werden wirst, aber die Proben der Selbstbeherrschung werden dir schwerfallen.«
    Harka biß die Zähne zusammen und schwieg.
    Als Joe die beiden Indianer kommen sah, verließ er den Tisch und ging Mattotaupa entgegen. Er begrüßte ihn und Harka und bat dann: »Ich
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