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Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin

Titel: Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin
Autoren: Jules Verne
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braunen Lederschurz. Arbeit, äußerte er, gäb’ es nicht viel, und wenn er nicht einige Sparpfennige besäße, könnte er in dem kleinen Café gegenüber des Abends nicht einmal seine Partie Manille spielen, wozu ihn doch ein alter Marinepensionär, ein früherer Leuchtthurmwächter von la Hève, Tag für Tag erwartete.
    Jean-Marie Cabidoulin war übrigens völlig unterrichtet über alles, was in Havre vorging, über Ein-und Ausfahrten von Segel-und Dampfschiffen, von der Ankunft und der Wiederabreise der transatlantischen Dampfer, von den Fahrten der Lootsen und von den Neuigkeiten vom Meere und auch unterrichtet von allen Klatschereien, die zwischen zwei Gezeiten auf dem Hafendamme aufkamen.
    Meister Cabidoulin kannte also, und zwar schon lange, auch den Kapitän Bourcart. Sobald dieser bei ihm auf der Schwelle erschien, rief er deshalb auch:
    »He, he! Der »Saint Enoch« liegt also immer noch am Quai fest immer noch im Handelshafen eingesperrt, als ob er von Eis umschlossen wäre?…
     

    »He, Alterchen, da bist Du ja!« (S. 24.)
     
    – Noch immer, Meister Cabidoulin, bestätigte Kapitän Bourcart.
    – Fehlt’s noch an einem Schiffsarzt?
    – O nein, der ist zur Stelle.
    – Sapperment… Sie sind das doch nicht selbst, Doctorchen?
    – Ich selbst, und ich habe den Kapitän Bourcart hierher begleitet, um zu fragen, ob Sie sich mit uns einschiffen wollen.
    – Einschiffen? rief der Tonnenbinder, seinen Schlägel schwingend.
    – Ja, Jean-Marie Cabidoulin, sagte der Kapitän Bourcart. Hätte es denn für Sie keinen Reiz, so eine letzte Fahrt auf gutem Schiffe und in Gesellschaft tüchtiger, braver Leute?
    – Nun wahrlich, Kapitän Bourcart, ein solches Anerbieten hätte ich mir nicht mehr träumen lassen! Sie wissen doch, daß ich mich eigentlich zur Ruhe gesetzt habe. Jetzt segl’ ich nur noch durch die Straßen von Havre, wo es keine Zusammenstöße giebt und kein Wogenschlag zu fürchten ist… und Sie… Sie wollten…
    – O, überlegen Sie sich die Sache, Meister Cabidoulin. Sie sind doch wahrlich noch nicht so alt, auf Ihrer Ankerboje hocken, oder wie ein alter Ponton ganz hinten im Hafen vertäut zu bleiben!
    – Den Anker lichten, Jean-Marie, den Anker lichten!« setzte Doctor Filhiol, um in Uebereinstimmung mit dem Kapitän zu bleiben, lachend hinzu.
    Meister Cabidoulin hatte jetzt aber einen Gesichtsausdruck tiefen Ernstes angenommen – wahrscheinlich die Maske des Unglückspropheten – und mit dumpfer Stimme begann er:
    »Hören Sie auf meine Worte, Kapitän, und Sie auch, Doctor Filhiol. Ich habe da einen Gedanken gehabt, den ich nie wieder aus dem Kopfe los werde…
    – Und der wäre? fragte der Kapitän Bourcart.
    – Daß man, wenn man da draußen umherfährt, schließlich früher oder später, doch nothwendigerweise, Schiffbruch erleiden muß. O, ich weiß es, der »Saint Enoch« hat einen vortrefflichen Kapitän, eine tüchtige Mannschaft, er wird auch einen guten Arzt haben, ich habe aber die feste Ueberzeugung, daß mir, wenn ich mit zu Schiffe ginge, widerfahren werde, was mir noch nicht widerfahren ist…
    – Ach, ich dächte gar! bemerkte der Kapitän Bourcart dazu.
    – Es ist, wie ich Ihnen sage, versicherte Meister Cabidoulin. Deshalb hab’ ich mir auch vorgenommen, mein Leben ruhig auf dem festen Lande zu beschließen.
    – Das ist ja die reine Einbildung, erklärte Doctor Filhiol; alle Schiffe sind doch wahrlich nicht bestimmt, mit Mann und Maus unterzugehen…
    – Nein, das gewiß nicht, gab der Böttcher zu, und doch, mich verläßt die Ahnung nicht, wenn ich noch einmal zur See führe, würde ich davon nicht zurückkommen…
    – O, ich bitte Sie, Jean-Marie Cabidoulin, versetzte der Kapitän Bourcart, das kann doch unmöglich Ihr Ernst sein!
    – Mein völliger Ernst, und obendrein, doch das unter uns, meine Neugier ist für diese Welt befriedigt. Hab’ ich nicht alles gesehen, während ich zur See fuhr: die heißen Länder und die kalten Länder, die Inseln des Atlantischen und Großen Oceans, die Eisberge und das Packeis, die Seehunde, die Robben und die Walfische…
    – Alle Achtung, Sie sind wirklich zu beneiden, unterbrach ihn Filhiol.
    – Und wissen Sie denn, was ich noch zu guter Letzt sehen werde?
    – Nun, was denn, Meister Cabidoulin?
    – Was mir noch niemals vor Augen gekommen ist, ein furchtbares Meerungeheuer… die große Seeschlange…
    – Die Sie nie zu sehen bekommen werden! versicherte der Doctor Filhiol.
    – Warum denn nicht?…
    – Sehr
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