Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexen - Roman

Die Hexen - Roman

Titel: Die Hexen - Roman
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
das Gebiet westlich des Rheins, von Wissembourg im Norden bis an den Rand des Kalkgebirges im Elsgau. Viele vertrauliche Gespräche am Kamin und im Bett waren nötig gewesen, ehe Elinor Cedric so weit gebracht hatte, dass er das Vertrauen in Constantin verlor. Immerhin war sie eine Verwandte des Königs, und wenn sie schwor, dass er unter dem verderblichen Einfluss der Sieben litt … Zögernd hatte der Marquis schließlich eingewilligt, König Constantin die Gefolgschaft aufzukündigen. Elinor lächelte. Sie wusste, wenn der König wankte, war auch der Hexenkonvent auf dem Odilienberg in Gefahr.
    Ihr Platz an Cedrics Seite war teuer genug erkauft. Vor ihr hatte eine andere Marquise auf Hœnkungsberg geherrscht und den Garten mit Pfingstrosen, Glockenblumen und blau blühenden Hortensien überladen. Als sie auf dem Sterbebett lag, hatte Elinor an ihrer Seite gesessen und tröstend ihre Hand gehalten, denn als Heilerin hatte man sie auf die Burg gerufen. Cedrics erste Frau war ein zartes Geschöpf mit rötlichen Locken und engelsgleichen Augen, dumm genug, um nicht an Magie zu glauben.
    »Ich weiß, was böse Zungen von Euch behaupten, Elinor«, hauchte sie. »Aber ich versichere Euch, ich gebe nichts auf diese Gerüchte. Ihr seid gut zu mir, wie eine Mutter.«
    »Ihr beschämt mich, meine Gebieterin.« Elinor senkte den Kopf, damit die Sterbende die Genugtuung nicht sah, die über ihre Züge huschte. Und sie fuhr fort, der Marquise über die linke Hand zu streichen, immer fort vom Herzen. Als der Strom des Lebens versiegt war, stand sie auf und gestaltete den Garten nach ihrem Geschmack: Sie ließ die Sträucher und Stauden herausreißen, legte eine große Feuerstelle für die Mittsommernacht an und grub ein Beet für Heilkräuter und Giftpflanzen. Bei dieser Gelegenheit entdeckte sie auch die Steinplatte mit dem eingeritzten Pentagramm.
    »Eure Burg ist sehr alt«, erklärte sie Cedric. »Viel älter als Ihr ahnt, denn sie steht auf einem Platz voll magischer Geheimnisse. Bei dieser Felsplatte hier handelt es sich um einen Kultstein, der beweist, dass Euer Anspruch auf die Königswürde weitaus berechtigter ist als Constantins Vorherrschaft. Eure verstorbene Gattin hat den Garten nicht sehr sorgfältig gepflegt, denn der Stein war unter Unkraut verborgen.«
    Mit gerunzelter Stirn starrte Cedric auf die Steinplatte. »Ein Stein beweist, dass ich anstelle von Constantin herrschen sollte? Und Ihr glaubt ernsthaft daran, dass sich der Stadtrat und der Bischof von einem Felsstück überzeugen lassen, das ich zufällig in meinem Garten entdeckt habe?«
    Elinor lachte ihr tiefes, glockengleiches Lachen. »Wartet ab, was Euch dieser Felsbrocken heute Nacht zeigen wird! Bald werdet Ihr erkennen, dass es keine Zufälle gibt. Ich habe Euch jedenfalls nicht zu viel versprochen.«
    Jenseits der Burgmauer erklang lauter, herausfordernder Gesang und Cedric ballte die Fäuste. »Ich will es hoffen! Vor unseren Augen wagt dieser Constantin, eine Burg zu bauen, und wir können nichts dagegen tun. Im Gegenteil: Ein Teil meiner Männer wurde getötet, ein anderer Teil liegt siech und verwundet auf dem Krankenlager. Der Pfad ins Tal ist belagert, meine Ausfälle werden zurückgeschlagen und meine Unterhändler ausgelacht. Wer ist dieser Kerl, dass er sich erdreistet, mich in meiner eigenen Festung gefangen zu setzen!«
    »Nach dem Willen des Bischofs zu Straßburg ist er der elsässische König«, sagte Elinor sanft. »Doch Ihr habt sein Ansehen schwer beschädigt, als Ihr ihm die Gefolgschaft verweigert habt. Constantin weiß, dass er Euch besiegen muss, wenn er seine Ritter und seine Krone behalten will.«
    »Nun, wenn der Dolch in Eurer Hand tatsächlich die versprochene Wirkung besitzt, werden wir ihn und seine Männer über diese Bergflanken hetzen wie der Jäger das Wild! Und dann soll der Bischof ihn noch einmal König nennen!«, murmelte Cedric.
    Elinor blickte auf die Klinge in ihrer Hand. »Nicht der Dolch besitzt Macht, sondern der Schnitt, den man damit ausführt«, murmelte sie. »Gebt mir Eure Hand.«
    Der Marquis war ein alter Kämpe und zuckte nicht, als ihm das Hexenmesser tief in den Handballen drang. Sofort wallte dunkles Blut hervor, das Elinor in einem Kelch auffing. Dann brachte sie sich selbst einen ebensolchen Schnitt bei. Der Schmerz war kühl und klar. Er erinnerte sie an die Zeiten, als sie vor den Beckensteinen kniete, einen Blumenkranz in den Locken und beide Hände ausgestreckt, um den Segen der Göttin zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher