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Die Hexe

Die Hexe

Titel: Die Hexe
Autoren: Vadim Panov
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weit aufgerissenem Maul.
     
    Die Revanche zwischen den Humos und den Schatyren wurde zum Pokerereignis des Jahres hochstilisiert. In der Atomhenne , dem besten Spielcasino der Verborgenen Stadt, herrschte der Ausnahmezustand. Sämtliche Tische wurden entfernt und stattdessen an den Seitenwänden drei zusätzliche Tresen installiert. Der Spieltisch stand in der Mitte des Gastraums auf einem kleinen Podest. In gebührendem Abstand zu den Spielern drängte sich das stehende Publikum, das von einer ganzen Heerschar von Kellnern bedient wurde.
    Der Rummel um das Spiel übertraf alle Erwartungen. Die T-Grad-Com übertrug live im Radio und im Nebenraum warteten die Fernsehleute auf ihren Einsatz – während des Spiels waren Kameras strengstens verboten. Die Summe der Wetteinsätze hatte bereits zur Mittagszeit die Zwanzigmillionen-Marke überschritten und näherte sich der absoluten Höchstmarke, die bei der letzten Pokermeisterschaft der Verborgenen Stadt erreicht worden war.
    Auch der Kartenvorverkauf für das Spiel brach sämtliche Rekorde – er dauerte exakt vierzehn Minuten. Bonzo Chase, der Geschäftsführer der Atomhenne , hüpfte schwitzend und kichernd durch sein Lokal und begrüßte euphorisch die Gäste. Der beleibte Eulin stand schon vor Beginn des Spiels als Gewinner fest, denn – egal, wie es ausging – an diesem Abend würde er sich dumm und dämlich verdienen.
     
    »Die Buchmacher sehen Karim und Bidjar in der Favoritenrolle«, verkündete Inga.
    Die grazile junge Frau trug ein schlichtes weißes Sweatshirt und eine ebenso weiße enge Hose. Mit dem rotblonden, streng hinter die Ohren gekämmten Haar hätte man sie für Artjoms jüngere Schwester halten können, die zur Belohnung für gute Schulnoten in das leicht verruchte Lokal mitkommen durfte. Einen krassen Gegensatz zu Ingas mädchenhafter Erscheinung bildete die wie immer hinreißend aussehende Jana, deren knappes, dunkelrotes Kleid ihre weiblichen Reize nur unwesentlich verhüllte. Die schwarzhaarige Söldnerin ließ keine Gelegenheit aus, allen zu zeigen, was für ein unverschämtes Glück Cortes mit ihr hatte.
    »Ist schon Annahmeschluss?«, erkundigte sich Artjom.
    Der Söldner hatte sich nur mit Mühe bis zur Atomhenne geschleppt und war der einzige Zuschauer, dem Bonzo aus humanitären Gründen einen Stuhl zugestand. Immerhin war er Cortes’ persönlicher Gast und hatte extra für diesen Anlass seine Reha in der Moskauer Eremitage unterbrochen.
    »Ja, es werden keine Wetten mehr angenommen«, bestätigte Inga. »Siebzig Prozent der Leute haben auf einen Sieg der Schatyren gesetzt.«
    Artjom und Jana sahen einander amüsiert an.
    »Ich hatte mit einem Verhältnis von sechzig zu vierzig gerechnet«, kommentierte der junge Söldner. »Dass Jegor und Cortes in der Zuschauergunst so tief sinken, hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht.«
    »Um so lustiger wird es nach dem Spiel«, frohlockte Jana.
    »Wieso seid ihr euch eigentlich so sicher, dass die Unseren gewinnen?«, fragte Inga und sah die beiden Söldner erstaunt an.
    Artjom merkte sofort, dass es Jana einen kleinen Stich gab, als Inga von den »Unseren« sprach.
    »Weil Cortes diese Revanche nie angeleiert hätte, wenn er nicht sicher wäre, dass er gewinnen wird«, antwortete die Söldnerin.
    »Aber das ist doch nicht vorhersehbar«, wandte Inga ein.
    »Es geht ja auch nicht um Voraussagen, sondern um innere Gewissheit.« Jana zog die Schultern hoch. »Cortes will unbedingt gewinnen und deshalb wird es auch so kommen.«
    »Angesichts dessen, wie viel Geld auf dem Spiel steht, hat Cortes überhaupt nicht das Recht zu verlieren«, warf Artjom ein.
    »Tatsächlich so viel?« Inga zog neugierig die Brauen hoch.
    »Cortes hat mich beauftragt, den Großteil unseres letzten Honorars auf seinen Sieg zu setzen.«
    Die Rothaarige schüttelte nur den Kopf. Ein derart selbstbewusstes Auftreten wie bei diesen Söldnern war ihr bislang noch nicht begegnet. Selbst Kara hatte im Vergleich dazu vorsichtig agiert.
    »Noch einen Martini?«, fragte Inga mit einem Blick auf Artjoms leeres Glas.
    »Gern.«
    Die Magierin sah sich nach einem Kellner um und erhob sich, als sie keinen in der Nähe fand. »Ich besorge dir einen«, flötete sie und verschwand in Richtung Bar.
    »Irgendwie kann ich mich nicht so recht an ihre Anwesenheit gewöhnen«, sagte Jana leise.
    »Das habe ich bemerkt«, erwiderte Artjom schmunzelnd, während er Inga hinterhersah. »Dafür hältst du dich eigentlich ganz gut.«
    »Inzwischen
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