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Die Hexe von Salem

Die Hexe von Salem

Titel: Die Hexe von Salem
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aufgenommen hatten. Sie hatten zahllose Verbündete, überall auf der Welt, aber auch ihre Gegner waren mächtig, so mächtig, dass meine Hoffnung, den Kampf gegen sie jemals gewinnen zu können, fast mit jedem Wort Howards oder Grays mehr dahinschmolz.
    Ich erfuhr alles: die Geschichte Salems und seiner Zerstörung, das Schicksal der Flüchtlinge, die sich in Jerusalem’s Lot niedergelassen und ein Jahrhundert später von ihrem Schicksal eingeholt worden waren, die Geschichte meines Vaters, der das drohende Unheil vorausgesehen und vergeblich gewarnt hatte.
    Vor den Fenstern brach wieder die Dämmerung herein, und Rowlf brachte uns ein warmes Essen und reichlich Kaffee, um den ich ihn bat, um meine Augen am Zufallen zu hindern, aber Gray und Howard redeten weiter, sachlich, beinahe kühl, ohne irgendetwas zu beschönigen oder zu dramatisieren. Und endlich kam Howard zu dem einzigen Punkt im Brief meines Vaters, den ich nicht begriffen hatte.
    »Du siehst, Robert«, sagte er ernst, »dir bleibt gar keine andere Wahl, als dich deinen Feinden zu stellen. Und das Vermächtnis deines Vaters anzunehmen.«
    »Und wenn ich nicht will?«, fragte ich zögernd.
    Seltsamerweise lächelte Howard auf meine Frage. »Dein Wunsch ist nur zu verständlich, Robert«, sagte er. »Auch ich habe mich gewehrt, als ich zum ersten Mal von Hexerei und Schwarzer Magie erfuhr. Als mir die Existenz Chtulhus und der GROSSEN ALTEN bewusst wurde, habe ich mich wochenlang verkrochen und versucht, die Augen vor der Wahrheit zu verschließen. Aber das geht nicht. So leid es mir tut, Robert, es ist unmöglich.« Er lächelte. »Dein Vater hat es einmal sehr treffend ausgedrückt: Es ist, als ob man in heißen Teer fasst. Man kann sich noch so lange die Hände reiben, es bleiben Schmutz und ein übler Geruch zurück. Du wirst es nie wieder los.«
    Das also hatte mein Vater damit gemeint, als er schrieb: Vielleicht wirst du mich hassen …
    »Du hast den Brief gelesen«, fuhr Howard nach einer Weile des Schweigens fort. »Wir werden tun, was dein Vater verlangte, Robert. Du besitzt die gleichen Talente wie er, und wir werden sie gemeinsam wecken und ausbilden. Aber dazu müssen wir London verlassen.«
    Ich sah auf. »Du meinst, wegen seines … Vermächtnisses?«
    »Seine Bücher und Aufzeichnungen.« Howard nickte. »Ja. Du hast mir erzählt, was auf der LADY OF THE MIST geschehen ist. Du hast die Kiste mit seinen Büchern einen Moment in Händen gehalten, ohne freilich zu ahnen, welchen Schatz du da hattest. Alles, was dein Vater jemals gelernt und herausgefunden hat, ist in diesen Büchern und Folianten, Robert. Wir müssen die Kiste bergen.«
    »Aber sie ist versunken«, wandte ich ein. »Zusammen mit dem Schiff.«
    »Glaubst du, dass du die Stelle wiederfindest?«
    Ich nickte. Selbst wenn das Schiff mittlerweile vollends auseinandergebrochen und auf den Meeresboden gesunken war, würde ich sie wiederfinden. »Das schon. Aber die Strömung ist dort mörderisch. Ich glaube nicht, dass –«
    Howard unterbrach mich mit einer knappen Geste. »Ich kenne Leute, die selbst in die Niagarafälle tauchen könnten«, sagte er überzeugt. »Und ich habe auch noch ein paar … äh, andere Möglichkeiten. Wenn wir die Stelle wiederfinden, an der das Schiff versank, dann können wir die Kiste auch bergen. Es könnte lebenswichtig für dich sein.«
    »Wenn sie noch da ist«, murmelte Gray.
    Howard nickte betrübt. »Wenn sie noch da ist«, bestätigte er. »Unsere Feinde sind schlau, wie sie bewiesen haben. Es würde mich nicht wundern, wenn sie ebenfalls von der Existenz dieser Kiste wüssten und versuchten, sie zu bergen. Deshalb brechen wir noch morgen auf.«
    »Morgen schon?« Der Gedanke, so schnell nach Schottland – und in die Nähe des Hexerdorfes – zurückzukehren, erschreckte mich.
    »Am besten wäre sogar heute«, erwiderte Howard ernsthaft. »Jede Stunde kann entscheidend sein. Aber wir sind alle übermüdet und brauchen dringend eine Nacht Schlaf. Rowlf wird unser Gepäck vorbereiten und Fahrkarten und alles andere besorgen. Morgen Früh brechen wir auf.«
    »Wir fünf?«
    Howard verneinte. »Dr. Gray bleibt hier. Und mir wäre wohler, wenn Priscylla ebenfalls in London zurückbliebe.«
    »Ich kenne einen Ort, an dem sie sicher ist«, sagte Gray. Ich widersprach nicht. So zuwider mir die Vorstellung war, mich von Priscylla zu trennen, sah ich die Notwendigkeit doch ein. Sie auch nur in die Nähe Goldspies zu bringen, wäre mehr als
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