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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition)
Autoren: Astrid Fritz
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letzten Auskunft bereit war. Sie werde eines Tages neu erwachen und glücklich sein wie in ihren Kindertagen, aber dieses Glück sei bedroht wie trockenes Holz von einer Feuersbrunst.
    «Hüte dich vor den Nachbarn», schloss er. Dann sprang er mit einer unerwarteten Behändigkeit auf und tippelte querfeldein davon. Bald sah sie nur noch einen roten Fleck, der hin und wieder einen Sprung nach links oder rechts machte.
    An der Abzweigung nach Betzenhausen brach der Himmel mit einem Knall auseinander und vergoss Ströme von warmem Regen über dem ausgedörrten Land. Als Catharina am Gasthaus ankam, war sie nass bis auf die Haut.
    Lene hielt ihr die Tür auf: «Komm schnell rein und zieh dich um, du kannst Hemd und Schürze von mir haben.»
    Catharina zitterte am ganzen Körper, als sie sich mit dem Tuch, das ihr Lene reichte, trocken rieb.
    «Hoffentlich hast du dich nicht erkältet.»
    Sie erzählte ihr, was am Morgen geschehen war, das mit Johann und die Begegnung mit dem roten Zwerg.
    «Deinen Stiefbruder soll doch der Teufel holen – wenn wir ihn nur mal zu zweit erwischen könnten.»
    Doch Catharina war von den geheimnisvollen Worten des alten Mannes inzwischen fast beunruhigter. «Glaubst du an Weissagungen?»
    Lene hängte die nassen Kleider über einen Stuhl und überlegte. «Kommt drauf an. Bei der letzten Kirchweih hat mir so eine alte Vettel aus der Hand gelesen. Sie hat viel geredet, auch grausige Dinge. Da hab ich mir einfach nur die schönen Sachen gemerkt.»
    «Und was war das?»
    Lene kicherte. «Dass sich einmal drei Männer um mich schlagen werden. Und dass ich in einem vornehmen Haus leben werde.»
    An diesem Tag gab es viel zu tun. Da es bis zum späten Nachmittag wie aus Kübeln goss, kamen mehr Gäste als sonst, auch ärmere Leute, die sonst ihr Brot am Straßenrand zu sich nahmen und jetzt einen trockenen Ort suchten. Als der letzte Fuhrmann gegangen war, mussten die beiden Gaststuben von Grund auf geputzt werden, da die Dielen voller Schlamm standen. Catharina scheuchte die Hühner hinaus in den Hof und machte sich an die Arbeit.
    Beim Abendessen war sie völlig erschöpft.
    Marthe reichte ihr die Schüssel. «Nimm dir noch was von dem Hirsebrei, du hast heute viel gearbeitet.»
    Aber sie hatte keinen Hunger.
    Marthe schaute sie an. «Lene hat mir alles erzählt. Dein Vater wird Johann schon zurechtstutzen, zerbrich dir also nicht den Kopf. Und was den alten Bartholo betrifft, diesen blinden Narren: Der hat zwar keine Augen im Kopf, aber er beobachtet besser als unsereins. Der weiß doch längst, wohin du gehörst und wer du bist. Ein Wahrsager ist er deshalb noch lange nicht.»

    Eine Jahreszeit löste die nächste ab. Catharina arbeitete immer häufiger in der Gaststube. Sie bediente nicht nur die Gäste und bekam dabei immer mal ein paar Münzen zugesteckt, sondern kassierte auch meist ab, da sie flink im Kopfrechnen war. Im Sommer half sie beim Garbenbinden und beim Sichelschnitt, bis ihr der Rücken steif wurde. Die Tante selbst besaß außer dem Obstgarten nur wenig Land, gerade so viel, wie sie für das Pferd und die paar Schweine brauchten. Aber hier auf dem Dorf war es üblich, dass man den Nachbarn aushalf.
    Catharina wusste bald, wie man butterte und Schnaps brannte, wie man reife Früchte dörrte und Heringe pökelte. Zweimal in der Woche buk sie zusammen mit der Hausmagd Brot. Der alte Lehmofen stand am Rand des Hofes, wo es zu den Obstwiesen hinaus ging. Sie mochte diese Arbeit, denn ihr Vetter war für das Feuer und die richtige Temperatur verantwortlich. Ganz anders als die übrigen Burschen seines Alters sah er in Catharina nicht das Mädchen, mit dem man seine Scherze treiben konnte, sondern suchte in ihr eine Gesprächspartnerin in seiner fast schon besessen zu nennenden Neigung, die Welt zu hinterfragen und den Geheimnissen der Dinge auf den Grund zu gehen. Oft saßen sie mit dem Rücken an die warme Ofenwand gelehnt und sinnierten über die Unendlichkeit des Himmels über ihnen, über die Beschaffenheit der Sterne oder über die Lebenskraft, die in einem winzigen Samenkorn steckte, bis Marthe sie aufscheuchte.
    «Ihr seid nicht die hohen Herrschaften vom Gutshof, also los. Der restliche Brotteig muss angesetzt werden, und das Pferd läuft auch nicht von allein zum Schmied.»
    Als die Tage kürzer wurden und das Laub der Auwälder in Rot und Gold aufflammte, nahm Christoph sie zum Sammeln von Eicheln für die Schweinemast mit. Er führte sie in den Mooswald. Catharina
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