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Die Herren des Krieges

Die Herren des Krieges

Titel: Die Herren des Krieges
Autoren: Gerard Klein
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zuckte mit den Schultern und drehte sich um. Mit ihren grauen Augen schaute sie auf das Meer, über das das Schiff lautlos flog.
    »Das hat mich gelehrt, keine Leute mehr in mein Schiff einzuladen, die ich nicht kenne«, fuhr sie fort. »Wir werden herausfinden, wer Sie sind, sobald wir in Dyoto ankommen. Bis dahin halten Sie sich bitte zurück. Ich habe einflußreiche Freunde.«
    »Die Prinzen von Uria?« fragte Corson sarkastisch.
    »Ich habe noch nie etwas von Prinzen gehört. Vielleicht in früheren Zeiten …«
    »Herrscht auf diesem Planeten Friede?«
    »Oh, erst seit zwölf Jahrhunderten etwa, soweit ich weiß! Und ich hoffe, das bleibt so bis ans Ende aller Zeiten.«
    »Wissen Sie etwas über die Eingeborenen?«
    »Ja, natürlich. Es sind Vogelartige. Klug und harmlos. Sie verbringen die meiste Zeit damit, über Philosophie zu diskutieren. Es sind leicht dekadente Typen. Ngal R’nda ist einer meiner besten Freunde. Sagen Sie, was glauben Sie, mit wem Sie es eigentlich zu tun haben?«
    »Das weiß ich nicht«, gab er zu. Das war die reine Wahrheit.
    Ihre Miene wurde freundlicher. »Ich habe Hunger«, sagte sie. »Ich kann mir vorstellen, daß es Ihnen genauso geht. Ich werde schauen, ob ich noch fähig bin, etwas für uns herzurichten, nach allem, was Sie mit mir angestellt haben.«
    »Wie ist Ihr Name?« fragte er. »Sie kennen ja meinen schließlich auch.«
    »Floria«, antwortete sie, »Floria Van Nelle.«
    Das ist die erste Frau seit fünf Jahren, die mir ihren Namen sagt …
    »Nein«, korrigierte er sich leise, »wenn ich nicht träume und dies keine Falle ist, beziehungsweise eine Halluzination, dann war das vor zwölf hundert Jahren.«
    Sie reichte ihm ein Glas, das er fast in einem Zug leerte.
    Als er getrunken hatte, begann sein Gehirn wieder normal zu arbeiten. Er machte sich die Situation klar. Er hatte noch keine Ahnung, was auf Uria geschehen sein konnte. Er wußte nur, daß offensichtlich Millionen von Menschen und Urianer friedlich miteinander lebten. Er wußte, daß sein Ziel Dyoto war, eine wichtige Stadt, und er sich in Begleitung des lieblichsten Mädchens befand, das er je gesehen hatte.
    Er wußte aber auch, daß sich das Monster im Dschungel befand. Es würde bald achtzehntausend kleine Monster hervorbringen, die rasch den selben Gefährlichkeitsgrad erreichen würden wie ihr Erzeuger. Dies würde in etwa sechs Monaten geschehen, vielleicht etwas früher, wenn das Monster genug Futter fand.
    Jetzt konnte er sich ungefähr vorstellen, was geschehen war. Als das Monster das Schiff kurz vor der Explosion verließ, war es nicht nur ein paar Sekunden durch die Zeit gesprungen, sondern Jahrtausende. Es hatte dabei George Corson mitgezogen. Die Prinzen von Uria existierten nicht mehr, ebensowenig wie die Solar-Mächte. Der Krieg war gewonnen oder verloren, aber in jedem Fall vergessen. Er konnte sich damit als aus dem Militärdienst entlassen betrachten und die Uniform ausziehen. Oder er war eine Art unfreiwilliger Deserteur, der in die Zukunft geschleudert worden war.
    Jetzt hatte er keine Identität mehr und keine Vergangenheit. Auch eine Aufgabe hatte er nicht mehr zu erfüllen. Von Dyoto aus konnte er sich zu einem der Sterne aufmachen, die er am nächtlichen Himmel gesehen hatte, und dort dem einzigen Beruf nachgehen, den er gelernt hatte, Soldat. Er konnte sich jeden Stern aussuchen. Er konnte weggehen, Erde, Uria und das Monster vergessen, ebenso wie diese Floria Van Nelle.
    Er konnte es den neuen Bewohnern von Uria selbst überlassen, mit dem Monster und seiner Nachkommenschaft fertig zu werden.
    Aber er konnte sich selbst nichts vormachen. Er wußte, daß es lange dauern würde, bevor er aufhörte, sich immer wieder die einzig wichtige Frage zu stellen: Warum hatte ihn Floria gerade rechtzeitig aufgelesen?
    Warum machte sie den Eindruck, daß sie eine Rolle spielte, die sie auswendig gelernt hatte?

 
5.
     
    Von weitem ähnelte Dyoto einer riesigen Pyramide, deren Basis mehr als einen Kilometer über dem Erdboden schwebte. An ihren Seiten waren dunkle Flächen, die sich mit glitzernden Lichtpunkten vermischten und den Eindruck eines Vulkans vermittelten, an dessen Hängen glühende Lava hinabläuft. Der Anblick raubte Corson den Atem.
    Dann schien sich die Pyramide aufzulösen. Sie wurde zu einem Labyrinth. Die Gebäude oder Maschinen, aus denen sich die Stadt zusammensetzte, waren weit voneinander entfernt. Ein doppelter Flußlauf schoß senkrecht aus der Erde empor und floß durch
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