Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin
Autoren: Frederik Berger
Vom Netzwerk:
Doch schon hatte ihm Alberico einen heftigen Stoß versetzt, stürzte sich auf ihn, um ihn zu Boden zu ringen. Wie so häufig, begann Giovannis Nase zu bluten. Ich trennte die Brüder mit sanftem Nachdruck, während Marozia mit verärgerter Miene nach Alberico schlug, ihn mit einem schrillen »Raus!« aus dem Raum jagte und dann voll überfließenden Mitleids Giovanni an ihre Brust zog, ohne auf das Blut zu achten, das ihre Tunika befleckte.
    Alberico blieb nach diesem Ereignis tagelang verstockt und ließ sich nur von seinem Vater trösten, der ihm geduldig die Tricks des Fechtens sowie die Künste des Reitens zeigte und ihm, als Alberico zu ermüden begann, von der Wolfsjagd erzählte, bei der ein Junge zu einem richtigen Mann werden könne.
    2
    Ich schreckte hoch.
    Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, wo wir uns befanden, daß ich auf dem feuchten Stroh der Pritsche eingenickt war, womöglich sogar länger geschlafen hatte.
    Die Kerkertür war geöffnet worden, und vor uns stand Alberico im Schein mehrerer Fackeln. Rasch setzte ich mich auf, fuhr durch meine Haare und suchte nach einem Tuch. Marozia lag neben mir, die Augen geöffnet.
    Alberico, gerade und hoch gewachsen, mit starken Gliedern und wettergegerbter Haut, ragte auf wie ein zorniger Engel, seine helle Löwenmähne umflackert von unstetem Licht. Kinn und Wangen hatte er glatt geschabt, und seine zwei Grübchen ließen sich von tiefen Narben kaum unterscheiden. Man hätte ihn für den Erzengel Michael halten können, doch fehlte das Schwert in seiner Hand. Er trug allerdings einen Brustschutz aus Leder, und ich glaubte Blutspuren an seinem Arm entdecken zu können.
    Noch immer sah er auf uns herab. Die Fackeln knisterten und schickten ihre rußenden Flammen zur Decke; hinter ihm, an den feuchten Wänden, umtanzten ihn Schatten wie wilde Dämonen.
    Stöhnend setzte sich Marozia auf, strich sich ihr Obergewand glatt. Ohne ihren Sohn anzuschauen, sagte sie mit heiserer Stimme: »Hast du endlich Vernunft angenommen? Oder willst du mich in diesem Loch verrecken lassen?« Augenlider und Lippen zitterten.
    Ich wollte ihr ins Wort fallen, denn offensichtlich hatte sie ihre Lage noch immer nicht begriffen, und machte eine abwiegelnde Geste. Ich befürchtete, Alberico könnte in einen ungehemmten Wutanfall ausbrechen; zugleich sah ich in seinen Augen eine tiefe Verletzung, ja, Verzweiflung.
    »Was hast du mit Hugo gemacht? Ihn ermordet?« Ihr Ton war unangemessen herrisch.
    »Ich hätte ihn gleich über die Klinge springen lassen sollen«, antwortete Alberico. »Oder blenden – das hätte er verdient.«
    Marozia verzog angewidert ihren Mund.
    Tatsächlich wirkte Alberico nicht so sicher, wie er nach seinem Sieg über Stiefvater und Mutter hätte sein müssen. Dies schien Marozia zu spüren.
    »Hugos Männer werden Rom stürmen und dich wie eine Ratte erschlagen.«
    Alberico lachte auf, doch sein Hohn klang wenig überzeugend. »An Roms Mauern haben sich schon ganz andere Heere die Zähne ausgebissen – und bevor ein feindlicher Soldat die Stadt betritt, bist du tot.«
    »Willst du wirklich wagen, dich am Leben deiner Mutter zu vergreifen?« Marozia hatte ihre Stimme so gesenkt, daß sie kaum zu verstehen war.
    »Wenn du mich zwingst …«
    Jetzt lachte Marozia auf, künstlich und schrill.
    Alberico beherrschte sich nur mühsam.
    »Gut, ich habe verstanden«, erklärte sie, nun weniger provokant. »Dann erlaube mir, Rom zusammen mit dem König zu verlassen. Hugo wird auf den Kaisertitel verzichten – und du wirst uns nie wiedersehen.« Ihre Stimme wurde weich. »Quäle deine Mutter nicht länger in dieser stinkenden Gruft!«
    »Meine Mutter …« Alberico hatte den Ausdruck verächtlich wiederholen wollen, doch unvermittelt brach seine Stimme weg, und er klang nach Klage, bitterem Vorwurf und tiefer Verletzung.
    Noch einmal wiederholte Alberico das Wort Mutter, um sofort »Du blutschänderisches Weib!« auszustoßen, als wollte er die Wirkung des vertrauten Klangs ersticken. »Du wirst hier bleiben, bis dich die Ratten aufgefressen haben, und deinen heimtückischen Hugo soll ebenfalls der Teufel holen!«
    Sie schluckte. Nach einer Weile fragte sie: »Was forderst du?«
    Weil sie sich erheben wollte, streckte sie Alberico die Hand entgegen. »Hilf mir auf!«
    Er trat einen Schritt auf seine Mutter zu, doch statt ihr zu helfen, gab er ihr einen heftigen Stoß, so daß sie fast von der Pritsche gefallen wäre.
    »Wie kannst du es wagen, du Bastard!«
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher