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Die Hand

Die Hand

Titel: Die Hand
Autoren: Wolfgang Ecke
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Frühlingssträußen beschenkt. Die Chefs begrüßten ihre Mitarbeiter mit einem munteren „Guten Morgen“. Und die Kinder kamen mit fröhlichen Gesichtern aus ihren Schmollwinkeln und überlegten, daß es wieder einmal an der Zeit wäre, jemandem einen Streich zu spielen.
    Jeder schien Freude am Leben zu haben.
    (Bis auf einen Londoner Schullehrer in der Hartford Road, dem seine gutgelaunten Schüler einen tropfnassen Schwamm auf den Stuhl legten, worauf er sich prompt setzte. Aber das hat mit unserer Geschichte nichts zu tun.)
    Die zweite Überraschung übergab Frau Miller an diesem Morgen beim Frühstück ihrem Sohn Dicki in Form eines Briefes. »An Dicki Miller, Starplace 14, Norwood, London«, stand auf dem Umschlag. Dicki bekam vor Aufregung rote Ohren, als er auf den Absender sah. Schließlich war es nicht alltäglich, daß ein Brief an ihn persönlich adressiert war. Dieser kam aus Wilkesham, Schottland, von William Miller, Dickis heißgeliebtem Großvater, der für alle Lebenslagen einen passenden Spruch auf Lager hatte.
    „O Mann“, sagte Dicki. Das heißt, das wollte er sagen. Es wurde nur ein unverständliches „Omagluchs“, und schon hatte er sich verschluckt, weil Dickis Wangen gerade mit Himbeermarmelade-Brot vollgestopft waren. Prustend hing er über dem Tisch. Einige Weißbrotstückchen mit roten Tupfern fanden sich nun auf Frau Millers weißer Tischdecke wieder. „Aber Dicki“, tadelte seine Mutter sanft. Dicki schluckte den Rest hastig hinunter und holte den Brief aus dem Umschlag, dabei hätte er fast Brief und Kuvert zugleich zerrissen, so trieb ihn die Ungeduld.
    Neugierig überflog er die Zeilen:

    Lieber Dicki,
    was macht das Detektivgeschäft? Hast Du mit Deinem Freund Perry Clifton schon wieder ein paar schwere Jungs zur Strecke gebracht? -

    Dicki verzog schmerzlich das Gesicht, wobei alle neunundzwanzig Sommersprossen über seiner Stupsnase einen kleinen Tanz aufführten. Wenn Großvater wüßte, wie wenig seine detektivischen Fähigkeiten in letzter Zeit gefordert worden waren. Seine Augen flogen flink über die nächsten Absätze:

    Na, ich denke, das kannst Du mir alles bald selbst erzählen. Ich lade Dich nämlich hiermit für die großen Ferien zu mir nach Wilkesham ein. Schätze, Du freust Dich darüber. Weiß doch, wie gerne Du auf einem Kahn auf dem Wasser schipperst und die Angel hineinhängst. Ich bin mit Ilias, dem alten Griechen, fast jeden Tag draußen. Er freut sich auch schon auf Dich.
    Wie geht es Deinen Eltern? Sag ihnen schöne Grüße von mir. Hier in Wilkesham ist alles in Ordnung. Das Wetter war in den letzten Wochen etwas stürmisch, wie es sich für Schottland nun einmal gehört. Habe aus den Wetterberichten gehört, daß es bei Euch in London auch nicht viel anders ist. Aber das schadet Euch Großstadtjungs ja wohl nicht, wenn Euch mal ein rauher Wind um die Nase weht. Über die Einzelheiten, wie Du mich am besten in Wilkesham findest, gebe ich Dir später Bescheid. Bis dahin, lieber Dicki, grüßt Dich von Herzen
    Dein Großvater
    PS: Halt immer die Ohren steif, dann bekommst Du nie weiche Knie.

    Dicki Miller stieß einen lauten Juchzer aus, der Frau Miller erschrocken zusammenzucken ließ. „Dicki“, sagte Frau Miller wieder zu ihrem ungestümen Energiebündel von Sohn. Mit geheimnisvollem Blick schaute sie auf ihren Sohn und machte eine merkwürdige Kopfbewegung, immer abwechselnd auf Dicki und dann wieder zur Wohnungstür hin. Dicki lachte. So ulkig hatte er seine Mam schon lange nicht gesehen.
    Er strampelte mit den Füßen, und Lachtränen füllten seine Augen. Selbst wenn er zur Tür gesehen hätte, hätte er sie vor Tränen nicht erkannt. Um so mehr traf es ihn wie ein Donnerkeil, als er kurze Zeit später hinsah.
    Er erblickte einen großen Pfeil, der auf etwas zeigte, das an der Türklinke befestigt war.
    „Perrys erster Tip“, durchfuhr es ihn. Dicki glühte innerlich. Er rannte hin und fand einen riesigen Stadtplan von London, auf dem ein Bezirk grellrot umrandet war. Wie ein Heiligtum trug er ihn in sein Zimmer, plazierte ihn an der Wand und durchbohrte ihn mit seinen Blicken.

    Die dritte Überraschung bereitete dieser Freitag Perry Clifton.
    Es war genau 10 Uhr 53, als in seinem Büro bei Johnson & Johnson das Telefon klingelte. Am Apparat war Inspektor Scott Skiffer von Scotland Yard, der Perry Clifton schon bei so vielen schwierigen Fällen geholfen hatte. „Hallo, Perry“, meldete sich der Inspektor. „Toller Tag heute,
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