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Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)

Titel: Die Hand am Sack: schwule erotische Geschichten (German Edition)
Autoren: K. R. Adam
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die Goldschnecke , die vom Delikatessenstand in der Markthalle heißt Feinkostschnecke und so weiter. Kommt er mit Parfümpröbchen an, weiß ich, wo er gewesen ist, bringt er irgendwelche Delikatessen mit, bedeutet das, er war in der Markthalle. Freilich sind diese Verbindungen nur mehr freundschaftlich, seit er eine feste Partnerin hat, mit der er zusammenlebt. Er kennt auch eine Menge Schwule, beobachtet sie, amüsiert sich vielleicht über sie, trifft sich auch mit ihnen oder kauft bei ihnen ein, etwa bei einem exklusiven Herrenausstatter, wo es von Verkäufertucken nur so wimmelt und bleibt doch unserer Welt gegenüber verschlossen wie eine Auster.
    Wir treffen uns alle paar Wochen zum Essen, quatschen über dies und jenes, hören Musik und blödeln herum. Manchmal besorgt er mir CDs oder Elektrogeräte. Gustl ist Radio- und Fernsehtechniker und eine Konifere auf seinem Gebiet. Wir blödeln immer mit Fremdwörtern herum, seit wir mal beim Essen in einem Lokal über eine alte, aufgetakelte Fregatte am Nebentisch gelästert haben, deren welker Hals schrecklich anzusehen war. Gustl hatte die Vermutung geäußert, dass sie wohl unter Zellulose litt, worauf ich losgeprustet und das Tischtuch mit Wein bekleckert hatte. Außerdem ist er, wie ich, Hi-Fi-Freak. Es gibt also eine Menge gemeinsamer Interessen, die uns verbinden, unter anderem unsere Vorliebe für gutes Essen und gute Weine. Ich mag dazu noch die französische Lebensart, während er mehr zur italienischen hin tendiert. Was die Liebe zur Musik angeht, kann ich jedoch mit seinen Ambitionen nicht mithalten. Bei seiner Stereoanlage kostet ein Tonabnehmer-System des Thorens-Plattenspielers so viel wie meine halbe Anlage.
    Heute sind wir wieder verabredet. Darum fahre ich nach Feierabend gleich um fünf nach Hause. Um sechs will er kommen, und gewöhnlich ist er überpünktlich. Ich hatte mir nach langem Suchen ein Hi-Fi-Rack aus Glas und Metall gekauft und es anhand der mitgelieferten Anleitung selbst zusammengebaut. Nur die vielen Geräte an den Verstärker anzuschließen, traute ich mich nicht. Tuner, CD-Player, zwei Kassettendecks, dazu der Anschluss des Fernsehers an die Stereoanlage, das war mir zu kompliziert. Aus dem Autoradio tönt ein Schlager aus den Siebzigern, Tie a yellow ribbon round the old oak tree .
    Ich denke dabei an Gustl und muss unwillkürlich grinsen. Er hat die Angewohnheit, alle Lieder, die er bei mir hört, umzudichten und die Dreier-Tonfolge des Refrains durch Hand am Sack zu ersetzen. Das Lied heißt dann Time a yellow ribbon und die Hand am Sack . Gustl behauptet, bei den meisten Liedern könnte man den ursprünglichen Refrain durch Hand am Sack ersetzen, und ich fürchte fast, er hat recht. Auf dem zehnminütigen Weg vom Büro nach Hause finde ich seine Behauptung bestätigt. In dem Hörer-Wunschkonzert, lieber Himmel, was für einen Sender habe ich eingestellt, folgt Tony Marshall mit seinem Hit Schöne Maid . Ich kenne den Titel aus meiner Jugend und singe lauthals mit: »Schöne Maid, hast du heut für mich Zeit, und die Hand am Sack …« Aber nicht nur zu ollen Kamellen passt der Refrain, sondern auch zu neuen Liedern. Täusche ich mich, oder singt James Blunt, als ich die Einfahrt zur Tiefgarage passiere, gefühlvoll: »Die Hand am Sa-ack« anstatt You’re beautiful . Ich muss wieder an Gustl denken und an meine Stereoanlage. Dass ich aber auch handwerklich so ungeschickt bin!
    Gustl hat am Telefon nur gelacht, als ich ihn angerufen habe: »Du willst also, dass ich dir einen reinstecke …?«
    Ich geriet ins Schwitzen: »Äh … wenn du mich so fragst.«
    Kaum bin ich in der Wohnung, da läutet es. Gustl ist überpünktlich. Wahrscheinlich hat er schon auf der Straße gelauert und mich herfahren sehen. Ich nehme den Hörer der Gegensprechanlage ab. »Ja bitte?«
    »Ich komme von der Alkoholikerhilfe Baden-Württemberg«, kräht er mit verstellter Stimme, doch sein badischer Akzent verrät ihn. Wenn das bloß die Nachbarn nicht gehört haben. Die können sich dann wieder die Mäuler zerreißen. Ich betätige den Türöffner, warte auf den Fahrstuhl, doch Gustl kommt das Treppenhaus hochgespurtet. Er macht das immer so, um fit zu bleiben. Wir begrüßen uns im Türrahmen. Er hat einen festen Händedruck, fast wie ein Schraubstock, und wie immer sein hinterfotziges Grinsen drauf, so als wollte er sagen: »Na, alte Tucke, soll ich dich wieder heißmachen und dann auf dem Trockenen sitzen lassen?«
    Als er in der Wohnung ist,
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