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Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.

Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.

Titel: Die Geschichte Der Kinder Hurins. Sonderausgabe.
Autoren: John Ronald Reuel Tolkien
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solchen Zweifels zu liegen. Doch eines Morgens im Frühling erwachte er schwer wie nach unruhigem Schlaf, und an diesem Tag lag ein Schatten auf seiner strahlenden Zuversicht. Am Abend sagte er plötzlich: »Wenn ich zu den Waffen gerufen werde, Morwen Eledhwen, werde ich den Erben des Hauses Hador in deiner Obhut zurücklassen. Das menschliche Leben ist kurz, und es gibt manche böse Fügung darin, sogar in Friedenszeiten.«
    »Das ist immer so gewesen«, antwortete sie. »Doch was verbirgt sich hinter deinen Worten?«
    »Vorsicht, nicht Zweifel«, entgegnete Húrin, doch sein Blick war sorgenvoll. »Aber jemand, der nach vorn schaut, muss Folgendes bedenken: Die Dinge bleiben nicht, wie sie waren. Wir stehen vor einem Wendepunkt, und eine Seite muss dabei tiefer fallen, als sie jetzt steht. Sind es die Elbenkönige, die fallen, dann wird es den Edain übel ergehen, und wir sind es, die dem Feind am nächsten wohnen. Doch wenn die Dinge sich zum Schlechten wenden, werde ich nicht zu dir sagen: Fürchte dich nicht! Denn du fürchtest nur, was manfürchten sollte, und Furcht bringt dich nicht zur Verzweiflung. Aber ich rate dir: Säume nicht! Ich werde zu dir zurückkehren, wenn ich kann, doch warte nicht zu lange! Zieh in den Süden, so schnell du kannst – wenn ich am Leben bin, werde ich dir nachfolgen, und ich werde dich finden, müsste ich auch ganz Beleriand absuchen.«
    »Beleriand ist groß und bietet kaum Unterschlupf für Vertriebene«, sagte Morwen. »Wohin kann ich mich wenden, sei es mit wenigen Begleitern oder mit vielen?«
    Eine Weile dachte Húrin schweigend nach. Dann sagte er: »Die Familie meiner Mutter lebt in Brethil. Das ist etwa dreißig Wegstunden von hier, wie der Adler fliegt.«
    »Wenn eine solch schlimme Zeit wirklich kommt, welche Hilfe können Menschen einem dann bieten?«, sagte Morwen. »Das Haus Beor ist gefallen. Wenn das mächtige Haus Hador fällt, in welche Löcher soll sich das kleine Volk von Haleth verkriechen?«
    »In alle, die es finden kann«, sagte Húrin. »Doch zweifle nicht an der Tapferkeit dieser Menschen, auch wenn sie nur gering an Zahl und ungebildet sind. Wo sonst wäre noch Hoffnung?«
    »Du sprichst nicht von Gondolin«, sagte Morwen.
    »Nein, dieser Name ist nie über meine Lippen gekommen«, erwiderte Húrin. »Doch es trifft zu, was man sich erzählt: Ich bin dort gewesen. Ich habe es niemand anderem gesagt und werde dies auch künftig nicht tun. Aber ich sage dir jetzt die Wahrheit: Ich weiß nicht, wo es liegt.«
    »Aber du ahnst es, du hast eine bestimmte Vermutung«, sagte Morwen.
    »Das mag so sein«, erwiderte Húrin. »Doch wenn nicht Turgon selbst mich von meinem Eid entbindet, darf ichdiese Vermutung nicht aussprechen, selbst dir gegenüber nicht. Deshalb würde deine Suche vergeblich sein. Wenn ich aber zu meiner eigenen Schande den Mund auftäte, gelangtest du im besten Fall an ein verschlossenes Tor; denn ehe nicht Turgon herauskommt, um in den Krieg zu ziehen – und dafür gibt es keine Anzeichen, und man sollte nicht darauf zählen –, wird niemand es durchschreiten.«
    »Wenn von deiner Familie wenig Hoffnung kommt und deine Freunde sich verweigern«, sagte Morwen, »muss ich mit mir selbst zu Rate gehen, und dabei kommt mir Doriath in den Sinn.«
    »Du steckst dir ein hohes Ziel«, sagte Húrin.
    »Zu hoch, willst du sagen?«, sagte Morwen. »Als letztes Bollwerk, denke ich, wird der Gürtel Melians fallen, und das Haus Beor wird in Doriath nicht gering geachtet. Bin ich nicht dem König anverwandt? Immerhin war mein Vater ebenso ein Enkelsohn Bregors wie Beren, der Sohn Barahirs.«
    »Mein Herz ist Thingol nicht geneigt«, sagte Húrin. »Er wird König Fingon seine Unterstützung versagen, und ich weiß nicht, warum sich mein Gemüt verdüstert, wenn ich den Namen Doriath höre.«
    »Beim Namen Brethil wird mir ebenso schwer ums Herz«, sagte Morwen.
    Plötzlich lachte Húrin und sagte: »Da sitzen wir nun und reden über Dinge, auf die wir keinen Einfluss haben, und über Schatten, die aus Träumen aufsteigen. Alles wird nicht so schlimm werden; aber wenn es doch geschieht, so vertraue ich auf deinen Mut und deine Klugheit. Dann handle, wie dein Herz es dir gebietet, aber handle schnell. Und wenn wir unsere Ziele erreichen, sind die Elbenkönige bereit, alle Lehen des Hauses Beor an deren rechtmäßigen Erben zurückzugeben; und das bist du, Morwen, Tochter Baragunds. Große Länder werden wir dann verwalten, und unserem Sohn wird eine
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