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Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Germanen: Geschichte und Mythos - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
Autoren: Norbert F. Pötzl
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einer langstieligen Streitaxt, einer »langen Barde«, abgeleitet sein.
    Immerhin bezeugt schon der römische Geschichtsschreiber Velleius Paterculus, dass um Christi Geburt Langobarden an der Unterelbe siedelten. Dort erinnern etwa der Stadtname Bardowick und die Landschaft Bardengau bei Lüneburg an sie. Aber diese frühen Langobarden, warnt der Düsseldorfer Althistoriker Bruno Bleckmann, »haben mit den Langobarden, die in den Markomannenkriegen eine Rolle spielen, vielleicht nur den Namen (›Langbärte‹) gemein, während über deren Identität nichts ausgesagt werden kann«. Am Ende des 5. Jahrhunderts jedenfalls tauchten Langobarden an der mittleren Donau auf, im Gebiet des heutigen Niederösterreichs, wo sich zuvor die ostgermanischen Rugier angesiedelt hatten. Bald zogen die Langobarden weiter nach Mähren und fielen schließlich, Anfang des 6. Jahrhunderts, in Pannonien (Westungarn) ein, das zum Siedlungsgebiet der ostgermanischen Gepiden gehörte.

    Im Bündnis mit den Awaren, einem ursprünglich zentralasiatischen Steppenvolk, besiegten die Langobarden 567 die Gepiden. Eigenhändig soll der Langobarden-Anführer Alboin den Gepidenkönig Kunimund erschlagen haben; dessen Tochter Rosemunda zwang er, ihn zu heiraten. Aber die Awaren besetzten nicht nur das ausgelöschte Gepidenreich, sondern sie machten sich auch in Pannonien breit. Daher beschlossen die Langobarden, nach Italien auszuweichen, das manche von ihnen, trotz aller vorausgegangenen Plünderungen und einer katastrophalen Pestepidemie, als vergleichsweise fruchtbares Land kennengelernt hatten: 2500 langobardische Elitekämpfer und 3000 Kriegsknechte hatten dort 552 im Heer des byzantinischen Feldherrn Narses gegen Totilas Ostgoten gekämpft.
    Narses, den der Kaiser inzwischen von seinem Posten als oströmischer Statthalter in Italien abberufen hatte, habe die Langobarden sogar ermuntert, »die bescheidenen Fluren Pannoniens zu verlassen und das mit allen Reichtümern gesegnete Italien in Besitz zu nehmen«, schreibt Paulus Diaconus. Diesem Lockruf seien sie gefolgt. Als Termin für ihren Aufbruch setzten die Langobarden in einer Volksversammlung den Montag nach Ostern fest, der auf den 2. April fiel. Zuvor schlossen sie angeblich mit den Awaren einen Vertrag, der ihnen für 200 Jahre ein Rückkehrrecht einräumte. Mit den Langobarden zog ein buntes Gemisch von Versprengten: Reste der Gepiden, ferner Baiuwaren, Thüringer, Sarmaten, Sueben, Slawen, Bulgaren, vor allem aber, laut Paulus, »mehr als zwanzigtausend« Sachsen.
    König Alboin starb, wie der Chronist berichtet, im Sommer 572 durch »die Machenschaften seiner Frau«, der Gepidenprinzessin Rosemunda: »Als er einmal zu Verona in maßloser Ausgelassenheit tafelte, gebot er, dass seiner Gemahlin ein Trunk Weines gereicht werde mit dem Trinkgefäß, das er aus der Hirnschale König Kunimunds hatte anfertigen lassen, und lud sie ein, mit ihrem Vater fröhlich zu trinken.« Rosemunda habe »angesichts solcher Rohheit« einen Mörder gedungen, der Alboin im Schlafzimmer erschlug. Den zur Schale umgearbeiteten Totenschädel, versichert Paulus Diaconus, habe er mit eigenen Augen gesehen, als er, um die Mitte des 8. Jahrhunderts, am Hofe des Königs Ratchis lebte; der habe das makabre Requisit aus der königlichen Schatzkammer »in der Hand gehalten, um es seinen Gästen zu zeigen«.
    Auch Alboins Nachfolger Clef wurde nach nur 18-monatiger Regentschaft von einem seiner eigenen Knappen ermordet; danach waren die Langobarden »zehn Jahre lang ohne König und wurden von Herzögen regiert«. In dieser anarchischen Zeit, berichtet Paulus, »wurden viele angesehene römische Bürger aus Habgier umgebracht«, die restlichen »abgabenpflichtig, so dass sie ein Drittel ihres Ernteertrags an die Langobarden abzuliefern hatten«, obwohl die nur eine verschwindend kleine Minderheit an der Gesamtbevölkerung ausmachten. Die Herzöge hätten »mit der Plünderung von Kirchen, der Ermordung von Geistlichen, der Verwüstung von Städten und der Niedermetzelung der Bevölkerung« Italien »zum größten Teil erobert und unter das Joch der Langobarden gepresst«.
    Zur Gewaltbereitschaft kam die schwierige Frage des Glaubens. Die meisten Langobarden waren, als sie 568 nach Italien kamen, noch Heiden. König Alboin selbst jedoch bekannte sich wie viele Germanen zur Lehre des Arius, die der auf dem ersten Konzil von Nicäa 325 verkündeten Trinitätslehre widersprach: Christus ist für die Arianer nicht wesensgleich
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