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Die Geliebte des Koenigs

Die Geliebte des Koenigs

Titel: Die Geliebte des Koenigs
Autoren: Jane Porter
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verbrennen drohte.
    Dr. Maddox räusperte sich geräuschvoll. „Miss Heaton, es ist mir eine Ehre, Ihnen unseren größten Gönner vorzustellen … Seine Königliche Hoheit …“
    „Sharif …“, flüsterte sie, ehe sie es verhindern konnte.
    „Jesslyn“, entgegnete Sharif mit einem kaum merklichen Nicken.
    Ihn ihren Namen aussprechen zu hören, dieser dunklen, samtenen Stimme zu lauschen, machte die Jahre, in denen sie sich nicht gesehen hatten, augenblicklich vergessen.
    Als sie sich das letzte Mal getroffen hatten, waren sie beide jünger gewesen … viel jünger.
    Sie hatte in ihrem ersten Jahr als Lehrerin an einer amerikanischen Schule in London gearbeitet. Und er war der aufregend rebellische arabische Prinz in Jeans, Flipflops und ausgeleiertem Kaschmirpulli gewesen.
    Jetzt sah er völlig anders aus. Der Schlabberpulli war verschwunden, die abgewetzten Jeans ersetzte eine dishda sha – ein langes weißes Gewand. Dazu trug er die typische Kopfbedeckung, bestehend aus der gutra , einem weißen, diagonal gefalteten Tuch, und der agal , einer schwarzen Kordel, die das Ganze zusammenhielt.
    Er wirkte auf sie wie ein Fremder und dennoch seltsam vertraut. Dieser durchdringende Blick aus den stahlgrauen Augen, die markanten Wangenknochen, das dunkle glänzende Haar …
    Verwirrt schaute Dr. Maddox von einem zum anderen. „Sie kennen sich?“
    Kennen? Kennen? Sie hatte ihm gehört und er ihr. Sie waren einander so nahe gewesen, dass es ihr beinahe das Herz zerrissen hatte, als sie sich schließlich getrennt hatten.
    „Wir … wir sind zusammen zur Schule gegangen“, stammelte Jesslyn und errötete. Vergeblich versuchte sie, Sharifs Blick auszuweichen. Doch er ließ sie nicht aus den Augen. Ein herausforderndes Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
    Tatsächlich hatten sie nie zusammen die Schule besucht.
    Sie waren nicht einmal zur selben Zeit in der Schule gewesen. Sharif war nicht nur sechs Jahre älter als sie, sondern bereits ein erfolgreicher Finanzexperte gewesen, als sie sich in London kennengelernt hatten. Auch wenn man ihm das nicht angesehen hatte.
    Einige Jahre lang waren sie ein Paar, und nachdem Jesslyn ihr Verhältnis beendet hatte, war sie überzeugt gewesen, ihn nie wiederzusehen. Und so war es auch gekommen.
    Was natürlich nicht bedeutete, dass sie sich nicht doch gewünscht hätte, Sharif würde ihre Prophezeiung Lügen strafen.
    Und das hatte er jetzt getan. Aber warum? Was wollte er von ihr? Ohne triftigen Grund tauchte er bestimmt nicht so einfach hier in einer Privatschule in Schardscha auf.
    „Wir gingen in England zur Schule …“, ergänzte Jesslyn. Sie hoffte, möglichst gleichgültig zu klingen, damit niemand bemerkte, wie sehr sein überraschender Besuch sie aus der Fassung brachte. Es gab Beziehungen im Leben, die man einfach hinter sich ließ – und es gab Beziehungen, die einen für immer veränderten.
    Die Beziehung zu Sharif hatte Jesslyn für immer verändert. Und jetzt so plötzlich mit ihrer ersten großen Liebe im gleichen Raum zu stehen war beinahe mehr, als sie verkraften konnte. Das Gefühl drohender Gefahr war nahezu überwältigend.
    „Tja, die Welt ist ein Dorf …“, murmelte Dr. Maddox und schaute erneut zwischen ihnen hin und her.
    „In der Tat“, bestätigte Sharif gelassen.
    Jesslyn umklammerte noch immer den Schwamm. Was wollte Sharif?
    Was konnte er von ihr wollen?
    Sie war noch immer eine einfache Lehrerin und lebte nach wie vor ihr schlichtes Leben. Sie trug sogar ihr kastanienbraunes Haar schulterlang und offen – wie vor neun Jahren. Anders als er hatte sie nicht geheiratet, obwohl der Mann, mit dem sie vor ein paar Jahren zusammen war, sie gebeten hatte, seine Frau zu werden. Sie hatte seinen Antrag abgelehnt, weil sie ihn nicht liebte – jedenfalls nicht so, wie sie Sharif geliebt hatte.
    Andererseits würde sie niemals wieder einen Mann so sehr lieben, wie sie Sharif geliebt hatte.
    Abrupt wandte Jesslyn sich um, warf den Schwamm ins Spülbecken und wischte sich die Hände an einem Papiertuch ab. „Was kann ich für dich tun, Sharif?“
    „Ich denke, ich werde hier nicht mehr gebraucht“, sagte Dr. Maddox mit einem kleinen enttäuschten Seufzer. „Ich muss wieder in mein Büro. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag, Eure Hoheit …“ Mit einem höflichen Nicken verließ sie das Klassenzimmer und schloss leise die Tür hinter sich.
    Jesslyn hatte kaum mitbekommen, dass die Schulleiterin gegangen war. Als ihr bewusst wurde, dass sie
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