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Die geheimen Jahre

Titel: Die geheimen Jahre
Autoren: Judith Lennox
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Masernepidemie …« begann Pfarrer Fanshawe.
    Â»Aber die Dockerills – Harry und Annie – Harry hätte sich doch darum gekümmert, Thomasine und William in Sicherheit zu bringen …«
    Plötzlich setzte der Pfarrer eine besorgte Miene auf. »Die Dockerills sind vor vierzehn Tagen nach Soham zu Annies Mutter gefahren. Annie erwartet ihr zweites Kind, verstehen Sie, Daniel, und Harry hatte es wieder auf der Brust. Er hat die Farm und die Tiere in der Obhut seiner Mutter gelassen.«
    Â»Verdammt« , fluchte Daniel wütend, eilte aus der Sakristei aus der Kirche hinaus und den Hügel der Insel in Richtung Drakesden Abbey hinauf.
    Ruhigen Blutes begann Thomasine zu überlegen: Wenn der Wasserspiegel die oberste Treppenstufe erreichte und kein Anzeichen machte, wieder zu fallen, würde sie mit William aufs Dach klettern. Über dem Treppenabsatz gab es eine Falltür zum Dachboden. Sie hatte bereits einen Stuhl unter die Tür gestellt und sie geöffnet.
    Thomasine versuchte, nicht über die Möglichkeit nachzudenken, daß das Cottage, das keine festen Grundmauern hatte, von der Gewalt der Wassermassen fortgespült werden könnte. Sie öffnete alle Fenster im oberen Stockwerk, damit der Wind hindurchblasen konnte und nicht gegen die Mauern drückte. Immer behielt sie William nahe bei sich und achtete auf die geringste Bewegung von Wänden und Boden. Wenn sie ertrinken würden, dann gemeinsam.
    Als sie noch einmal vom Treppenabsatz nach unten blickte, sah sie, daß das Wasser gegen die oberste Stufe schwappte. Zurück im Schlafzimmer, knöpfte sie Williams Mantel zu.
    Â»Den Hasen stecken wir hier hinein.« Das Kuscheltier wurde zwischen Williams Pullover und Mantel gesteckt. »Da hat er’s hübsch warm und ist sicher.«
    Â»Wohin gehen wir, Mami?« Williams Stimme klang kleinlaut, Angst stand in seinen Augen.
    Â»Wir klettern aufs Dach. Dann sind wir weit weg vom Wasser. Und wenn wir die Laterne schwenken, sieht uns bestimmt jemand und rettet uns.« Ihre Stimme klang ruhig und zuversichtlich.
    Sie prüfte den Ölstand in der Lampe und überzeugte sich, daß der Glassturz festsaß. Vom Treppenabsatz aus konnte sie sehen, daß während der paar Minuten, die sie gebraucht hatten, um sich fertig zu machen, das Wasser fast über die oberste Stufe gestiegen war. Sie kletterte auf den Stuhl und stellte die Laterne auf dem Dachboden ab.
    Â»Jetzt heb ich dich hinauf, William. Wenn du oben bist, setzt du dich auf einen der Balken und wartest auf mich. Rühr die Lampe nicht an, dann bist du ganz sicher.«
    Sie beugte sich hinunter und hob William hoch. Obwohl er ein zartes Kind war, war er dennoch schwer. »Du mußt auf meine Schultern steigen. Ja, so – ich halte dich fest. Hab keine Angst – ja, so ist’s gut.«
    Er stieg von ihren Schultern, und als sie hochblickte, sah das kleine Gesicht auf sie herab. Dann legte sie ihre Hände auf den Rand der Falltür und zog sich ebenfalls hinauf.
    Zwischen den Dachbalken war nur eine Gipsdecke … Sie mußte ihre Schritte sehr vorsichtig setzen. Thomasine dankte Gott, daß die Blythes das Verwalterhaus aus Ziegelstein und Dachplatten gebaut hatten, statt aus Lehm und Stroh. Der Lehm wäre bereits fortgespült worden, und nur das hölzerne Rahmenwerk wäre noch übrig, mit dem die Fluten ein leichtes Spiel hätten.
    Doch sicherlich käme der Moment, an dem das Cottage vom unablässigen Druck des Wassers und des Sturms einfach auseinanderbrechen würde. Aus diesem Grund wagte sie nicht, in der relativen Sicherheit des Dachbodens zu bleiben. Die Laterne war ihre einzige Hoffnung: Die Möglichkeit, daß jemand den winzigen Lichtpunkt in der Dunkelheit sähe, war ihre einzige Chance zu überleben.
    Â»Bleib sitzen, William – ich werde die Dachluke öffnen.«
    Oben auf dem Dach mußten sie sich an den Kamin drücken, selbst wenn die Mauern einstürzten, würde der Kamin vielleicht noch eine Weile stehenbleiben. Und solange das Haus noch stand, würde ihnen der Kamin ein bißchen Schutz vor dem Sturm bieten.
    Â»Wir klettern jetzt aufs Dach. Geh ganz vorsichtig über die Balken, Liebling – ich fang dich auf, wenn du danebentrittst.« Thomasine hielt die Kapuze von Williams Mantel fest, und gemeinsam durchquerten sie den Dachboden in Richtung der offenen Luke.
    Sie durfte die Öllampe nicht
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