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Die galanten Memoiren der Madame Dumoncey

Die galanten Memoiren der Madame Dumoncey

Titel: Die galanten Memoiren der Madame Dumoncey
Autoren: Anonymus
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gebracht, so nennt man in dieser Gegend die Besserungsanstalt. Meine arme Schneiderin, die ich mehr als mich selbst beklagte, begleitete mich. Man findet in meinen Memoiren Beweise dafür, ja man kann es sogar allgemein als Sprichwort formulieren, daß eine Hure ein gutes Herz hat.
Bevor ich von der Besserungsanstalt rede, muß man mir noch einige Gedanken erlauben. Man hat gesehen, mit welcher Naivität ich mich meinem verbrecherischen (denn welches andere Beiwort soll man ihm geben?) Liebhaber hingegeben habe.
Er hat mich auf das Schändlichste verraten. Es ist wahr, daß ich ihm untreu gewesen bin. Aber war er sich dessen sicher? Er hätte es höchstens vermuten können. Übrigens, war meine Untreue so verabscheuungswürdig, daß sie eine solch strenge Strafe verdiente?
Oh! Guter Gott! Dieser junge Mann war bestimmt eine größere Bestie als ich. Er hat sich gründlich geirrt, wenn er zu wissen glaubte, wie man denken und handeln muß. Wenn er nämlich so etwas wie guten Ton besessen hätte, dann würde er mich nicht weggejagt und bestraft, sondern mein Fehlverhalten übersehen haben.
Ja wirklich! Welcher Abstand trennte ihn von dem jungen Pariser Marquis, der sich bei mir die Syphilis geholt hatte und, anstatt sich an mir zu rächen, mir neue Kunden zuführte, um, wie er sagte, Leidensgefährten zu haben! Ja, nur die kann man Menschen nennen, die eine Vermehrung ihrer Art wünschen. Mögen doch die Kurtisanen wie Huren leben! Zum Teufel mit den Gelehrten und ähnlichem Geschmeiß! Ich hasse sie sehr, seitdem man mich in die Besserungsanstalt brachte. Weshalb bin ich so ungehalten darüber, dort leben zu müssen? Das kann man nur verstehen, wenn man das Folgende kennt.
Beim Eintritt in dieses schreckliche Haus glaubte ich verpflichtet zu sein, all den Freuden Lebewohl zu sagen. Wie sehr aber hatte ich mich getäuscht! Ehrlich! Allein der Name, der bloße Gedanke an das Kloster waren für mich mit der Vorstellung von etwas Düsterem und Hartem verbunden und riefen in mir die Erinnerung an Strafe wach.
Nichts ist jedoch so falsch wie dieser Gedanke: Es gibt kein Kloster, das nicht zugleich eine Schule der Venus ist. Ihr wird dort so sehr gefrönt, daß sich in den Klöstern viele leidenschaftliche Verehrer dieser Göttin heranbilden. Sie wird dort in allen Formen verehrt. Die gewöhnlichen Sterblichen kennen nur eine Art. Sie dagegen kennen die Lust, die göttliche Lust, die die Natur beherrscht. Ja, diese Lust ist eine Göttin, die sich hinter dem Namen »Natur« verbirgt. Sie nimmt so viele Formen an, wie die Natur hervorbringen und erfinden kann.
Sie beseelt alle tüchtigen Diener der Liebe. Bald läßt sie uns nach zwei großen Brüsten schmachten, bald zeigt sie uns die schönsten Muschis und morgen bietet sie uns einen Po dar, den man nicht ansehen kann, ohne ihn anzubeten.
Wie viele Tricks erfindet sie! Wie zauberhaft sind ihre Genüsse! Wie verschieden ist ihr Geschmack! Welche Köstlichkeit empfindet man in ihren Armen!
Dieser Göttin gefällt es wahrlich bei den Mönchen im Kloster! Bei ihnen also steht sie wegen ihrer großen Macht in hohem Ansehen. Ja, das ist eine köstliche Macht! Ja, das ist schön, wenn man sein Haupt auf ein so liebliches Kissen wie das der Lust betten kann. Schon immer nämlich haben es die Franziskaner als ihre Pflicht angesehen, in der Gunst dieser Göttin alle anderen Orden auszustechen. Ohne Zweifel lebte sie vornehmlich bei ihnen, bevor ein anderer respektabler Orden ihnen diese Göttin entrissen hat. Es sind dies die Mönche von Ziteaux, die sie heute noch bei sich beherbergen. Da schläft bestimmt die Göttin an der Seite des Herrn Abtes. Von dort hat sie ihren Einfluß auf die Bande der Mönche ausgebreitet, bis hin auf die Bernhardinermönche, ihre liebsten Kinder, denen sie gleichsam ihre leidenschaftliche und erobernde Wesensart vermacht hat, die diesen überall Eroberungen verschafft, wo sie sich auch zeigen.
Übrigens gibt es mehr als nur eine Art von Lüstlingen. Sie kann man wiederum in Gewöhnliche und Gebildete unterteilen. Aber alle streben auf ein Ziel zu, die einen schnell und die anderen langsam. Der schöne Narzissus liebte sich selbst und starb an der Liebe. Er richtete sich durch das vergebliche und nutzlose Herumfummeln an sich selbst zugrunde oder, wie ein Mann von Geist es ausdrückte: Er starb, als er sich selbst in den Arsch ficken wollte.
Sappho wollte das sein, was sie nicht ist. Die Lust, die sie nicht befriedigen konnte, machte sie einfallsreich.
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