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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin
Autoren: Brigitte Melzer
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jene Zeit zurück, in der zwischen uns noch alles in Ordnung gewesen war. Eine Zeit, in der wir uns geküsst und in der ich mir ernsthafte Hoffnungen auf eine Zukunft mit ihm gemacht hatte.
    Unsere Finger berührten sich, meine Haut knisterte, als er nach dem Schutzamulett griff und es hin und her drehte, um es von allen Seiten zu betrachten. »Ich hoffe, du hast dafür nicht zu viel bezahlt. Das Ding ist nicht mehr wert als das Material, aus dem es gemacht ist. Billiges Blech übrigens.«
    »Du meinst …?«
    »Der Verkäufer hat dich übers Ohr gehauen.«
    All die Monate, in denen ich mich geschützt gewähnt hatte, hatte ich in Wahrheit auf dem Präsentierteller gesessen. Bei dem bloßen Gedanken wurde mir übel. Wie hatte ich nur so naiv sein können, mich auf das Wort eines Mannes zu verlassen, den ich nicht einmal kannte. »Wenn es nicht gewirkt hat, warum kommst du erst jetzt?«
    »Ich hatte eine Menge zu erledigen«, sagte er, ohne einen Zoll zurückzuweichen. »Viel Schreibkram und ein paar Dinge, über die ich mir klar werden musste.« Seine Hand fuhr meinen Arm entlang. »Weißt du, dass es mich verrückt gemacht hat, all die Monate ohne dich zu sein?«
    »Mach dich nicht über mich lustig.« Meine Stimme bebte und ich hatte Mühe, nicht in Tränen auszubrechen. »Tu das, weshalb du hergekommen bist, aber spiel nicht mit mir. Bitte.«
    Er nickte. »In Ordnung.«
    Und dann beugte er sich vor und küsste mich. Seine Lippen berührten die meinen ganz sanft, fast schon vorsichtig. Als fürchtete er, jeden Moment in Flammen aufzugehen. Ich hätte ihn von mir stoßen, ihn anschreien und ihm sagen sollen, dass ich das nicht wollte. Doch zum Lügen fehlte mir die Kraft. Sein Kuss war genau das, was ich wollte. Das, was ich mir während der letzten sechs Monate jeden Tag ersehnt hatte. Und für den Augenblick war es mir vollkommen egal, ob es klug war, ihn zu küssen, oder nicht. Die Chancen, dass das der letzte Kuss meines Lebens war, standen nicht schlecht.
    Als er die Arme um mich schloss und mich an sich zog, schmolz der letzte Rest meiner Gegenwehr dahin. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und vergrub eine Hand in seinem Haar. Seine Lippen waren warm und fest. Anfangs zögerlich vertiefte er den Kuss schnell, eroberte meinen Mund erst mit seinen Lippen und dann mit seiner Zunge. Ich seufzte leise auf, als er mir mit der Zungenspitze über die Mundwinkel strich, und öffnete meine Lippen, um ihn einzulassen. Immer wieder veränderte Skyler seinen Rhythmus, war mal fordernd und drängend, dann wieder zärtlich, fast schon schüchtern.
    Als er seine Lippen schließlich von meinen löste, hätte ich um ein Haar protestiert.
    »Wow«, flüsterte er atemlos. »Ich hatte vergessen, dass es sich so anfühlt, dich zu küssen.«
    »Wie?«
    »So perfekt.«
    Seine Worte brachten mich in die Wirklichkeit zurück. Ich befreite mich aus seinen Armen und ging einen Schritt auf Abstand. »Keine Spielchen, habe ich gesagt!«
    »Das ist kein Spiel, Raine.«
    »Ach ja? Seit du weißt, was ich bin, konntest du mir die meiste Zeit über nicht einmal in die Augen sehen, und jetzt das? Erzähl mir nicht, dass das kein Spiel sein soll.«
    »Du hast recht«, sagte er ruhig. »Ich konnte dich nicht ansehen. Ich hatte Angst, dass ich sonst die Wahrheit erkennen würde.«
    »Welche Wahrheit?«
    »Dass ich dich liebe, ganz egal was du bist.«
    Als hätten seine Worte alle Kraft aus meinen Beinen gesogen, ließ ich mich auf die Bank neben mir sinken.
    Skyler setzte sich neben mich, griff nach meiner Hand und legte seine Hände darum. »Ich dachte immer, Magie sei etwas grundsätzlich Böses«, sagte er. »Dann bin ich dir begegnet und du hast mir gezeigt, dass ich falschlag.« Er hob meine Hand an seine Lippen und hauchte mir einen Kuss auf die Fingerspitzen. »Wusstest du, dass ich im Begriff war, dich laufen zu lassen, als du dich entschieden hast, mir das Holzscheit überzubraten? Du haust mich um, Raine MacDaniels. Im wahrsten Sinne des Wortes.«
    Je mehr er sagte, desto größer wurde meine Verwirrung. Die Schmetterlinge, die wie blöde durch meine Eingeweide flatterten, trugen nicht unbedingt zur Klärung meines Geistes bei. »Kannst du mir in einigermaßen einfachen und verständlichen Worten erklären, warum du hier bist?«
    »Zuerst einmal sollte ich wohl sagen, dass dein Name in meinem Bericht über den Fall Holbrook Hill keinerlei Erwähnung gefunden hat.«
    Ein viel zu komplizierter Satz für meinen derzeitigen
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