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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Simone Neumann
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Krim eingetroffenen Seeleute aus Genua im Umlauf war.
    » Gegen die wilden Tataren haben sie gekämpft, die Genueser. In Kaffa, das ist eine ihrer Niederlassungen am Schwarzen Meer. Die Tataren belagerten die Stadt schon eine ganze Zeit. Alles sah danach aus, als hätten sie die Genueser bald ausgehungert, aber dann begann der Tod unter den Wilden um sich zu greifen. Einfach dahingerafft haben soll es einen großen Teil von ihnen, wie die Fliegen sollen sie gestorben sein. Eine schreckliche Seuche. Ihren Ursprung hat sie in Asien, so sagt man, wo eines Tages Blut und Schlangen vom Himmel geregnet kamen, was einen ungeheuren Gestank und damit die Pestilenz auslöste. Und die Tataren hatten diese Seuche nach Kaffa getragen. Die Genueser konnten es von den Stadtmauern aus beobachten, wie die gottlosen Wilden mir nichts, dir nichts reihenweise umfielen. Doch Barbaren wären keine Barbaren, wenn ihnen nicht barbarische Einfälle in den Sinn kämen. Sogar in ihrer eigenen größten Not. Wisst Ihr, was die überlebenden Tataren gemacht haben? Na, wisst Ihr es, Deutsche Ritter? «
    » Sie haben die Leichen ihrer eigenen Leute über die Mauern katapultiert, um den Genuesern in Kaffa die Luft zu verpesten « , antwortete Konrad mit ruhiger Stimme, die sich deutlich von der des temperamentvoll erzählenden Sizilianers unterschied.
    » Ja, Ihr habt es also schon gehört, werter Ritterfreund. Widerwärtig sind sie, die Barbaren, aber wem sage ich das? « Und mit einem kecken Blick auf sein Gegenüber machte der Wirt eine kurze Erzählpause, um herauszufinden, ob Konrad die Spitze verstanden hatte. Er hatte verstanden, doch es bekümmerte ihn nicht mehr. Hungrig griff er mit seinen von Olivenöl triefenden Fingern erneut auf die sich allmählich leerende Platte und nahm sich eine Handvoll Muscheln, die er mit den Zähnen knackte.
    Ganz so, als sähe er sich durch diese Geste in seiner Meinung über die in seinen Augen ebenfalls barbarische Herkunft seiner Gäste bestätigt, nickte der Wirt und fuhr mit seinem Bericht fort: » Dann aber, nach wenigen Tagen, verschwanden die Tataren. Ihrer wurden immer weniger. Das Sterben unter ihnen wollte kein Ende nehmen. Aber mit dem Gestank ihrer als Geschenk gereichten Leichen ist der faulige Wind tatsächlich in Kaffa eingedrungen, sodass das Sterben auch dort begann. Wer von den Genuesern es vermochte, der bestieg ein Schiff und trat schleunigst die Heimreise an. Auch unterwegs auf dem Meer musste so manch einer von ihnen tot über Bord geworfen werden. Die wenigen, die nun vor drei Tagen lebendig den Hafen von Messina erreichten, lassen sich jetzt in den Freudenhäusern und Tavernen gesundpflegen. Sie sind dem Unglück um Haaresbreite entgangen. «
    » Na, dann hat ja wenigstens ihnen der Himmel beigestanden « , meinte Konrad kauend, während sein Freund Crispin entsetzt den Kopf schüttelte. Crispin hatte als einer der wenigen unter den Ordensrittern noch Erfahrungen im Spitaldienst gesammelt, und bei den Worten des Wirtes stellten sich ihm die Nackenhaare auf.
    » Denkst du wirklich, das Übel sei mit den letzten Toten im Meer versunken? « , fragte er den Wirt. Sein Tonfall war nun nicht mehr wütend wie zuvor, vielmehr klang er traurig und warnend.
    Er musste jedoch nicht auf eine Antwort des Wirtes warten, denn diese erscholl urplötzlich und dröhnend von draußen, aus der engen, langen Gasse. Ein Klagen aus mehr als fünfzig Kehlen war zu vernehmen. Eine immer größer werdende Menschentraube zog durch die Straßen von Messina. Sie war aus dem Hafenviertel herbeigekommen, dem Ort, an dem die Flüchtlinge aus Kaffa Herberge gefunden hatten. Schnell und unerwartet war dort etwas geschehen, das die Hafenbewohner in diesen verzweifelten Aufruhr versetzte.
    » Mortalega grande, Mortalega grande « , riefen sie, immer und immer wieder.
    Es war ein bitterlicher Gesang, der sämtlichen Anwesenden durch Mark und Bein ging. Die meisten der sizilianischen Gäste des Wirtshauses standen sofort auf und strömten hinaus, mit ihnen der Wirt. Nur die Gesandtschaft der Ordensritter blieb starr an ihrem Tisch sitzen.
    » Was rufen sie da? « , fragte der junge Friedrich mit bleichem Gesicht.
    » Das große Sterben « , übersetzte Konrad die Klageworte und schaute besorgt zu dem mit einem Male ebenfalls blass werdenden Crispin hinüber. Der letzte Bissen blieb ihm dabei im Halse stecken.
    » Messina stirbt. Ich hatte es befürchtet. «

I
    Im selben Jahr in einem kleinen Dorf
    in Westfalen
    D er
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