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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit
Autoren: Evelyne Okonnek
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sie aufgesessen! Kein Wunder, dass er sich nie mehr blicken ließ! In panischer Angst suchte sie nach einem Ausweg. Sie musste die Missgeburt umbringen, bevor sie selbst von ihr getötet wurde. Die Kräfte der Dämonenbrut waren unermesslich. Fieberhaft überlegte sie, wie sie vorgehen sollte. Sie wollte dieses Ding nicht mehr berühren. Hastig durchwühlte sie die Küchengerätschaft in der Kiste neben dem Herd, zog endlich das große Fleischmesser hervor. Ein Scharren an der Tür ließ sie innehalten.
    Der Dämon!, durchfuhr es sie. Hatte sie das Schloss verriegelt? Bevor sie sich vergewissern konnte, flog die Tür auf und er taumelte herein. Blutüberströmt stand er vor ihr, sein verräterisch schönes Gesicht verzerrt. Allein das hätte sie misstrauisch machen müssen. Warum hatte sie ihm vertraut, nur weil er Augen hatte wie sie selbst? Das bedeutete nichts, wie sie nun begriff. Hätte sich so einer je für sie interessiert, wenn er ein Mensch gewesen wäre! Sein Blick durchbohrte sie und wanderte zu dem Messer in ihrer Hand. Er zog diese menschlich wirkenden Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Jetzt war keine Zeit mehr, sich zu verstellen, er hatte bemerkt, dass sie es wusste. Sie würde ihm nicht mehr entkommen können. Das Einzige, was ihr blieb, war, seine Brut zu zerstören. Mit einem Satz war sie bei dem Zuber und stieß zu. Kurz bevor die Klinge auch nur die Haut des Kindes ritzen konnte, hielt der Dämon mit eisernem Griff ihr Handgelenk umklammert. Selbstverständlich war er schneller als sie, dachte sie und versuchte verzweifelt sich loszureißen. Als das nichts nützte, denn natürlich war er auch wesentlich stärker, schrie sie wie von Sinnen um Hilfe. Mit einem Ruck brach ihr der Mann das Genick.
    Betäubt starrte er auf die Tote zu seinen Füßen. Er hatte sie nicht umbringen wollen. Was war bloß in ihn gefahren? Es mussten die Schmerzen in seiner Brust sein. Das und die Angst um sein Kind. Und die Erschöpfung. Er hatte Mühe zu denken. Aber Schwäche konnte er sich nicht erlauben, die Soldaten würden ihn verfolgen, bis sie ihn fanden. Und ganz sicher hatten die Schreie sämtliche Nachbarn geweckt. Cleas schaute zu dem Neugeborenen, das friedlich in seinem behelfsmäßigen Bettchen lag, und er lächelte. Sein Gefühl war richtig gewesen und das Kind eines der beiden, die ihrem Volk die Rettung bringen würden. Sonst wäre es nicht in dieser Nacht zur Welt gekommen. Er musste es in Sicherheit bringen. Vorsichtig wickelte er seinen Sohn in den Umhang, nahm ihn in die Arme und verließ die Hütte. In den umliegenden Häusern waren Lichter angegangen, er konnte die ersten Stimmen hören. Hunde kläfften und jaulten. So schnell es ihm möglich war, rannte er davon in Richtung Fluss. Beißender Frost hatte den sumpfigen Untergrund der Wiesen frieren lassen, sodass er nicht einsank und gut vorwärtskam. Im Stillen dankte er Aithreo für diese Hilfe und hatte kurz darauf das rettende Gewässer erreicht. Dort watete er einige Meilen durch knietiefes Wasser am Ufer entlang, damit die Spürhunde seine Fährte verloren. An einer felsigen Stelle kletterte er zurück an Land. Die durchnässten Stiefel und Hosen würden nicht trocknen, aber er bemerkte die Kälte kaum. Das Kind in seinen Armen blieb still. Als er kurz innehielt und den Umhang etwas zurückschlug, sah er, dass es schlief. Wie lang seine Wimpern waren, wie winzig Mund und Nase! Der Anblick berührte ihn unverhofft. Zum ersten Mal war es mehr für ihn als nur Mittel zum Zweck. Es ist mein Fleisch und Blut, dachte er. Wird es auch einen Teil meiner Essenz in sich tragen? Er wusste es nicht, hatte sich nie mit Nachkommen beschäftigt, dazu war er viel zu jung. Sein ganzes Leben hatte er bisher in den Dienst von Aithreo gestellt, damit sie überlebten und die Sonne nicht für immer erlosch. Sacht drückte er das kleine Wesen an sich, meinte, seine Wärme und seinen Herzschlag zu spüren. Doch Cleas konnte sich diesen neuen Gefühlen nicht hingeben. Unter seinen Füßen kündigte feines Vibrieren den Hufschlag der Pferde seiner Feinde an. Der Nordwind drehte sich gen Westen und das Hundegebell klang näher als zuvor. Vorsichtig rückte Cleas den Umhang wieder zurecht, damit kein kalter Hauch das Kind treffen konnte. Er musste sich beeilen, durfte nicht stehen bleiben, auch wenn seine schmerzenden und müden Glieder danach verlangten. Hin und wieder schaute er zu der dichten Wolkendecke auf. Es roch nach Schnee. Bald würden die ersten Flocken auf
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